I. Einleitung
Netzbetreiber, Inhalteanbieter und Endkunden befinden sich in einer Symbiose: Ohne die vielen großen und kleinen Inhalteanbieter bleiben die teuren Datenautobahnen leer; ohne die Netzbetreiber können die Inhalteanbieter ihre Informationen nicht an den Endkunden bringen; die Endkunden ihrerseits können ohne die Datenautobahnen nicht mehr mit anderen Kunden durch das Internet kommunizieren oder Inhalte nach Wunsch abrufen. Es fällt schwer, mit einer griffigen Definition der Netzneutralität („Net Neutrality“) für diese Dreiecksbeziehung aufzuwarten. Allgemein lässt sich sagen, dass Netzneutralität die Kommunikationsfreiheit über das Internet abdeckt.
Sie ist ein Grundprinzip für Breitband- und andere öffentliche Kommunikationsnetze, das die Kontrolle betrifft, die Netzanbieter auf den für die Nutzer des Netzes bestimmten Inhalte ausüben. Die Details sind in den USA und nunmehr auch in Deutschland umstritten. Die Diskussion umdie Netzneutralität hat erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, z.B. für die Internettelefonie (VoIP), denOnlineverkauf vonMedieninhalten, für das immerwichtiger werdende „Cloud Computing“ – ein Modell, nach dem Unternehmen und private Nutzer bestimmte Software- oder Hardwarefunktionen ganz oder teilweise auf Server von Diensteanbietern überall auf der Welt zentral auslagern –, aber auch für die Geschäftsmodelle der Infrastrukturanbieter.
Häufig wird zwecks Argumentation auf andere Netzstrukturen hingewiesen, um entweder die Vorteile der Netzneutralität herauszustreichen oder deren Einschränkung zu rechtfertigen. Für den ersten Fall zieht man demgemäß gerne das Stromnetz als positiven Beleg heran. Die neutrale Zurverfügungstellung elektrischer Energie hat zur Folge gehabt, dass zahlreiche Innovationen im Zuge der Elektrifizierung ihrenWeg zum Kunden gefunden haben. Das Stromnetz unterscheidet nicht danach, ob Strom für ein Produkt eines bestimmten Herstellers gebraucht wird oder ob es sich um ein Handyladegerät oder einen Flachbildschirm handelt. Auf der Grundlage eines neutralen Stromnetzes konnten zahlreiche Innovationen in den unterschiedlichsten Bereichen entwickelt und dem Markt angeboten werden.
Die Gegner der Netzneutralität verweisen hingegen gerne auf die Post. Auch hier sei es üblich und akzeptiert, für Expressdienste und die schnellere Zustellung von Lieferungen einen zusätzlichen Obulus zu verlangen. Stellenweise wird sogar vertreten, dass eine Netzneutralität i.e.S. nie existiert habe, da von jeher der Netzzugang über gebuchte Bandbreite oder die Zugangstechnologie differenziert zur Verfügung gestellt worden
sei. Dass überhaupt die Netzneutralität zu einem solch brisanten Thema geworden ist, liegt am technologischen Fortschritt. DieÜbertragung der Daten imNetz erfolgte bislang und bis heute weitestgehend nach der sog. Best-effort-Methode. Die einzelnen Datenpakete werden somit nicht nach Inhalt oder anderen Kriterien sortiert, sondern gleichbehandelt versendet. Innovative Differenzierungsmethoden ermöglichen es nun, dass Details zu den versendeten Datenpaketen, z.B. deren Ursprung oder Zieladresse, aber auch der konkrete Inhalt mitunter ohne Zeitverlust und auch in Anbetracht der enormen Verkehrsmengen auf den heutigen Netzen ausgelesen und analysiert werden können (sog. „deep packet inspection“).
Erst mit den neuen Technologien ist es möglich geworden, innerhalb des neutralen Netzes – je nach Perspektive – in „guten“ und „schlechten“ Verkehr zu differenzieren und damit die Verkehrsströme zu steuern.
Lesen Sie mehr über:
- II. Die „Net Neutrality“-Debatte in den USA
- III. (Wenige) Vorgaben aus Brüssel
- IV. Unentschlossenheit in Deutschland
- V. Wettbewerb als Kernproblem
- VI. Fazit
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