Nein zu Ausschaffungsinitiative und Gegenvorschlag

Nein zu Ausschaffungsinitiative und Gegenvorschlag

Meine Ablehnung der Ausschaffungsinitiative und des Gegenvorschlags ist grundsätzlicher Art: Beide Vorlagen sind Ausdruck einer menschenverachtenden Haltung, nämlich dass man Menschen einfach entsorgen kann. Fort mit ihnen! Schliesslich sind es Kriminelle – und erst noch Ausländer, wobei die Reihenfolge beliebig gewechselt werden kann. Die Initiative der SVP wünscht das unverhohlen und ohne Rücksichten auf irgendwelche Empfindlichkeiten, der Gegenvorschlag wünscht dasselbe, aber völkerrechtskonform. Das zum Grundsätzlichen – und nun zu den Details:

Nein zur Ausschaffungsinitiative

  • weil sie eine Blendgranate ist. Denn sie ist nicht umsetzbar. Das Ansinnen verstösst gegen das Völkerrecht (z.B. gegen das Non-Refoulement-Prinzip, nach dem Menschen nicht in ein Land zurückgeschafft werden dürfen, wo sie an Leib und Leben bedroht sind). Sie verstösst auch gegen das Freizügigkeitsabkommen mit der EU, sofern der betroffene Ausländer ein EU-Bürger ist.
  • weil die Diskriminierung von Ausländern in der Verfassung festgeschrieben würde, z.B. ihre doppelte Bestrafung: zusätzlich zur Bestrafung der Tat selbst käme die Ausweisung aus der Schweiz, was einer Apartheid-Justiz gleichkäme und ein ganz grundsätzliches Rechtsgut – die Gleichheit vor dem Gesetz – aushebeln würde.
  • weil alle Ausländer ohne Schweizer Pass von einer Ausschaffung bedroht wären, selbst Secondos, die in der Schweiz geboren sind.
  • weil bereits heute einem bestraften Ausländer die Aufenthaltsbewilligung entzogen werden kann, wenn der Schutz der Öffentlichkeit schwerer wiegt als das private Interesse des Täters, in der Schweiz zu bleiben.

Nein zum Gegenvorschlag

  • weil er das menschenverachtende und falsche Anliegen der SVP in eine Form giesst, die völkerrechtskonform ist. Der Gegenvorschlag verhilft somit dem Anliegen womöglich zum Durchbruch, während sich die Ausschaffungsinitiative selbst bei einer Annahme voraussichtlich an die (rechtliche) Wand fahren würde. Einmal mehr biedern sich die bürgerlichen Kräfte, aus deren Mitte der Gegenvorschlag kommt, als Vollzugsgehilfen der SVP an und helfen mit, die enge Verknüpfung von Kriminalität, Migration und Ausschaffung definitiv in den Köpfen zu verankern.
  • weil auch der Gegenvorschlag die Sippenhaft stillschweigend akzeptiert: Die Ausschaffung einer straffälligen Einzelperson betrifft indirekt auch deren Familie: Meistens haben Kinder und Ehefrauen keine eigenständige Aufenthaltsbewilligung, so dass auch sie das Land verlassen müssten. Oder wenn straffällige Jugendliche ausgewiesen werden, können die Eltern die Erziehungsfunktion nur dann wahrnehmen, wenn sie zusammen mit dem verurteilten Jugendlichen das Land verlassen.
  • weil der Katalog der Strafen, die zu einer Ausweisung führen sollen, gegenüber der Ausschaffungsinitiative selbst sogar noch erweitert würde. So können laut Gegenvorschlag die Strafen der letzten zehn Jahre zusammengezählt und allenfalls zum Ausschaffungsgrund werden, und zwar auch Geld- und bedingte Strafen. Das zielt explizit nicht mehr nur auf Schwerkriminelle.
  • weil rein taktische Überlegungen – z.B. Annahme des Gegenvorschlags, um die Initiative zu verhindern – ein (taktisches) Eigentor wäre. Man würde damit den Teufel mit dem Beelzebub austreiben.
  • weil der Integrationsartikel, der Teil des Gegenvorschlags ist, ohne wirkliche Substanz ist und so nicht einmal als Zückerchen zur Versüssung der bitteren Ausschaffungspille taugt. So ist es zum Beispiel eine Selbstverständlichkeit – und muss nicht nochmals in einem Integrationsartikel festgeschrieben werden –, dass die Verfassung und die öffentliche Ordnung respektiert werden müssen.

Die Ausschaffungsinitiative und der Gegenvorschlag atmen einen Geist, der meines Erachtens irrationale Züge trägt. Nicht mehr die Bekämpfung der Kriminalität, sondern die Eliminierung des Fremden wird als Hauptziel der Politik akzeptiert. Doch weder Menschen noch die Kriminalität kann und soll man einfach entsorgen.

Quellen und weiterführende Links:

  1. Text der Ausschaffungsinitiative
  2. Text des Gegenvorschlags
  3. Komitee Ausschaffungsinitiative 2 x Nein
  4. Komitee Pro “Volksinitiative für die Ausschaffung krimineller Ausländer (Ausschaffungsinitiative)”

Filed under: Tagebuch, Zeitgenössisches

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