Nekrophile Destruktivität versus Liebe zum Leben im Iran

Passend zum aktuell rezensierten Buch “Irans neuer Umbruch” hat mir der Autor einen weiteren Text zur Verfügung gestellt, den ich hier gern veröffentlichen möchte.
Nekrophile Destruktivität versus Liebe zum Leben im Iran

von Dawud Gholamasad

Vortragsschrift zur Konferenz “Iran – Menschen, Freiheit, Rechte” am 1.04.2011 in Hannover

Iran – Menschen, Freiheit, Rechte 1

In diesem Beitrag möchte ich einige psychogenetische Aspekte der Ereignisse im Iran kurz erörtern, da die Grundlage aller sozialen Prozesse die involvierten interdependenten Individuen, deren Wünsche und Ängste, deren Leidenschaften und „Vernunft“, deren Neigung zum Guten und zum Bösen sind. Um die Dynamik sozialer Prozesse zu verstehen, müssen daher die Dynamik psychologischen Prozesse verstanden werden, die im Einzelnen abspielen, genauso wie der Einzelne verstanden werden kann im Kontext der ihn oder sie prägenden Traditionslinien 2. Von entscheidender Bedeutung in diesem Zusammenhang sind vor allem die weniger bewussten Motive der involvierten Menschen als ihre mehr oder weniger bewussten Wünsche. Dies vor allem, wenn die menschlichen Aspekte der Freiheit diskutiert werden.

Die zentralen Forderung der islamisierten Revolution: Unabhängigkeit, Freiheit, „Islamische Republik“

Auf dem Höhepunkt der Massenerhebung, die zum Sturz des Schahregimes führte, konkretisierten sich die dominanten Forderungen der Massen in „Unabhängigkeit, Freiheit und Islamische Republik“. Somit dokumentierten sie, dass sie ihrer Wünsche bewusst sind, ohne ihrer eigenen Motive als Einzelne und Gruppen bewusst zu sein. Dieses mangelnde Motivbewusstsein der Massenindividuen ist eine der zentralen Entstehungszusammenhänge der „Islamischen Republik“ und der nachrevolutionären traumatischen Ereignisse im Iran. Die nachrevolutionäre sukzessive Eliminierung der Andersdenkender durch immer kleiner werdenden Kerngruppen der Macht ist eine der eindeutigen Beweise dieser mangelnden Bewusstsein der Motive der in dieser islamisierten Revolution. involvierten Menschen als Einzelne und Gruppen.

Was bedeuteten aber diese Forderungen für die Massenbasis dieser Revolution? Meinten diese Massenindividuen mit der Unabhängigkeit etwa ihre individuelle Unabhängigkeit im Sinne der individuellen Autonomie und Betonung ihrer Individualität und Einmaligkeit als Folge ihrer Individualisierung 3 und damit einhergehende Freiheit oder ihre kollektive Unabhängigkeit im Sinne der „Souveränität“ ihres Staates angesichts des unübersehbaren us-amerikanischen Einflusses im Iran?

Eine Forderung nach individueller Unabhängigkeit dieser Massenindividuen wäre natürlich eine Quadratur des Kreises. Als Massen konstituierten sie sich ja geradezu durch ihre gemeinsame Identifizierung mit Khomeini als ihrem charismatischen Führer, an dem sie mehr oder weniger emotional gebunden und zuweilen symbiotisch-inzestuös fixiert waren.  Dementsprechend waren sie Menschen, die sich als autonome Individuen entweder noch nicht gefunden oder wieder verloren hatten 4. Demnach konnte ihre Forderung nach Unabhängigkeit nur eine kollektive Unabhängigkeit im Sinne der „Souveränität“ ihres Staates bedeutet haben.

Dabei bedeutet „Souveränität“ in der Regel keinem moralischen Gebot unterworfen sein, das die Handlungsfreiheit des „souveränen Staates“ einschränken könnte. Mit der Konstitution der „Islamischen Republik“, und mit einem uneingeschränkten geistlichen „Führer“ an ihrer Spitze, für den die „Erhaltung der bestehenden Ordnung“ sogar Priorität hat vor den „primären islamischen Geboten“ (so Khomeini), verwandelte sich der „Souverän“ zudem zu einem uneingeschränkten machiavellistischen Despoten, dem es jedes Mittel Recht ist zur Aufrechterhaltung seiner absolut verstandene Herrschaft: Für ihn und seine soziale Basis und Handlanger heiligt der Zweck jedes Mittel. Er ist auch gegenüber seiner Untertanen keinem moralischen Gebot unterworfen, was einer Republik der Lüge, des Betruges und des moralischen Verfalls und der Korruption Vorschub geleistet hat 5

In dieser Herrschaftsform eines uneingeschränkten geistlichen Despoten, die sich auf einem unmündigen Menschenbild gründet 6, hat die Forderung nach individueller Unabhängigkeit im Sinne der Autonomie und Selbstkontrolle keinen Platz. Wo sogar die Balance zwischen Selbst- und Fremdzwänge in allen Lebensbereichen vollkommen zugunsten der Fremdzwänge neigen, bedeutet jede Forderung nach individueller Unabhängigkeit und Autonomie „moharebe ba Khoda“ bzw. „Krieg gegen Gott“, der nur die Todesstrafe verdient. Wo jede Entscheidung des „Führers“ als  unumstößlicher „Befehl des Herrschers“ und „letztes Wort“ und als solches „Gottes Gebot“ bedeutet, wird nur Untertanengeist und vollkommene Unterwerfung erwartet. In dieser Herrschaftsform wird nur eine Regression in Form der „Verschmelzung in Herrschaft“ („zob dar welajat“) erwartet 7, also eine symbiotisch-inzestuöse Fixierung an den Führer als Verkörperung des „göttlichen Gesetzes“, der Shari´a und der „Islamischen Republik“.

Diese von Ajatollah Nuri geforderte bösartige “inzestuöse Symbiose“ 8 manifestiert eine der zentralen Aspekten des „Verfallsyndroms“ – die Quintessenz alles Bösen – im Gegensatz zum „Wachstumssyndrom, das mit der zunehmenden individuellen Unabhängigkeit im Sinne der Autonomie und Freiheit einhergeht. Als eine Charakterorientierung der Massenbasis dieses Regimes, der „Hezbollah“ (der „Parteigänger Gottes“) manifestiert diese mehr oder weniger bösartige “inzestuöse Symbiose“ nicht nur die Sehnsucht dieser zumeist entwurzelten und orientierungslosen Massenindividuen 9 nach der Liebe und Schutz eines „Mutterersatzes“ im Sinne eines Beschützers, sondern auch die Angst vor ihm.“ Diese Angst entsteht vor allem durch die Abhängigkeit, die das Gefühl der eigenen Kraft und Unabhängigkeit nicht aufkommen lässt“. Und „in dem Maß wie ein Mensch in seiner Abhängigkeit befangen bleibt, sind seine Unabhängigkeit, seine Freiheit und sein Verantwortungsgefühl reduziert“. 10 So werden diese inzestuös-symbiotisch an den „Führer“ gebundenen Massenindividuen, die ihren emotionalen „Nabelschnur“ nicht haben trennen können, zu einem untrennbaren Bestandteil ihres „Wirts“, an die sie unentwirrbar gebunden sind. Sie sind ohne diese nicht mehr lebensfähig; und wenn diese Beziehung bedroht ist, geraten sie in höchste Angst und Furcht. Dank dieser Emotional- und Phantasiebindung der Massenindividuen an ihrem „Führer“, den sie als Quelle ihrer narzisstischen Zufuhr mit der bestehenden Ordnung identifizieren,  sind sie nicht mehr in der Lage, zwischen sich und ihrem „Wirt“ eine klare Trennungslinie zu ziehen und sich so von ihm zu unterscheiden. Das ist auch der Grund ihrer Skrupellosigkeit gegenüber jedem Kritiker und Gegner dieser Herrschaftsform, wie sie sich in der brutalen Verfolgung, Vergewaltigung sowie psychischen und physischen Vernichtung der Oppositionellen manifestiert.

Diese unermessliche bösartige Aggressivität, diese Destruktivität und Unmenschlichkeit der „Hisbollah“ mit ihrer Radfahrermentalität, – die nur zwischen geliebten Mächtigen und verachteten Machtlosen unterscheiden können -  sind aber Folge ihrer Nekrophilie, ihrer Liebe zum Toten, wie sie sich hier vor allem in ihrer Liebe zur bestehenden Ordnung manifestiert 11, die entstehen und erhalten werden konnte durch den Umschlag ihres kollektiven Trauerns in Hegemonialrauch, in ihren kollektiven Narzissmus. Ihre mangelnde Mitgefühl und gnadenlose Brutalität gegenüber allen Außenseitern in der „Islamischen Republik“ sind Ausdruck dieser bösartigen inzestuösen Fixierung, narzisstischen und nekrophilen Orientierungen.

Diese Triade Tendenzen des „Verfallssyndroms“ – Tendenzen, die gegen das Leben gerichtet sind, die den Kern schwerer Psychischer Krankheiten bilden und als das Wesen des wahrhaft Bösen bezeichnet werden kann 12 – ist die Psychogenese der Entstehung und Erhaltung der „islamischen Republik“, die sich angesichts des zunehmenden Verlusts ihrer Massenbasis, verstärkt auf brutale und erbarmungslose Sicherheitsorgane stützen muss und sich so zu einer blutigen Republik der Furcht verwandelt hat.

Auf der anderen Seite kennzeichnen die zunehmende Legitimationskrise des Regimes und der zunehmende Verlust seiner Massenbasis eine zunehmende emotionale Entbindung, potentielle Unabhängigkeit und Freiheit und das damit einhergehende Verantwortungsbewusstsein der zunehmend mündigen und rechtsbewussten Bürger als Manifestation des „Wachstumssyndroms“.  Bei diesen Menschen neigt die Balance zwischen ihrer biophilen und nekrophilen Orientierungen mehr oder weniger zugunsten der ersteren, deren Wesen  die Liebe zum Leben und Lebendigen ist.  Sie drückt sich im ganzen Menschen aus; sie ist eine für die nekrophilen Etablierten bedrohliche Lebensart. „Sie manifestiert sich in den körperlichen Prozessen eines Menschen, in seinen Gefühlen, seinen Gedanken und Gesten“. 13 Die alltägliche passive Formen des Widerstandes durch die mehr oder weniger demonstrative Betonung des eigenen Lebensstils und das sich ausweitende zivile Ungehorsam in unterschiedlichen Formen sowie sich periodisch eskalierende Massenerhebungen sind die Manifestation ihrer Liebe zum Leben und Lebendigem. Sie sind die unermüdlichen Versuche dieser zunehmend mündigen Bürger, ihre Freiheiten durchzusetzen bzw. ihre Entscheidungs- und Handlungsspielräume zu erweitern und sie zu institutionalisieren.

Aber die Institutionalisierung der Freiheitsrechte im Sinne der zunehmenden Erweiterung der Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Menschen als Einzelne und Gruppen ist im Rahmen der „Islamische Republik“ ein unmögliches Unterfangen. Dies hat nicht nur die bisherige Erfahrung der Menschen seit der Konstitution dieser „Republik“ bewiesen. Das dieser Staatsform zugrunde liegende Menschenbild als ewig unmündige Menschen widerspricht der individuellen Freiheit und dem Ethos der Menschenrechte. Als ewig unmündige Menschen haben sie demnach keine Rechte sondern nur Pflichten.  Dies drückt sich nicht nur  aus in den verfassungsmäßigen Einschränkungen aller in der Verfassung verankerten bürgerlichen und Menschenrechte durch Shari´a, sondern auch in der Islamisierung der Menschenrechte, die statt den Islam zu humanisieren die Menschenrechte archaisiert, indem sie die vorislamischen archaischen Verhaltens- und Erlebensmuster  der arabischen Stämme zum „Gottes Gesetz“ erklärt und diese Shari´a als einzigen Bezugsrahmen aller Menschenrechte zugrunde legt. 14

Was bedeutet nun die Einschränkung dieser Rechte durch Shari´a? Es bedeutet vor allem die institutionalisierte Diskriminierung der Frauen und der nicht „gläubigen Muslime“ in allen Lebensbereichen. Nur der „gläubige Muslim“ gilt in der Verfassung der „Islamischen Republik“ und in den „Islamischen Menschenrechte“ als vollwertiger Mensch. In der Alltagspraxis der „Islamischen Republik“, gehören aber nur diejenigen Muslime in diesem exklusiven Kreis der Privilegierten, die als zwölfer Schiiten ihre „praktische Loyalität gegenüber der bestehenden Ordnung bewiesen haben“. („eltezam-e amali be nezam“). Diese konfessionell narzisstisch eingeschränkte Reichweite der Identifizierung der sich Gruppencharismatisch erfahrenen „gläubigen Muslime“ mit Menschen prädestiniert die Destruktivität dieses Rechtssystems, wie sie sich in unerträglich diskriminierender und gewalttätiger Alltagspraxis der Etablierten in der  „Islamischen Republik“ manifestiert

Hinzu kommen die strafrechtlichen Folgen der praktischen Rechtsprechung im Namen der Shari´a wie sie sich vor allem in der martialischen strafrechtlichen Gesetzgebung und Praxis der „Islamischen Republik“ auf erschreckender Weise zeigt.

Das „islamische Strafrecht“ ist eine Rechtfigur, die seit 2112 v. Chr. als Talion bekannt ist, nach der zwischen dem Schaden, der einem Opfer zugefügt wurde, und dem Schaden, der dem Täter zugefügt werden soll, ein Gleichgewicht angestrebt wird. Der nicht nur biblische Ausdruck „Auge um Auge“ ist davon ein Spezialfall, in dem dieses Gleichgewicht nach einer Körperverletzung durch Zufügen eines gleichartigen Schadens hergestellt werden soll. Davon ist die „Spiegelstrafe“  zu unterscheiden, die neben der Gleichartigkeit des Schadens, den der Täter erleidet, auch eine Anknüpfung an Organen, mit denen die Tat begangen wurde, vorgenommen wird, z. B. das Abhauen der Diebeshand. Die Talion ist ein Unterfall der „Vergeltung“, die auch solche Schädigungen eines Täters umfasst, die über die Talion hinausgehen, und ist zur Zeit der Privatstrafe, also, wo die Bestrafung des Täters dem Opfer zugesprochen wurde, vom Schadensersatz kaum zu unterscheiden. Allerdings ist dieser Schadensersatzanspruch in der „islamischen Republik“ diskriminierend und gilt nicht für alle Menschen gleichermaßen.  Er gilt nur für „die gläubigen männlichen Muslime“, nicht aber für  muslimische Frauen und Kinder sowie Nichtmuslime. Diese Diskriminierung manifestiert sich z.B. in der Verhängung der „Todesstrafe wegen vorsätzlichem Mordes“ in der „Islamischen Republik“. In dem gegenwärtig geltenden Strafrecht sind Menschen und ihr Leben nicht gleichwertig. Ihr Wert variiert je nach ihrem Geschlecht, sowie deren religiöser, konfessioneller, politischer und Verwandtschaftsbeziehungen. Abgesehen von der Straffreiheit der Mörder der Menschen, die als potentielle Gefahr für die bestehende Ordnung kein Lebensrecht haben und deswegen Opfer des Staatsterrors im In- und Ausland werden, verdient nicht jeder normaler Mörder die Todesstrafe gleichermaßen. Weil nach dem geltenden Strafrecht nicht jeder Mensch gleiches Recht auf Leben hat. So darf ein muslimischer Mörder eines Nichtmuslimes nicht zum Tode verurteilt werden. So darf ein muslimischer Mann seine muslimische Frau ermorden, ohne deswegen hingerichtet zu werden. Es sei denn die Familienangehörige der Opfer die Hälfte des „Blutwertes“ eines muslimischen Mannes dem Mörder oder seiner Familienangehörige bezahlt 15. Nach dem § 220 des geltenden Strafrechtes dürfen sogar die Väter und Großväter der Kinder, die sie vorsätzlich getötet haben, nicht zum Tode verurteilt werden, weil sie nach dem Gesetz ihre Eigentümer sind. Sie werden höchstens zur Zahlung ihres „Blutwertes“ verurteil. Nach § 630 des Strafrechtes darf ein Ehemann, der seine Frau mit ihrem Liebhaber in Flagranti ertappt, sie und ihren Liebhaber straffrei ermorden. Selbst ein Ehemann, der seine Ehefrau unter dem Verdacht des Ehebruches vorsätzlich ermordet, darf nicht zum Tode verurteilt werden. Er steht unter dem Schutz des Gesetzes. Nach § 226 und dem Zusatz zum § 295 des „islamischen Strafrechtes“, darf ein „gläubiger Muslim“ „zum Schutz der islamischen Werte“ straffrei jeden ermorden, der seiner Meinung nach gelästert hat. Er hat laut Gesetz seine „religiöse Pflicht“ erfüllt. Nach den letzt genannten §§ gibt es „Menschen, die kein Lebensrecht genießen“, sie sind „Mahdur’aldam“, die straffrei ermordet werden können. Dazu gehören nach der bisherigen Praxis u.a. die Bahais, die missionierenden Christen und die konvertierten Muslime, sowie die für die bestehende Ordnung potentiell als gefährlich eingeschätzten Menschen wie die ermordeten 10787  namentlich bekannten politischen Gefangene 16, die 1988 in den iranischen Gefängnissen ihre verhängten Strafen absaßen  und die als „Kettenmorde“ bekannten, 1988-1989 „seriell ermordete Intellektuelle“ im Iran sowie die seit der Etablierung der „Islamischen Republik“ im Ausland ermordeten Oppositionellen.

Nach dem gelten „islamischen Strafrecht“ gibt es sogar Hinrichtungen, die mit Folter begleitet werden, so müssen nach §§ 83 und 99 die zum Ehebruch verurteilten Männer und Frauen gesteinigt werden. Nach § 101 dieses Gesetzes sind die „gläubigen Muslime“ sogar verpflichtet an dieser barbarischen Hinrichtung teilzunehmen.

Trotz dieser barbarischen Rechtspraxis, die am 21 Dez. 2010 durch die UNO-Vollversammlung Verurteilt wurde, betonte Djavad Laridjani – der „Sekretär des Menschenrechtsstabes des Justizministeriums – in der letzten Menschenrechtskommissionssitzung der UNO 17 am 18.11.2010, seinen konfessionelle  gruppencharismatischen Narzissmus durch die Hervorhebung der „Islamischen Menschenrechte“ und die Rechtssprechung in der „islamischen Republik“ als eigene Werte der Muslime, worauf sie stolz seien 18. Diese Fixierung des Establishment der „Islamischen Republik“ an die als ewig unveränderbar definierte archaische soziale Praxis der vorislamischen Araber als Shari´a, die jedes positive Recht so auch „die Islamischen Menschenrechte“ einschränkt, manifestiert zudem die nekrophile Orientierung ihrer Urheber, neben ihrer bösartigen narzisstischen Orientierung. Diese narzisstische Selbstwertbeziehung der „Kairoer Erklärung der Islamischen Menschenrechte“, wie sie gleich im Präambel hervorgehoben wird,   unterstreicht  daher ihren Ursprung im Islam als der „wahren Religion“ und der Lebensart der islamischen Gemeinschaft (Umma) die als beste aller menschlichen Gesellschaften beschrieben wird 19.

Im Gegensatz zu demokratischen Verfassungen steht hier nicht das „Individuum“ in Vordergrund, sondern die Gemeinschaft der Gläubigen (Umma) als Kollektiv. Damit neigt hier die Balance zwischen Individuum und Gesellschaft zugunsten der letzteren im Sinne einer kollektiv geprägten Identität der Menschen als Manifestation der Triade ihres Verfallssyndroms: der symbiotischen Fixierung an einer Gemeinschaft der gläubigen Muslime, ihrer konfessionellen narzisstischen Orientierung, die die islamische Umma als beste aller menschlichen Gesellschaften beschreibt und nekrophilisch der Shari´a als Bezugsrahmen aller Entscheidungs- und Handlungsspielräume absolute Priorität einräumt

Sie ist destruktiv, weil sie unter dem Schutz der islamischen Shari´a, die Praktiken, beispielsweise der Körperstrafen, legitimiert, welche die Integrität und Würde des menschlichen Wesen angreifen. Bei fast jedem Verweis auf die verfassungsmäßig garantierten bürgerlichen Rechte und Freiheiten sowie die Menschenrechte machen die Verfassung der „Islamischen Republik“ und „die Kairoer Erklärung der Menschen Rechte im Islam“ die Einschränkung, dass diese Rechte im Einklang mit der Shari´a ausgeübt werden müssten. Artikel 22 dieser Erklärung z. B. beschränkt die Redefreiheit auf diejenigen Meinungsäußerungen, die dem islamischen Recht nicht widersprechen 20. Auch das Recht zur Ausübung öffentlicher Ämter könne nur in Übereinstimmung mit der Shari´a wahrgenommen werden, weswegen die nicht schiitischen Muslime sowie  die Nichtmuslime und Frauen  in der „Islamischen Republik“ systematisch diskriminiert werden.

(siehe:http://de.wikipedia.org/wiki/Kairoer_Erkl%8Arung_der_Menschenrechte_im_Islam#cite_note-smith-10)

Freiheit und Determinismus 21 oder die Grenzen der Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Muslime und Islamisten

Doch nicht nur die Shari´a schränkt die individuelle Entscheidungs- und Handlungsspielräume der Muslime ein, sondern auch die Balance ihrer biophilen und nekrophilen Tendenzen, sowie die Intensität ihrer inzestuösen Fixierung und bösartigen konfessionellen Narzissmus, die ihre Empathiefähigkeit mehr oder extrem einschränkt.

Je intensiver die nekrophilen Tendenzen, desto stärker sind die Gefühlsstare der Menschen als unabdingbare Voraussetzung jeder Skrupellosigkeit und Destruktivität. Je intensiver ihre Inzestuöse Fixierung, desto geringer die Autonomie ihrer Angst gesteuerten Entscheidungs- und Verhaltenmuster. Je intensiver die gruppencharismatische Selbstliebe, desto größer ihre Unfähigkeit, sich in anderen Menschen hinein versetzen zu können. Und je keiner die Reichweite der Identifizierung der Menschen mit anderen Menschen, desto kleiner die narzisstisch besetzte „Wir-Gruppe“ und desto größer die mit Gruppenschande stigmatisierten „Sie-Gruppen“, der verachteten und verhassten Außenseiter.

Diese Intensität der Triade des Verfallssyndroms ist auch der Grund ihrer tauben Ohren und verhärteten Herzen für die Seufzer der gemarterten Kreaturen, die sich wie ein „Teufelskreis“ gegenseitig eskalieren. Diese sich eskalierend reproduzierende Gefühlstarre und Lieblosigkeit einerseits und die sich daraus ergebende bösartige Aggressivität andererseits schränkt die Entscheidungs- und Handlungsspielräume selbst der stark Nekrophil orientierten mächtigsten Menschen wie die des gegenwärtigen „Führers“ der „Islamischen Republik“, der die protestierende Menschen gegen die Wahlfälschung als „politische Bazillus“ diffamiert, „die das System immunisiert“ haben 22.

Je nach der Intensität der Triade des Verfallssyndroms und somit der größeren oder kleineren Entscheidungs- und Handlungsspielräume sind daher die nekrophilen Islamisten von den mehr oder weniger biophile Muslimen zu unterscheiden. Denn die Triade des Verfallsyndroms sind die unentrinnbaren Selbstzwänge der nekrophilen Muslime, die quasi deterministisch ihr destruktives Verhalten und Erleben zwanghaft steuern. Denn Freiheit bedeutet nicht nur Freiheit von Selbst- und Fremdzwänge und der menschlichen und außermenschlichen Naturzwänge, sondern auch Freiheit zur Förderung des eigenen Wachstums als Einzelne und Gruppen sowie Verantwortungsbewusstsein.  Sie bedeutet die zunehmende Fähigkeit, die eigene produktive intellektuelle, emotionale und sinnliche Potentiale entfalten und zum Ausdruck bringen zu können. Zur individuellen Freiheit im Sinne positiver Verwirklichung des individuellen Selbst sowie der Entfaltung der Selbstkontrolle und der Liebe zum Leben und Lebendigen ist der nekrophile Islamist deswegen nicht fähig, weil seine Entscheidungs- und Handlungsspielräume durch die enorme Intensität der Triade seines Verfallssyndroms erheblich eingeschränkt sind. Die Islamistischen Selbstmordattentäter sind die Manifestation der extremen Nekrophilie. Sie verachten nicht nur das Leben anderer sondern auch ihr eigenes Leben.

Deswegen ist auch die mehr oder weniger potentielle Fähigkeit der zunehmend größerer Zahl der Menschen zur Freiheit im doppelten Sinne eine der zentralen Gründe für die sukzessive Abwendung früherer Khomeinisten bzw. deren reformistischen Fraktionen von dem sich zunehmend als despotisch erweisende „velajat-e Faghih“, der „Schriftgelehrten Herrschaft“ und der unreformierbaren „Islamischen Republik“ und ihre Betonung der republikanischen Dimensionen der Verfassung, deren Belebung sie in der „grünen Bewegung“ nun fordern.

Dementsprechend ist auch die zunehmende Skrupellosigkeit und Brutalität der immer kleiner werdenden Kerngruppen der Macht Ausdruck ihrer zunehmend eingeschränkter Entscheidung- und Handlungsspielräume, die sich  durch ihre zunehmende Gefühlsstarre reproduziert, wie sie sich in ihrer zunehmenden nekrophilen Destruktivität manifestieren. Für sie hat die Aufrechterhaltung ihrer Herrschaft und damit einhergehende Sicherung ihrer monopolisierten Macht- und Statusquellen absolute Priorität in dem, was sie als ihr Leben definieren.

Garbsen, den 29.12.2010

[auch veröffentlicht bei mehriran.de]


  1. Dieser Beitrag ist entstanden als Anlass eines bevorstehenden Vortrages.
  2. Im Unterschied zu Erich Fromm ziehe ich die Traditionslinien der Kultur vor, die den sozialen Habitus der Menschen prägt. (Vergl. Erich Fromm, Die Furcht vor der Freiheit, 1983, S. 7f.)
  3. Individuelle Unabhängigkeit bedeutet die Betonung der eigenen Individualität und Einmaligkeit, wie sie sich in zunehmender Informalisierung der Verhalten- und Erlebensmuster der Menschen sowie Verschiebung der Ich-Wir-Balance ihrer Identität zugunsten der ersteren manifestiert. Gerade diese als Bedrohung empfundene Individualisierung als Begleiterscheinung der Modernisierung war eine der Bedingungen der Entstehung der „Islamischen Revolution“. Deswegen strebte die nachrevolutionäre Islamisierung des Alltagslebens geradezu eine zunehmende Formalisierung und Uniformierung der individuellen Verhaltes- und Erlebensmuster der Menschen. Die gewaltsam eingeführte Verschleierung der Frauen ist nur eine der wahrnehmbaren Aspekte dieser Formalisierungsversuche.
  4. Vergl. Dawud Gholamasad, Iran – Die Entstehung der „Islamischen Revolution“, Hamburg 1985.
  5. Vergl. Dawud Gholamasad, Irans neuer Umbruch – von der Liebe zum Toten zur Liebe zum Leben, Hannover 2010.
  6. Vergl. Aj. Khomeini, Der Islamische Staat, Berlin 1983, S. 61
  7. So Ajatollah Nuri, der konservative Präsidentschaftskandidat in seinem Präsidentschaftswahlkampf gegen Khatami, den reformistischen Präsidentschaftskandidat.
  8. Erich Fromm, Die Seele des Menschen – Ihre Fähigkeit zum Guten und zum Bösen, Stuttgart 1980, S. 103
  9. Ihre Entwurzelung und Orientierungslosigkeit ist Folge ihrer funktionalen Entbindungen, die sich ergab aus der Desintegration früherer Integrationseinheit, , d.h. der Stämme und der weit zerstreuten fünfundfünfzigtausend Dörfer im Rahmen der Modernisierungsprozesse, ohne neue differenzierte institutionelle und emotionale Integrationschance in den Städten.
  10. Erich Fromm, Ibid
  11. Nekrophile Menschen fühlen sich von allem Toten angezogen und fasziniert; sie leben in der Vergangenheit und nie in Zukunft. Sie sind kalt, auf Distanz bedacht und bekennen sich zu „Gesetz und Ordnung“, hier zu Shari´a und bestehender Ordnung, deren Erhaltung – laut Khomeini – sogar Priorität hat vor den primeren islamischen Geboten. Charakteristisch für den nekrophilen Menschen ist seine Verliebtheit in Gewalttätigkeit und Gewalt, die letzten Endes auf der Machtchance zu töten beruht. „Wer das Tote liebt, liebt unausweichlich auch die Gewalt.“ ( Erich Fromm, a.a.O., S. 35)
  12. Erich Fromm, a.a.O., 32
  13. Erich Fromm, a.a.O., S. 41.
  14. Die Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam ist eine 1990 beschlossene Erklärung der Mitgliedsstaaten der Organisation der Islamischen Konferenz, welche beispielsweise in Artikel 2 die Shari´a als alleinige Grundlage von „Menschenrechten“ definiert.
  15. Vergl. §§ 207, 209, und 230 des geltenden Strafrechtes im IR.
  16. Kürzlich hat die Liga der Menschenrechte im Iran die inzwischen bekannt gewordene Namen von 10787 dieser ermordeten Gefangenen veröffentlicht. Der Dunkelziffer ist immer noch unbekannt.
  17. Diese Kommission, die international die Menschenrechtspraxis beobachtet und beurteilt, verurteilte am 18.11.2010 Iran für massive Menschenrechtsverletzungen und zwar mit 80 Ja-Stimmen, 40 Nein-Stimmen und57 Enthaltungen.
  18. Vergl. Mehrnagiz Kar, Eftekhar-e Djavad Laridjani be in ghavanin-e (Djaved Lardjanis Stolz auf diesen Gesetzen, veröffentlicht durch „Liega der Menschenrecht im Iran e.V.“, in Berlin am 29.12.2010.
  19. „Die Mitglieder der Organisation der Islamischen Konferenz betonen die kulturelle Rolle der islamischen Umma, die von Gott als beste Nation geschaffen wurde und die der Menschheit eine universale und wohlausgewogene Zivilisation gebracht hat.“
  20. Kein Wunder, dass von den insgesamt 145 gegenwärtig inhaftierten Journalisten der Welt 35 in Iran Gefangen gehalten werden, genauso viel also wie in China, weil sie sich ihrem Berufsethos verpflichtet fühlen und sich nicht zu Staatspropagandisten instrumentalisieren lassen wollen.
  21. Im Unterschied zu Erich Fromm ziehe ich die sich unter Umständen erweiternde und verengende Entscheidung- und Handlungsspielräume als ein Wandlungskontinuum der Polarbegriffe Determinismus und Freiheit vor. (Vergl. Erich Fromm, Die Seele des Menschen – Ihre Fähigkeit zum Guten und zum Bösen, Stuttgart 1980, S.119ff.)
  22. Vergl. die Rede von Aj. Khameinei in Quom am 23.10.2010? Seine Website versuchte darauf hin die Aussage zu relativieren, indem sie hervorhob: „Nicht alle Protestierer sind Bazillus“

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