Sollte jetzt das Ganze für umsonst gewesen sein? Natürlich wollte ich nicht aus der Sache raus gehen, und das Gefühl gehabt zu haben, dass ich meine Zeit verschwendet habe, weil das ganze sowieso nicht echt war und so weiter. Das hört sich wirklich jetzt so sehr nach Opferrolle an. War ich das, sein Opfer? Das denke ich nun wirklich nicht. Ganz im Gegenteil, nicht nur dass ich die Zeit genossen habe, nein ich habe auch davon profitiert. Der Alltag war viel viel erträglicher, die Arbeit nervte nicht mehr so, kaum eine Katastrophe konnte mich unglücklich machen, alle waren plötzlich nett und ich grinste wie ein Honigkuchenpferd und das den ganzen lieben Tag lang. Was soll ich sagen, das war es wert. Und wer weiß, vielleicht könnte das ja auch so weitergehen. Ich wollte jetzt noch nicht aufgeben. Ich wollte ihn beobachten wie verhält er sich bei WhatsApp.. Schreibt er mir nur was oder werde ich ihn immer öfters dabei erwischen, wie er online ist, wenn er nicht mit mir schreibt. Ich habe ihm immer kleine Nachrichten geschickt, um zu gucken, ob die ihm zugestellt werden, auch wenn er nicht online angezeigt wird. Das war so langweilig. Der war fast nur online, wenn er mit mir geredet hat. Danach war er sofort wieder weg. Auch bei Facebook stundenlang keine Anmeldung, leider konnte ich nicht nachvollziehen, wie lange die jeweiligen Sitzungen waren, wenn er dann mal online war. Und wenn er jetzt mit einer da schreiben würde, würde sie wirklich eine ernsthafte Konkurrenz sein, wenn er fast 24 Stunden nicht online ist? Dann kann sich doch nichts entwickeln. Und irgendwie fühlt sich das auch alles falsch an. Was habe ich mir davon versprochen? Sollte er plötzlich gar kein Recht mehr haben, ins Internet zu gehen, das kann es ja auch nicht sein. Aber jede ungeklärte Minute hätte dazu benutzt werden können, mich zu hintergehen.
Was ist nur mit mir los? Das war schon fast Besessenheit. Das wollte ich nicht aber ich wollte noch weniger wieder betrogen werden. Und es war doch noch alles fiktiv, oder nicht? Wenn ich doch ganz ehrlich zu mir selbst bin, dann ist es doch recht fraglich, ob der mir irgendwelche Rechenschaft schuldig ist. Und wie mag er sich fühlen, ich bin die ganze Zeit online, die ganze Zeit. Irgendwann wurde es mir wirklich so langweilig, und wenn er online war, dann war das immer noch kein Beweis dafür, dass er mich belügt und betrügt. Dann heißt es nur, dass er online ist. Und an der Stelle machte es auch kein Spaß mehr. Ich wollte es weiterhin genießen, ich wollte davon profitieren, wie ich vorher davon profitiert habe. Da wurde mir bewusst, dass ich nicht nur die Ausgaben für diesen Urlaub hätte, sondern auch seine Flugkosten zahlen müsste. Er hatte mir immer gesagt dass es 700 € sind, aber geglaubt habe ich das erst, als ich es selber recherchiert habe. Und war er mir diesen Spaß jetzt noch wert? Und das alles noch ohne die Reisekosten selbst. Und dann brauchte er noch ein Visum für die Türkei, da sollte ich auch noch unterstützen. Tja, wer A sagt, muss auch B sagen? Ich war zuvor schnell, wer hätte dann aber auch gedacht, dass wir noch neun Monate später miteinander reden würden. Ich dachte das würde sich irgendwann verwachsen, von selbst erledigen, aber nein. Wie komme ich da raus? Oder sollte die Frage lauten: wie viel ist es mir mein Glück wert? Oder auch: wie viel Risiko möchte ich eingehen?
Nein, es machte wirklich keinen Spaß mehr. Dann kündigte er an, dass es wahrscheinlich nicht mit seinem Visum klappt. Und jetzt? Jetzt bin ich so fein raus oder? Und auch unsere Gespräch waren nicht mehr so toll. Ganz im Gegenteil ganz viele Streitereien und ich erlebte ein Déjà Vu nach dem anderen. Ich gebe zu, das eine oder andere habe ich herbeigesponnen. Aber es lief mir eiskalt den Rücken hinunter, als ich im Hintergrund Kinderstimmen hörte. Das erinnerte mich an meinen Ex. Hatte ich das hier schon mal erzählt, wie das war, festzustellen, wenn ich das ganze mit ganz viel Kommas hinaus zögere, tut es dann weniger weh, es zu schreiben, in welchem Ausmaß ich betrogen worden bin? Plötzlich, als ich am wenigsten damit gerechnet habe, musste ich feststellen, dass mein Partner, so dachte ich, eine Freundin hatte. Diese Freundin wiederum, es hätte nur noch gefehlt, dass er mir versucht zu erzählen, dass diese Freundin einfach nur zu viel gegessen hat. Das war dann wohl der letzte Zug von Anstand und Respekt, aber natürlich hatte er versucht, mir zu erzählen, dass ein gaaaaaanz anderer dieser Frau schwanger gemacht hat. Und er wie der gute Samariter will nur helfen. Und das vergisst man nicht so leicht, Elefantenarsch hin oder her. Und nicht nur, dass mein Ex ein Idiot war, er ist immer noch, nur Gott sei Dank ist es nicht mehr mein Bier, ist das keine Masche, die er erfunden hat. Wenn man den Leuten um mich herum glauben kann, könnte man meinen, es gibt ein ganzes Doku-Genre, dass sich damit beschäftigt, dass afrikanische Männer weißen, weniger attraktiven Frauen schöne Augen machen, obwohl sie selbst eigentlich schon Frau und Kinder haben. Da spricht doch die Wahrscheinlichkeit gegen die Idee, dass ich die Ausnahme sein könnte.
(Foto: Martina Taylor / pixelio.de)
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