Neoliberalismus, eine Ideologie der Idiotie

Von Marc Schanz
Der freie Markt mit seinen unsichtbaren Händen ist das einzig Wahre und Gute in der Welt, der Staat ist abgrundtief böse. Der einzig alternativlose Weg ist Wachstum, Wachstum, Wachstum und dafür müssen wir sparen, sparen, sparen.
Das Schöne an dieser neuen neoliberalen Welt ist, nahezu jeder glaubt an diese Wirtschaftsideologie. Seit der Weltwirtschaftskrise ist jedoch bei einigen das Vertrauen in die magischen Wirkmächte des Marktes erschüttert. Einer dieser Kritiker ist Jack Welch. Er ist nicht nur der Ex-Chef von General Electric, er gilt auch als Vater des Shareholder Value Prinzips. Heute bezeichnet er das Konzept als “die blödeste Idee der Welt“. Doch nicht alle sind so lernfähig wie Jack Welch, die meisten Folgen weiterhin der Ideologie des Neoliberalismus und erhöhen nach der Krise einfach nur die Dosis an Idiotie.
Auf diesem Weg sind wir bereits weit fortgeschritten. Wären wir auf der Titanic, würde sich zur Zeit folgende Szene abspielen: Der Ausguck meldet erregt: “Eisberg voraus!” Die Kapitänin antwortet ruhig und ohne jeglichen Zweifel: “Die Schifffahrstwissenschaftler sagen, es gibt keine Eisberge am Nordpol, also sind vor uns auch keine Eisberge. Wir machen weiter so, volle Fahrt!”

Das Saysche Theorem

Eines der zentralen Elemente des Neoliberalismus ist das Saysche Theorem. Die wenigsten werden es kennen. Es ist uralt, stammt aus dem Jahre 1803 und ist äußerst unspektakulär. Seine zusammenhängenden Sätze machen es jedoch möglich, dass sie von den Jüngern des Neoliberalismus nachgebetet werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass dieses Theorem zu einem neoliberalen Dogma erhoben wurde. Schauen wir uns die Sure des Wirtschaftsglaubensbekenntnises einmal an:
“Jedes Angebot schafft sich seine Nachfrage selbst.”
Na, aber hallo, geht es auch etwas ausführlicher? Ja, klar:
“Wenn der Produzent die Arbeit an seinem Produkt beendet hat, ist er höchst bestrebt es sofort zu verkaufen, damit der Produktwert nicht sinkt. Nicht weniger bestrebt ist er, das daraus eingesetzte Geld zu verwenden, denn dessen Wert sinkt möglicherweise ebenfalls. Da die einzige Einsatzmöglichkeit für das Geld der Kauf anderer Produkte ist, öffnen die Umstände der Erschaffung eines Produktes einen Weg für andere Produkte.”
Um das Verständnis zu erleichtern, ist erst einmal eine kleine Nachhilfe in Sachen Neoliberalismus notwendig: für einen echten Neoliberalisten ist alles ein Produkt. Schenke ich meinem Sohn zum Geburtstag 20 Euro, so hat er aus neoliberaler Sicht sein Produkt “Geburtstag” erfolgreich vermarktet. Die ganze Welt besteht demnach nur aus Produkten und sonst gar nichts! Das Geld ist nichts anderes als ein Schleier, der diese Tatsache verbirgt.
Nähern wir uns nun der Kernaussage des Theorems: es ist egal, was und wie viel produziert wird, es findet sich immer ein Idiot, der es auch kauft. Das ist an sich keine Erkenntnis, sondern Alltagserfahrung. Das Theorem beschreibt aber das große Ganze. Und wahrlich, dies eröffnet eine tiefer liegendere Dimension: es ist immer genügend Geld vorhanden, um die produzierten Güter aufzukaufen. Auch das ist richtig, denn neben der Geldschöpfung durch die Investitionen, die zur Produktion der Waren notwendig sind, gibt es noch weitere Quellen der Geldschöpfung, wie z.B. Konsumkredite. In unserem jetzigen Finanzsystem gibt es daher auch ohne Saysches Theorem zwangsläufig zu viel Geld im System.
Wieso ist dieses Theorem trotz seiner Erkenntnisleere für den Neoliberalismus eigentlich so bedeutsam? Die Antwort liegt auf der Hand: unsere Elite der Ökonomie vermag darin die erstaunliche Tatsache herauszulesen, dass die Eingriffe des Staates in einen Markt schädlich sind. Die Logik funktioniert so: Verkäufer und Kunden finden von alleine zueinander, Geld ist genug da, also ist alles paletti. Der Staat aber macht alles kaputt, weil der Staat alles kaputt macht.

Eine hirnlose Simulation des Sayschen Theorems

Das Theorem und die Schlussfolgerungen daraus sind an sich schon idiotisch genug, aber es kommt noch schlimmer. Leider hat das Saysche Theorem einen blinden Fleck. Das muss ja  auch so sein, denn sonst hätte es niemals zu einem neoliberalen Dogma werden können.
Zwar mag gemäß dem Theorem insgesamt genügend Geld zum Kauf aller Güter vorhanden sein, für den Einzelnen trifft das allerdings noch lange nicht zu. Machen wir eine einfache gedankliche Simulation: nehmen wir 49 hirnlose Neoliberale – es ist eine Menge, die gedanklich problemlos rekrutierbar ist – und einen mit Hirn. Dieser ist der Chef einer Fabrik, lässt die anderen 49 hirnlosen Brüder für sich arbeiten und zahlt ihnen dafür – er ist ja intelligent – keinen Cent. Danach kauft sich der Chef seine eigene Produktion ab und – voila! – das Saysche Theorem ist erfüllt!
Damit beweist das Saysche Theorem, dass auch idiotische Wirtschaftssysteme funktionieren, aber leider nur in der Theorie. In der Realität würde ein solches Wirtschaftssystem ohne die erfolgreiche Rekrutierung von hirnlosen Neoliberalen sofort zusammenbrechen. Eine Wirtschaftspolitik nach dem Sayschen Theorem besagt nur, dass sie ohne Staat und Regulierung irgendwie funktioniert. Nur, die Wirtschaft soll nicht irgendwie funktionieren, sondern soll die Bedürfnisse der Menschen befriedigen und den Wohlstand mehren. Und dazu sind manchmal aus Sicht des Marktes irrationale Maßnahmen notwendig. Wer weiß, es kann zum Beispiel notwendig sein, Schwimmflügel in Massen zu produzieren und einzulagern, da eine weitere Sintflut bevorsteht. Doch das regelt keine unsichtbare Hand des Marktes, kein Saysches Theorem, dazu ist vor allem Intelligenz und Weitblick nötig. Das sind allerdings zwei Aspekte, die in der neoliberalen Idiotie keinen Platz finden.
Auch das Saysche Theorem hat zweifelsohne das Potential, neben dem Shareholder Value Prinzip in die Riege der blödesten Ideen der Welt aufgenommen zu werden. Dennoch bauen wir hier nach diesen blöden und idiotischen Konzepten unsere ehemalige soziale Marktwirtschaft zu einer neoliberalen Wirtschaft der Idiotie um.
Wer an dieser Tatsache noch ernsthafte Zweifel hat, der lese bitte einmal genau die Konzepte von Westerwelle, Rössler,  Brüderle & Co durch.

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