NDAA: Grundstein für Militärdiktatur in den USA

Gastartikel von Philipp Guttmann

10.01.2012 – Es war an jenem Tag im Jahre 2011, an dem die Menschen alles andere zu tun hatten, als sich mit dem politischen Geschehen in ihrem Lande zu beschäftigen. Am 31.12.2011 unterschrieb der US-amerikanische Präsident Barack Obama den „National Defense Authorization Act“ (NDAA), der dem Militär des Landes nach dem bereits schon eingeleiteten USA PATRIOT Act nach dem 11. September 2001 weitere Machtzugeständnisse machte.

NDAA: Grundstein für Militärdiktatur in den USA
Fraglich ist, wieso sich gerade 97% der Senatoren für ein neues Gesetz aussprechen, das noch mehr als zuvor Menschenrechte außer Kraft setzt und das Recht auf Gerichtsbarkeit ausschaltet. Und obwohl sich der US-amerikanische Präsident Barack Obama bei seinem Amtsantritt im Januar 2009 dafür aussprach, die Anti-Terror-Methode seines Vorgängers Bush nicht weiter zu verfolgen, so scheint es, als führe er jene noch strikter fort.

NDAA: Grundstein für Militärdiktatur in den USA

Reaktion auf den 11. September

Der US-amerikanische Präsident Bush veranlasste im Zuge des Terroranschlages auf die World Trade Center kurze Zeit später den USA PATRIOT Act, ein Gesetz, das zur Stärkung Amerikas und zur Bereitstellung von Instrumenten, um den Terrorismus aufzuhalten, führen sollte. Doch hinter dieser Intention verbargen sich auch allerhand Einschränkungen für die Menschen, wobei die Menschen- und Bürgerrechte betroffen waren.

So durften durch das Gesetz Menschen ohne US-amerikanische Staatsbürgerschaft, sofern sie unter einem Terrorismusverdacht standen, ohne ein Gerichtsverfahren für eine unbestimmte Zeit festgehalten werden. Weiterhin wurden dem FBI die Abhörrechte deutlich erweitert und bestehende Beschränkungen aufgehoben, dies schließt insbesondere die Pflicht zur Offenlegung der Daten von Telefongesellschaften und Internetprovidern ein. Des Weiteren durften auch Hausdurchsuchungen ohne Kenntnis der betreffenden Eigentümer durchgeführt werden und das FBI bekam volle Rechte zur Einsicht in finanzielle Daten, auch ohne, dass ein Beweis für ein Verbrechen vorliegen musste.

Überdies konnte die CIA, die keiner öffentlichen Kontrolle unterliegt, zukünftig auch im Inland tätig sein.

Neben diesen Regelungen verschärfte sich insgesamt die Situation in den USA, welche einer fast hysterischen Terrorangst gleichkam. Diese begünstigte die Maßnahmen die seitdem eingeleitet wurden und stimmten die Bevölkerung für diese Einschränkungen milde, da sie – so wurde es einem verkündet – nur auf diese Weise die Sicherheit für die USA gewährleisten könnte.

Hierbei gilt auch noch zu nennen, dass die menschenrechtswidrigen, völkerrechtswidrigen und inhumanen Zustände in den Gefangenenlagern, insbesondere Guantánamo, von der Politik gebilligt wurden und sogar durch geschickte Umgehungen der Genfer Konvention – die Regierung stufte Gefangenen als illegale Kämpfer und nicht als Kriegsgefangene ein – rechtlich abgesichert wurden. Eine Verbesserung der dortigen Zustände, auch der angewandten Foltermaßnahmen und massiven Isolation, war bis dahin nicht in Sicht, bis schließlich der Demokrat Barack Obama im Wahlkampf und danach Versprechen machte, fortan die Lage verbessern zu wollen.

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Der Demokrat mit großen Versprechen

Als Präsident werde ich Guantánamo schließen“ – hieß die Verlautbarung des Präsidenten. Barack Obama machte große und mit viel Hoffnung erwartete Versprechen an die Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika. Nachdem er ins Amt eingetreten ist, ließ er Militärgerichtsverfahren gegen die Gefangenen in Guantanamo Bay für 120 Tage aussetzen, um sie auf die juristische Richtigkeit zu überprüfen. Zudem verbot er die Anwendung von Folter und veranlasste die Schließung der Gemeingefängnisse, insbesondere des Gefangenenlagers Guantanamo Bay, innerhalb eines Jahres an.

Doch aus dieser Veranlassung wurde nichts, denn im Senat stieß der Vorschlag aufgrund fehlender Möglichkeiten zur Freilassung und Aufnahme der Gefangenen in andere Länder auf geringen Zuspruch. Es war Obamas erste richtige politische Niederlage.

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National Defense Authorization Act (NDAA)

Es ist Silvester, als der US-amerikanische Präsident Barack Obama auf Hawaii ein Gesetz unterschreibt, das weitere Maßnahmen zur Terrorbekämpfung beinhaltet, die, so muss man leider feststellen, den rigorosen Anti-Terror-Kurs von Bush nahtlos fortsetzen. Obwohl Obama zunächst ein Veto angekündigt hat, gab er dann doch dem US-Kongress nach und machte seine Unterschrift. Der US-Senat beschloss den NDAA mit 93:3 Stimmen.

Besonders stechen dabei zwei Abschnitte im NDAA hervor, die vorsehen, dass die US-Regierung Terrorverdächtige ohne Gerichtsverfahren festsetzen kann, das US-Militär im Ausland Gefangenenlager errichten darf und Terrorverdächtige innerhalb und außerhalb der USA festnehmen, verhören und ohne zeitliche Beschränkung – somit auch lebenslang – festhalten kann.

Hierbei stehen den mutmaßlichen Verdächtigen weder ein gesetzlicher Verteidiger zu, noch muss Anklage gegen die Person erhoben worden sein. In einem Zugeständnis jedoch, das nur auf Nachdruck des Weißen Hauses durchgesetzt werden konnte, sei jedoch in Einzelfällen ein Prozess in einem Zivilgericht möglich.

Insgesamt wird dem US-Militär durch die neue Gesetzgebung eine ungeheure neue Legitimierung zur Ausschaltung von Menschenrechten gegeben und jeder Mensch, der als potentieller Terrorist eingestuft wird, hat keinerlei Anspruch auf juristische Unterstützung, denn das Militär erhält die volle Verfügung – es sei denn, die Verantwortlichen machen vom Zugeständnis auf einen Zivilprozess im Einzelfall Gebrauch.

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Kritik und Widerstand – auch im US-Senat

Viele Menschenrechtsorganisationen, die Vereinten Nationen, der Europarat sowie viele andere äußern bereits seit langer Zeit erschütternde Kritik an den Zuständen auf Guantánamo. Das jetzt auch noch abgeschlossene Ermächtigungsgesetz für das US-Militär, das zudem eine Schließung dieses Gefangenenlagers noch unwahrscheinlicher macht, schürt weiteren Unmut bei Menschenrechtlern. So hat Amnesty International für den 11. Januar mit 40 weiteren Organisationen eine Unterschriftensammlung gegen den NDAA angekündigt, viele weitere Organisationen setzen ebenfalls eine Petition auf.

Im US-Senat selbst, in dem 97% der Senatoren für das Gesetz gestimmt haben – eine ungeheuer hohe Zahl in Anbetracht des Inhalts -, erhält der Widerstand eine Person in Form von Ron Paul, einem Mitglied der Republikaner. So bezeichnet er das Gesetz als „Fehltritt in die Tyrannei“. Weiterhin sei er sich fast sicher, dass es den „Abstieg in den Totalitarismus“ beschleunigen werde. Des Weiteren spricht er davon, dass durch das NDAA Kriegszustände eingeläutet werden würden, indem die Rechte während dieser Zeit ausgesetzt, die Bill of Rights ihre Bedeutsamkeit verlieren und so die gesamten Vereinigten Staaten von Amerika zu „einem Schlachtfeld im Krieg gegen den Terror“ gemacht werden würden. In all dem sieht er eine „sehr gefährliche Entwicklung.“

Auch Obama selbst, von dem eigentlich zunächst erhofft wurde, dass er sein Veto gegen das Gesetz einlegen würde, zeigt sich zutiefst bedrückt: „Ich unterzeichne dieses Gesetz, obwohl ich ernsthafte Vorbehalte gegen bestimmte Regularien hege, die die Festnahme, Vernehmung und strafrechtliche Verfolgung von mutmaßlichen Terroristen betreffen.“ Wieso er dann überhaupt dem NDAA seine Unterschrift gab, ist fraglich.

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Mediale Berichterstattung in Deutschland

Es ist erschüttern, dass dieses höchst umstrittene und gefährliche Gesetz, das von diversen Seiten massive Kritik erfährt und jeden Juristen, Politiker und Menschenrechtler entsetzen sollte, in den öffentlichen wie auch privaten Fernsehsendern keinerlei Ansprache fand. Sogar im Internet findet sich kein einziges Wort von ARD und ZDF zu diesem einschneidenden Ereignis, das am 31.12.2011 in den USA stattfand. Als einziges, halbwegs bekanntes Internetportal berichtete Spiegel Online von der Signierung des NDAA durch Barack Obama. Ansonsten fanden sich lediglich einzelne Blogger, sozialistische und kommunistische Websites sowie kleinere Zeitungen, die darüber berichteten. Wenn man jedoch wirklich etwas mehr erfahren möchte, führt kein Weg nach englischsprachigen und amerikanischen Websites vorbei.

Sollen wir es nicht hören oder haben unsere Medien dieses Ereignis aufgrund der Feierlichkeiten an Silvester verpennt? Fraglich ist, welche Intention hinter dieser Zurückhaltung von Informationen für die breite Bevölkerung steckt und ob dies ein Zeichen für die Gefährlichkeit des NDAA ist. In jedem Fall ist es wichtig, dass so viele Menschen wie möglich von diesen fatalen und menschenrechtswidrigen Entwicklungen in den USA aufmerksam gemacht werden müssen.

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Gefahr für die Zukunft?

Ob und inwiefern das US-Militär Gebrauch von dem neuen Gesetz macht, kann man noch nicht sagen, jedoch ist allein die Vorstellung, dass jeder Mensch aufgrund der willkürlichen Verdächtigung durch das Militär entrechtet und für unbestimmte Zeit festgesetzt werden kann, enorm erschreckend und entsetzend.

Die Beobachtung der USA auch in Hinblick auf die NATO sollte nun in jedem Fall erfolgen, denn die Möglichkeiten, die das NDAA geschaffen hat, reichen bis zur Verwirklichung einer Militärdiktatur.



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