Neue Erfahrung (1)

Von Elwiraszyca @Das_denke_ich

Neues Jahr, neuer Titel, aber im Grunde findet ihr hier die Fortsetzung der Facebookerfahrungen. Ich habe mich entschieden weiter zu berichten, vielleicht hatte man das schon in den vorherigen Texten gemerkt, denn es scheint zu einem Bestandteil meines Lebens, meines Bekanntenkreises zu werden. Weniger es, als Er. Auch wenn es immer noch unglaublich ist, deshalb auch der Titel. Ich betrete Neuland, egal was passiert, es ist neu. Und dann kenne ich das irgendwie schon, aber muss Neues in diesem Zusammenhang erfahren. Deshalb „Neue Erfahrung“. Und weil es auch nur noch Einer ist, keine Erfahrungen. Und ich hoffe, ich werde es nicht mit der Zeit bereuen, denn spätestens wenn ich zu den Facebookerfahrungen zurückkomme, wisst ihr, dass ich mir andere suchen musste.

Da, wo ich letztens stehen geblieben bin, da hätte ich nicht mehr gedacht, dass es noch weiter geht. Es war so anstrengend, er war so anstrengend, immer nur dasselbe Thema und ich fühlte mich so schlecht, weil ich nicht helfen wollte, aber ich wollte das durchziehen. Und er war so traurig, und immer irgendwelche Anspielungen oder zumindest habe ich das als solche gedeutet. Und dann macht auch sein Leben kein Sinn mehr, er würde nie etwas erreichen. Und immer wenn ich ihn aufmuntern wollte, hieß es, er wäre so traurig und er schickte mir Fotos von seinem traurigen Gesicht.

Ich glaube, ich hätte nicht durchgehalten, wenn ich nicht so ein Datum gehabt hätte, bis wann der Onkel aus dem Krankenhaus entlassen werden sollte. Das war ja überschaubar, aber zwei Wochen können verdammt lange werden, wenn einer beschließt sich leid zu tun. Themenwechsel zwecklos. Wieder einmal die Frage, unterstützt man seinen Freund oder ist es einem zu blöd? Würde ich erwarten, dass er dasselbe für mich tut oder müsste er erwarten, ich komme nie wieder zurück? Und dann musste der Onkel eine Woche länger im Krankenhaus bleiben. Ja, die Medizin in Gambia, ich habe davon gar keine Ahnung, aber ich hatte einiges gegen sie. Das Gute dabei ist, längere Zeit die Rechnung zu begleichen, das Schlechtere es handelte sich nun dabei um eine höhere Rechnung. Noch mehr Gejammer, juchu. Und da musste er in der Gegend rum fahren und Leute um Geld bitten. Und auch hier sah ich einen kleinen Vorwurf in meine Richtung. Auch als es hieß, dass die Leute nichts im Gegenzug erwarten würden und dass es ganz einfach wäre. Und wieder die Frage, dran bleiben oder Nummer wechseln? Ja, da merkte ich, auch Männer können zickig sein. Aber ganz ehrlich, klingt vielleicht komisch, aber ich konnte es irgendwie nachvollziehen und entschied mich fürs Dranbleiben. Ich habe zwar nicht mehr so ganz häufig von mir aus angerufen, aber ich habe mit ihm telefoniert, wenn er mich angerufen hat. Ich war gespannt, wann sich das erledigen würde, wann er keine Lust mehr hätte, weil nach wie vor habe ich kein Geld geschickt. Ich blöde Kuh, ich.

Das musste ich ihm zu Gute halten, man konnte ihm anmerken, dass er das alles nicht so gut fand, aber beleidigt hat er mich nicht. Und trotzdem war er so anstrengend, ich habe die Tage gezählt. Dann war der Onkel endlich raus, Gott sei Dank. Schön für den Onkel, aber ich habe mich wahrscheinlich noch mehr gefreut als er. Ich war natürlich gespannt, wie denn das Problem geklärt werden konnte, wo es doch vorher so gar keine Lösung gab. Siehe da, einer meiner zahlreichen Vorschläge konnte doch noch umgesetzt werden und er hieß Zahlungsaufschub. Obwohl das vorher so unmöglich war, wo ein Wille ist, da ist auch ein Weg. Habe ich mir doch gedacht, dass es in Gambia auch eine Behandlungspflicht gibt. Angeblich hatte er die Idee von Anfang an, nicht nur weil ich sie hatte. Er hätte das nur gerne auf anderem Wege hinbekommen, geschenkt.

Egal, ich war erst mal gespannt, wie es weiter gehen würde. Wir hatten ein Wörtchen miteinander zu reden und als ich merkte, dass es ihm wieder besser geht, habe ich ihm ganz deutlich und ganz ehrlich meine Meinung gesagt. So Dinge wie zum Beispiel, dass, wenn er sich so verhalten hätte, wie er sich die letzten Tage verhalten hat oder gar Wochen, dann würden wir nicht mehr miteinander reden. Es war furchtbar und ich will das nie wieder mitmachen müssen. Es wäre vorher so nett gewesen, so lustig, so unterhaltsam, so interessant und dann war das alles plötzlich weg und er war gar nicht mehr zu erreichen. Und dass ich mich regelmäßig anzicken lassen musste, und er teilweise mit seinem Verhalten zu weit gegangen ist. Das täte ihm alles leid, aber ich müsste verstehen, das wäre so eine schwierige Zeit für ihn gewesen und er hätte sich Sorgen gemacht und es täte ihm leid. Und er bat mich, ihm noch eine Chance zu geben, ich würde es nicht bereuen. Er könnte sich mir gegenüber wieder so verhalten, wie er es vorher getan hat. Und da war es wieder, ich wollte nicht, dass er sich mir gegenüber so verhält, wie ich es gern wollte, sondern dass er authentisch ist. Nun war ich also gespannt, ob er sein Versprechen einhalten würde und wie das dann aussieht. Eine Frage in diesem Zusammenhang ist, ob ein zickiges, selbstbemitleidendes Verhalten nicht schon authentisch ist?

(Martina Taylor / pixelio.de)

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