„Nein, das ist vorbei, ich habe doch jetzt dich. Ich sage das nur, weil sie so hübsch war.“ Oh man, und ich dachte, ich wäre verkorkst. Kommen wir zurück zu der Theorie des Heiratsschwindlers. Ist das wirklich klug, was er hier tut? Wie soll ich damit umgehen? Ich meine, ich habe jetzt nicht ganz so viel Selbstbewusstsein, und ich denke mir immer, dass jede Frau, egal wie sie aussehen mag, wenn sie nicht im Rollstuhl sitzt, immer noch attraktiver ist als ich. Aber weist man in dem Moment darauf hin? Das wäre so was wie in den Vordergrund drängen. Es geht doch gerade um seine Geschichte. Wenn er sich auskotzen muss, dann soll er kotzen, da kann ich doch nicht erwähnen, dass es mir schlechter ist als ihm. Wie unsensibel wäre das denn jetzt von mir? Aber es fühlt sich so seltsam an, so niederschmetternd. Ich muss nur an jeden einzelnen Schwangerschaftsstreifen auf meinen Bauch denken und ich habe vor Augen so eine superschlanke, schwarze Göttin mit leuchtender Haut und einem Arsch, mit dem sie Nüsse knacken könnte und der hört nicht auf zu schwärmen. Ob es anderen Frauen auch so ergehen würde in meiner Situation?
Meine Fresse. Ich fühle mich so schlecht. Aber irgendwie ist dieser Moment sehr komisch, also hake ich nach. Ich hake nach, wie eine Frau, nicht wie ein Therapeut und gerade denke ich ganz ehrlich „Typ, du brauchst einen Therapeuten, denn wenn ich dich richtig verstanden habe, ist das ganze vier Jahre her und die blöde Kuh hat dich beschissen, da ist doch scheißegal wie sie aussah.“ Aber weil ich nun mal nachfrage wie eine Frau, frage ich: „Und findest du, dass sie hübscher war als ich?“ und denke parallel „Ojjjj.“. Ich gebe zu, das war weder eine kluge Frage noch passend, aber sie ist so logisch. Und dann fängt er an mir zu erzählen, wie nett ich doch wäre und wie lustig und so weiter und so fort. Was für ein hübsches Gesicht ich doch hätte. Ja ist ok, aber sexy und die sich überschlagenen Sätze, die nicht vollendet wurden, waren dann irgendwie leidenschaftlicher. Was soll’s, ich nehme es mit Humor. Na ja, zumindest brauche ich nicht befürchten, dass er sich mit anderen Frauen aus dem Internet dasselbe aufbaut. Spätestens wenn die Sprache auf dieses Thema zu sprechen kommt, sind die meisten weg. Die alles entscheidende Frage ist: was würde er tun, wenn sie morgen bei ihm anruft? Er meint gar nichts, die Sache sei durch, er hätte ja mich und sie habe ihn ja betrogen und alles, aber ich weiß nicht, ob er die Sache so einschätzen kann wie sie ist. Sollte ich jemals wirklich mit dem weitere Pläne schmieden, wünschte ich mir, sie würde zwischendurch anrufen, denn nach diesem Lobgesang, kann ich mir nicht vorstellen, dass er abgeneigt wäre.
(Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)
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