Und da war ja noch der Alltag. Anfangs war das unheimlich beflügelnd an den Tagen das zu tun, was man so am Tag macht und die Nächte durch zu telefonieren. Aber irgendwann, da konnte ich nicht mehr. Irgendwann machte sich der Schlafentzug bemerkbar. Er hatte Verständnis und da wiederum wusste ich nicht, was ich davon halten sollte. Hat er jetzt nur Verständnis, weil er nett ist oder hat er nur Verständnis, weil er im Grunde froh ist, dass er nicht mit mir reden muss oder besser noch, weil er jetzt Zeit hat mit anderen zu reden? Soll ich mich zurückziehen, weil mittlerweile Sachen die ich erledigen muss, vertagt wurden, weil die Telefoniererei sehr viel Zeit in Anspruch nimmt.
Für mich hatte er Verständnis, aber dann gibt es häufig die Tage, an denen er ganz lange arbeiten muss. Da hat er nicht die Zeit mit mir zu telefonieren. Ist es jetzt eine Ausrede? Und sogar wenn es keine Ausrede ist, wie soll das weiter gehen, wenn er bis 21 Uhr arbeitet. Niedlich hierbei: wenn man jemandem anhört, dass er sehr sehr müde ist und wenn man ihm das Angebot macht „Komm, wir können ja morgen telefonieren.“ Und er dann einem antwortet, dass er sich den ganzen Tag auf einen gefreut hätte und er möchte nicht bis morgen warten. Aber irgendwann wurde das getauscht gegen die Erzählungen, wie müde man doch wäre. Und da frage ich mich, wie viel Qualität die Gespräche haben, wenn man sich nur gegenseitig erzählt, wie müde man ist. Ich weiß, in normalen Beziehungen gehört das dazu. Da ist das normal, aber das hier ist nun mal keine normale Beziehung. Und muss es das denn sein? Oder muss man sich jetzt nur durchquälen und irgendwann wird es wieder besser? Aber wofür quält man sich denn da nochmal? Schließlich werden wir uns niemals treffen. Dann wartet man die ganze Woche aufs Wochenende und dann ist die Verbindung schlecht oder er muss doch arbeiten. Dann hat er einige Tage frei, aber was nützt mir das, wenn ich selbst beschäftigt bin? Wenn ich keine Zeit habe.
Was macht jemand, der eigentlich zu wenig Geld hat, um ins Internet zu gehen, er guckt sich meinen Account genauer an, oder soll ich sagen die Accounts meiner Facebookfreunde. Und ja ich nehme prinzipiell alle Freundschaftsanfragen an. Und dann wurden mir auch schon mal Screenshots von den Leuten gemacht. Natürlich mit der Frage, warum ich denn mit denen befreundet bin, warum ich mit denen befreundet sein muss, wenn ich doch ihn habe und ob ich denn auch viel mit denen schreiben würde. Schreiben? Ich? Ich habe noch nicht mal die Zeit aufs Klo zu gehen. Anfangs war das ja süß und ich war ihm dann auch dankbar, denn, wenn man doch mit komischen Profilen befreundet war, war man dann auch dankbar, dass jemand anderer sich die Mühe gemacht hat, diese zu entlarven und ich konnte sie direkt löschen, sperren, wie auch immer.
Aber irgendwann fiel ihm ein, dass ich vielleicht auch nur in den Urlaub fahre, um da Sex zu haben. Und das fand ich alles andere als prickelnd. Auch wenn ich nicht telefonieren konnte, weil ich verabredet war, stellte sich die Frage mit wem denn? Und teilweise wurde mir noch nicht mal geglaubt. Das machte mich unheimlich wütend. Natürlich konnte ich mir dann auch nicht verkneifen zu erwähnen, dass er auch, wer weiß auch treiben kann. So war ich sauer auf ihn, weil er mir nicht glaubt, und er sauer auf mich, weil ich ihm nicht vertraue. Und da fragt man sich schon, wozu das Ganze noch?
(Foto: Rainer Sturm / pixelio.de)
Advertisements &b; &b;