Necla Kelek – Die fremde Braut

Von Nicsbloghaus @_nbh

Das Buch habe ich schon ewig bei mir lie­gen; aber es erst jetzt gele­sen. Warum? Weil ich Keleks tete-á-tete mit Sarrazin unmög­lich fand? Ja, auch des­halb. Vor allem aber, weil ich von ande­ren, die das Buch lasen, hörte, dass es selbst nicht frei wäre von Ausgrenzungen. Und das vorab: es hat sich bestä­tigt.

Denn es mutet merk­wür­dig an, wenn Necla Kelek aus all der (zum Teil berech­tig­ten) Kritik an der muslimisch-türkischen Community eine Gruppe her­aus­zu­neh­men scheint: die Tscherkessen. Den Volksstamm, dem sie sich selbst zuge­hö­rig fühlt.

Aber der Reihe nach: Ein Großteil des Buches ist die Autobiographie der Autorin. Und dies zu lesen ist span­nend und lehr­reich. Es sollte fast genü­gen, um die Probleme, vor denen Familien ste­hen, die aus der Türkei – aus Anatolien – nach Deutschland ein­wan­dern, begreif­lich zu machen. Es wird schnell klar, dass Necla Kelek einen eher unüb­li­chen Weg geht, der sie zu dem macht, was sie jetzt ist: eine über­aus kri­ti­sche Kommentatorin der geschei­ter­ten Integration in Deutschland.

Mir scheint jedoch, als würde sie das Kinde mit­samt Bad aus­schüt­ten, wenn sie ein­zig den Migranten “die Schuld” am Scheitern der Integration geben möchte. Sicherlich sind viele der Argumente, viele der geschil­der­ten Facetten rich­tig und kor­rekt beob­ach­tet. Jedoch ist es ein­fach falsch, anzu­neh­men, dass andere Menschen die Kraft und den Mut haben wür­den, sich – wie sie – gegen die Normen der Kultusgemeinde, der Umma zu stel­len. Wer meint, dass dies einem Migranten leicht fal­len müsste, irrt ganz ein­fach.

Richtig hin­ge­gen sind Keleks Hinweise und Ratschläge an die deut­sche Mehrheitsgesellschaft.

Eine Toleranz, die selbst noch die Intoleranz und all­täg­li­chen Gewaltverhältnisse als Bestandteil eines “ande­ren kul­tu­rel­len Kontextes” hin­zu­neh­men, ja, zu respek­tie­ren bereit ist, ent­larvt sich letz­ten Endes als wert­los und gibt damit jeden Anspruch preis, die Gesellschaft nach all­ge­mein gül­ti­gen Rechten und Verpflichtungen zu gestal­ten. Menschenrechte, Grundrechte sind nicht teil­bar, nicht kul­tu­rell rela­ti­vier­bar. (Seite 276)

Wie jedoch diese unteil­ba­ren Menschen- und Grundrechte den türkische-muslimischen Menschen ver­mit­telt wer­den kön­nen kann auch Necla Kelek nicht beant­wor­ten. Sie sieht – wie ich – jedoch als ers­ten Schritt in diese Richtung einen Deutschunterricht als drin­gend not­wen­dig an. Ich gehe da noch einen Schritt wei­ter und meine, dass Bildung ins­ge­samt Grundvoraussetzung ist, um Menschen in die Lage zu ver­set­zen, am gesell­schaft­li­chen Leben teil­ha­ben zu las­sen. Allerdings man­gelt es daran ja nicht nur bei Migranten.

Wenn man aber all die über­spitzte Polemik aus Keleks Buch her­aus­nimmt und von ihrer – aus per­sön­li­cher Betroffenheit ver­stärkte – Abneigung gegen reli­giöse (mus­li­mi­sche) Türken absieht, bleibt ein Credo übrig, dass auch ich unter­schrei­ben kann:

Die staat­li­che Neutralität gegen­über den Religionen darf nicht so weit gehen, dass Grund- und Menschenrechte im Namen der Religionsfreiheit ver­letzt wer­den. Damit fie­len wir hin­ter alles zurück, was die Aufklärung his­to­risch in einem lan­gen Prozess an Freiheiten für den Einzelnen gebracht hat. Und wir gäben damit das Fundament unse­rer zivi­len Gesellschaft auf – den Rechtsstaaat. (Seite 264)

Man darf gespannt sein, wie Necla Kelek die­ses Credo mor­gen im Fernsehen ver­tei­di­gen wird.

Nic

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