Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gibt es in den großen Tageszeitungen Comic Strips. Sequentielle Kunst sagt man auch dazu, denn es werden in einer Bildabfolge kurze Geschichten erzählt. Ein Großteil dieser Daily Strips bestehen aus drei oder vier Panels - den einzelnen Bildern - und die Kunst besteht nun darin, von der Exposition des ersten Bildes, über die Entwicklung im zweiten und ggf. dritten Panel zur Pointe im letzten zu gelangen. Calvin & Hobbes, Garfield, die Peanuts oder Hägar sind einige jener Strips, die auch in deutschen Zeitungen seit Jahrzehnten immer wieder auftauchen und leider immer und immer wieder in Schleife laufen, als gäbe es nichts Neues. Nur wenige Zeitungen gönnen sich einen eigenen Strip - etwa Tom Touché in der taz -, die meisten greifen auf Bestandsmaterial zurück. Die Chancen die eigenen Comic Strips in einer Zeitung abgedruckt zu sehen stehen also nicht sonderlich gut. Sprung in das Zeitalter des Internets. Hiermit ergab sich nicht nur die Möglichkeit seine eigenen Arbeiten im Netz einer breiten Leserschaft zu präsentieren, man war auch nicht mehr an die strikten Restriktionen der vertreibenden Zeitung gebunden, wie Farbwahl, Größe oder Thematik. Die Zeit der Webcomics kam auf und es werden beinahe täglich mehr und dennoch hat sich interessanter Weise die klassische Comic Strip Darstellung mit drei oder vier Panels weitestgehend durchgesetzt.
Es gibt zahllose Webcomics im Netz und es ist kaum möglich sich einen guten Überblick zu schaffen. Nicht sonderlich überraschend dürfte für die meisten von euch sein, dass ich einige Serien regelmäßig lese, in dem Sinn tummeln sich einige Webcomics also in unserer direkten Netznachbarschaft. Ich hatte ursprünglich vor nur einen einzigen Comic hier näher zu betrachten und mit einem kleinen Interview vorzustellen, aber es war mir leider unmöglich mich zu entscheiden. Daher ist unser heutiger Netznachbar sozusagen eine WG. Ladies and Gentlemen, hier ist meine persönliche Top5 die ich euch wärmstens ans Herz legen kann, aber selbstverständlich nehme ich auch Leseempfehlungen eurerseits gern entgegen – im deutschsprachigen Raum kenne ich mich etwa so gut wie nicht aus.
Platz 5: Axe Cop
Die Serie dreht sich um – das dürfte jetzt zurecht kaum jemanden überraschen – einen Polizisten mit einer Axt. Dass dieser seine Axt dafür verwendet um Bösewichten den Kopf abzuschlagen („Freeze or I'll chop your head off!“) dürfte schon eher überraschend sein. Sicherlich überraschend ist, dass Axe Cop einen Schurken an der Art dessen Fußtritts erkennen kann, dass er einen T-Rex reitet, der Maschinengewehr-Arme hat und dass sein Partner eine anthopomorphe Avocado ist (ehemals Flöten-Cop, ehemals Dino-Cop)! Das überraschendste an Axe Cop ist jedoch das Brudergespann, welches dahinter steckt. Ethan Nicolle ist ein Comic Zeichner in seinen frühen Dreißigern, der bereits einige Preise abgeräumt hat und jetzt illustriert, was sein Bruder Malachai sich ausdenkt. Der ist allerdings erst 5 (in Worten: fünf!) Jahre alt. (Na gut, mittlerweile ist er sieben.) Es ist diese unglaubliche kindliche Fantasie, die Ethan zu visualisieren weiß, und die diese Serie zu einem großen Spaß werden lässt und all die Absurditäten in den Handlungen und Charakteren erklärt. (Hätte ich mal die von mir erdachten Star Wars Stories aufgehoben, die ich mit fünf meinem Vater diktierte...) Natürlich steht hier die absurde Action und die surrealistischen Storytwists im Vordergrund und Subtilität wird weitestgehend vermisst. Aber im Ernst, wer will schon Subtilität, wenn Axe Cop in der Lage ist Chuck Norris zu verprügeln?
Platz 4: Girls with SlingshotsIn eine ganze andere Richtung geht dieses klassische vier Panel Webcomic von Danielle Corsetto. Im Zentrum steht die junge Hazel Tellington, die versucht ihr Leben nach dem Collegeabschluss zu managen. Ihr zur Seite steht ihre beste Freundin Jamie McJack, die gegensätzlicher nicht sein könnte: Hazel ist groß, hager, nerdig, verschlafen und versucht verzweifelt ein gutes Date zu ergattern. Jamie hingegen ist klein, rundlich, romantisch, quirlig und muss dank ihrer gut eingesetzten Reize niemals selbst für einen Drink zahlen. Um die beiden herum gibt es eine ganze Reihe liebevoller Nebencharaktere. Es geht um Erwachsenwerden und zwischenmenschliche – platonische als auch girl-meets-boy und girl-meets-girl - Beziehungen. Es geht um Trinken, Sex und ums sich zusammenreißen. Es geht um Es, Ich und Über-Ich, oder so ähnlich. Und um den sprechenden Kaktus McPedro. Sehr humorvoll und mit einem guten Gespür für die kleinen Details des Lebens weiß Corsetto ihre Geschichten zu erzählen.
Platz 3: Questionable ContentEbenfalls mit nur vier Panels kommen die Geschichten von Jeph Jacques daher, die irgendwie das Webcomic Pendant zu Friends sein könnten, nur cleverer und mit mehr Witz. Im Kern dreht es sich um den Mittzwanziger Marten, der im Nirgendwo von Massachusetts versucht selbstständig zu werden und sich ein Appartement mit der smarten, aber von massiven Komplexen beladenen Faye teilt, die wiederum in einem kleinen Café arbeitet – das Coffee of Doom und würde ich in einem Café arbeiten wollen, dann bitte in diesem -, welches Dora Besitzt, ihrerseits irgendwie Lovinterest von Marten. Hinzu kommen eine große Auswahl an sehr runden Nebenfiguren – inklusive einem sprechenden Roboter, so etwas wie ein iPad nur mit mehr Persönlichkeit -, die Jacques über mittlerweile sieben Jahre hinweg liebevoll entwickelt hat. Dabei werden die Geschichten um Wortspiele, Kaffee, Erwachsen werden, Beziehungen, Alltäglichkeiten und eine Vielzahl von Referenzen und geführten Diskussionen über Bands, von dessen bestehen man bis dato oft nichts ahnte, niemals langweilig. (Kenner werden übrigens in diesem Eintrag bemerken, dass nicht nur ich Fan bin.)
Platz 2: The Order Of The StickWieder eine ganz andere Richtung schlägt die von Rich Burlew erschaffene Reihe ein: Fantasy und Rollenspiel Klischees. Burlew gelingt es mit einer Horde an Strichmännchen eine ausgefeilte, spannende und äußerst humorvolle Geschichte um den Kampf zwischen Gut und Böse innerhalb des Regelwerks von Dungeons & Dragons zu skizzieren. Zentrum der epischen Erzählung ist eine typische Heldengruppe: Roy, der mutige, rechtschaffene Krieger, Haley, die zynische, geldgierige Schurkin, Elan, der völlig naive und meist nutzlose Barde, Vaarsuvius, der/die androgyne Elfen Magier, Durkon, der Zwergen Kleriker mit Hang zum ganz großen Pathos und Belkar, der chaotisch böse Halbling Waldläufer (mit mehreren Stufen Barbar). Das großartige an den meist zwölf Panels langen Geschichten ist, dass die Figuren in dieser Welt permanent die vierte Wand durchbrechen. Ihnen ist klar, dass sie detaillose Strichmännchen sind. Ihnen ist klar, dass Würfel über ihr Schicksal entscheiden. Ihnen ist klar, wie ihre Erfahrungspunkte berechnet werden. Ihnen ist klar, dass sie die Protagonisten eines Comics sind. Und ihnen ist klar, was die Regeln von Fantasy und Rollenspiel diktieren: Wenn etwas SEHR unwahrscheinlich ist, ist es beinahe sicher, dass es eintrifft und desto größer eine Horde von namenlosen Lakaien ist, desto leichter werden sie sich besiegen lassen.
Platz 1: The Adventures of Dr. McNinjaWie kann man auch nur annähernd beschreiben, was diese Reihe ausmacht? Nun, zum einen ist der Protagonist Arzt. Und Ninja. Er kämpft gegen überlebensgroße Holzfäller, er wird begleitet von seinem treuen Gefährten, dem zwölfjährigen Gordito Delgado, der aus purer Willenskraft einst einen Schnurrbart wachsen lies, und er hat Dracula auf dessen geheimen Mondbasis mal ordentlich eins auf die Mütze gegeben. Das Comic wird durch die sehr ausgefeilten Plots vorangetrieben, die sich teilweise auf über 70 Seiten erstrecken – wobei Chris Hastings, der Macher, jeweils eine Seite veröffentlicht. Das faszinierende ist, dass die Geschichten völlig absurd und surreal zu sein scheinen, und desto mehr dies gesteigert wird, desto plausibler und nachvollziehbarer werden sie. Klingt unglaublich? So ist es. Aber ihr könnt dem Doctor trauen, denn he knows science! Und er weiß, dass es völlig absurd und vor allem klischeebeladen ist, gefrorene Kleeblätter (!) als Wurfsterne (!!) zu verwenden, nur weil er Ire ist (!!!) - und ein Ninja (!!!!) -, aber er weiß nun einmal was ein McNinja tun muss, wenn es heißt Piraten zu bekämpfen (!!!!!)! Ernsthaft, ganz, ganz groß!
Netznachbarn ist eine fortlaufende Reihe, in der wir Seiten vorstellen, die wir selbst regelmäßig besuchen.
Es gibt zahllose Webcomics im Netz und es ist kaum möglich sich einen guten Überblick zu schaffen. Nicht sonderlich überraschend dürfte für die meisten von euch sein, dass ich einige Serien regelmäßig lese, in dem Sinn tummeln sich einige Webcomics also in unserer direkten Netznachbarschaft. Ich hatte ursprünglich vor nur einen einzigen Comic hier näher zu betrachten und mit einem kleinen Interview vorzustellen, aber es war mir leider unmöglich mich zu entscheiden. Daher ist unser heutiger Netznachbar sozusagen eine WG. Ladies and Gentlemen, hier ist meine persönliche Top5 die ich euch wärmstens ans Herz legen kann, aber selbstverständlich nehme ich auch Leseempfehlungen eurerseits gern entgegen – im deutschsprachigen Raum kenne ich mich etwa so gut wie nicht aus.
Platz 5: Axe Cop
Die Serie dreht sich um – das dürfte jetzt zurecht kaum jemanden überraschen – einen Polizisten mit einer Axt. Dass dieser seine Axt dafür verwendet um Bösewichten den Kopf abzuschlagen („Freeze or I'll chop your head off!“) dürfte schon eher überraschend sein. Sicherlich überraschend ist, dass Axe Cop einen Schurken an der Art dessen Fußtritts erkennen kann, dass er einen T-Rex reitet, der Maschinengewehr-Arme hat und dass sein Partner eine anthopomorphe Avocado ist (ehemals Flöten-Cop, ehemals Dino-Cop)! Das überraschendste an Axe Cop ist jedoch das Brudergespann, welches dahinter steckt. Ethan Nicolle ist ein Comic Zeichner in seinen frühen Dreißigern, der bereits einige Preise abgeräumt hat und jetzt illustriert, was sein Bruder Malachai sich ausdenkt. Der ist allerdings erst 5 (in Worten: fünf!) Jahre alt. (Na gut, mittlerweile ist er sieben.) Es ist diese unglaubliche kindliche Fantasie, die Ethan zu visualisieren weiß, und die diese Serie zu einem großen Spaß werden lässt und all die Absurditäten in den Handlungen und Charakteren erklärt. (Hätte ich mal die von mir erdachten Star Wars Stories aufgehoben, die ich mit fünf meinem Vater diktierte...) Natürlich steht hier die absurde Action und die surrealistischen Storytwists im Vordergrund und Subtilität wird weitestgehend vermisst. Aber im Ernst, wer will schon Subtilität, wenn Axe Cop in der Lage ist Chuck Norris zu verprügeln?
Platz 4: Girls with SlingshotsIn eine ganze andere Richtung geht dieses klassische vier Panel Webcomic von Danielle Corsetto. Im Zentrum steht die junge Hazel Tellington, die versucht ihr Leben nach dem Collegeabschluss zu managen. Ihr zur Seite steht ihre beste Freundin Jamie McJack, die gegensätzlicher nicht sein könnte: Hazel ist groß, hager, nerdig, verschlafen und versucht verzweifelt ein gutes Date zu ergattern. Jamie hingegen ist klein, rundlich, romantisch, quirlig und muss dank ihrer gut eingesetzten Reize niemals selbst für einen Drink zahlen. Um die beiden herum gibt es eine ganze Reihe liebevoller Nebencharaktere. Es geht um Erwachsenwerden und zwischenmenschliche – platonische als auch girl-meets-boy und girl-meets-girl - Beziehungen. Es geht um Trinken, Sex und ums sich zusammenreißen. Es geht um Es, Ich und Über-Ich, oder so ähnlich. Und um den sprechenden Kaktus McPedro. Sehr humorvoll und mit einem guten Gespür für die kleinen Details des Lebens weiß Corsetto ihre Geschichten zu erzählen.
Platz 3: Questionable ContentEbenfalls mit nur vier Panels kommen die Geschichten von Jeph Jacques daher, die irgendwie das Webcomic Pendant zu Friends sein könnten, nur cleverer und mit mehr Witz. Im Kern dreht es sich um den Mittzwanziger Marten, der im Nirgendwo von Massachusetts versucht selbstständig zu werden und sich ein Appartement mit der smarten, aber von massiven Komplexen beladenen Faye teilt, die wiederum in einem kleinen Café arbeitet – das Coffee of Doom und würde ich in einem Café arbeiten wollen, dann bitte in diesem -, welches Dora Besitzt, ihrerseits irgendwie Lovinterest von Marten. Hinzu kommen eine große Auswahl an sehr runden Nebenfiguren – inklusive einem sprechenden Roboter, so etwas wie ein iPad nur mit mehr Persönlichkeit -, die Jacques über mittlerweile sieben Jahre hinweg liebevoll entwickelt hat. Dabei werden die Geschichten um Wortspiele, Kaffee, Erwachsen werden, Beziehungen, Alltäglichkeiten und eine Vielzahl von Referenzen und geführten Diskussionen über Bands, von dessen bestehen man bis dato oft nichts ahnte, niemals langweilig. (Kenner werden übrigens in diesem Eintrag bemerken, dass nicht nur ich Fan bin.)
Platz 2: The Order Of The StickWieder eine ganz andere Richtung schlägt die von Rich Burlew erschaffene Reihe ein: Fantasy und Rollenspiel Klischees. Burlew gelingt es mit einer Horde an Strichmännchen eine ausgefeilte, spannende und äußerst humorvolle Geschichte um den Kampf zwischen Gut und Böse innerhalb des Regelwerks von Dungeons & Dragons zu skizzieren. Zentrum der epischen Erzählung ist eine typische Heldengruppe: Roy, der mutige, rechtschaffene Krieger, Haley, die zynische, geldgierige Schurkin, Elan, der völlig naive und meist nutzlose Barde, Vaarsuvius, der/die androgyne Elfen Magier, Durkon, der Zwergen Kleriker mit Hang zum ganz großen Pathos und Belkar, der chaotisch böse Halbling Waldläufer (mit mehreren Stufen Barbar). Das großartige an den meist zwölf Panels langen Geschichten ist, dass die Figuren in dieser Welt permanent die vierte Wand durchbrechen. Ihnen ist klar, dass sie detaillose Strichmännchen sind. Ihnen ist klar, dass Würfel über ihr Schicksal entscheiden. Ihnen ist klar, wie ihre Erfahrungspunkte berechnet werden. Ihnen ist klar, dass sie die Protagonisten eines Comics sind. Und ihnen ist klar, was die Regeln von Fantasy und Rollenspiel diktieren: Wenn etwas SEHR unwahrscheinlich ist, ist es beinahe sicher, dass es eintrifft und desto größer eine Horde von namenlosen Lakaien ist, desto leichter werden sie sich besiegen lassen.
Platz 1: The Adventures of Dr. McNinjaWie kann man auch nur annähernd beschreiben, was diese Reihe ausmacht? Nun, zum einen ist der Protagonist Arzt. Und Ninja. Er kämpft gegen überlebensgroße Holzfäller, er wird begleitet von seinem treuen Gefährten, dem zwölfjährigen Gordito Delgado, der aus purer Willenskraft einst einen Schnurrbart wachsen lies, und er hat Dracula auf dessen geheimen Mondbasis mal ordentlich eins auf die Mütze gegeben. Das Comic wird durch die sehr ausgefeilten Plots vorangetrieben, die sich teilweise auf über 70 Seiten erstrecken – wobei Chris Hastings, der Macher, jeweils eine Seite veröffentlicht. Das faszinierende ist, dass die Geschichten völlig absurd und surreal zu sein scheinen, und desto mehr dies gesteigert wird, desto plausibler und nachvollziehbarer werden sie. Klingt unglaublich? So ist es. Aber ihr könnt dem Doctor trauen, denn he knows science! Und er weiß, dass es völlig absurd und vor allem klischeebeladen ist, gefrorene Kleeblätter (!) als Wurfsterne (!!) zu verwenden, nur weil er Ire ist (!!!) - und ein Ninja (!!!!) -, aber er weiß nun einmal was ein McNinja tun muss, wenn es heißt Piraten zu bekämpfen (!!!!!)! Ernsthaft, ganz, ganz groß!
Netznachbarn ist eine fortlaufende Reihe, in der wir Seiten vorstellen, die wir selbst regelmäßig besuchen.