Navid Kermani, Foto: Wikipedia
Navid Kermani mag den Lesern des Blog nicht unbekannt sein. Sein Bücher und seine kritische Haltung zum Islam sind mir häufig Anregung und Inspiration gewesen. Nun allerdings zeigt sich, dass er nicht aus seiner Haut kann. Er wehrt sich fehement gegen das Kölner Beschneidungsurteil; unterstellt den Befürwortern des Urteils Antisemitismus und meint, dass die Säkularisation in Deutschland fehlgeleitet sei:
Deshalb geht dieses Urteil und geht mehr noch die gesellschaftliche Zustimmung zu diesem Urteil über die Vorbehalte gegen das Judentum und den Islam hinaus – es bestreitet insgesamt die Akzeptanz einer religiösen Weltanschauung. Das spüren die Kirchen ja auch, deshalb kommt von dort ebenfalls Protest.(1.)
Nichts kann falscher sein.
Denn niemand verbietet die Beschneidung per se – sondern es geht einzig und allein um die Beschneidung des unmündigen und wehrlosen Kindes. Wer mag – ob Jude, Moslem oder Atheist, kann sich – so er volljährig ist – gern beschneiden lassen.
Aber wer sagt:
Ja, es ist der Fundamentalismus einer aufs „Diesseits“ fixierten Weltsicht, die nichts gelten lässt, was außerhalb ihres eigenen beschränkten Blickfelds liegt
zeigt deutlich, dass er Toleranz nur innerhalb der eigenen Anschauung akzeptiert. Den eigenen Balken im Auge nicht sehend denen, die sich frei machten von Dogmen, eine aufs “Diesseits fixierte Weltsicht” vorzuwerfen, kann – wenn es nicht so traurig wäre – nur mit einem befreienden Lachen beantwortet werden.
Und welchen Hirnwurm Kermani da in sich trägt, zeigt dann leider mehr als deutlich diese Aussage:
Ich halte die Beschneidung nicht für eine Körperverletzung im strafrechtlichen Sinn. Und der Eingriff in die Autonomie des Kinds ist, worauf gerade der Theologe Klaus Berger hingewiesen hat, bei der Taufe viel größer, wenn man einmal zu Ende denkt, was die Taufe symbolisiert, nämlich ihrer Substanz nach ein Mitgekreuzigtwerden…
Ich übersetze das mal: “weil ich, Navid Kermani, nicht begreifen kann, dass die Beschneidung von unmündigen Jungen ein Eingriff in deren Recht auf körperliche Unversehrtheit ist, zeige ich mal mit ausgestrecktem Finger auf die christliche Kirche.”
Als gäbe es keinen Unterscheid zwischen einem eher symbolischen Akt (die Taufe) und einem deutlich sicht- und spürbaren Vollzug der Beschneidung. Wenn dieser Vergleich richtig wäre, müssten den Täuflingen Nägel durch die Hände geschlagen werden. Das wäre dann vergleichbar!
Wie blind Kermani ist, zeigt aus diese Aussage:
Es kann nicht Aufgabe des Staats sein, unmittelbar und tief in religiöse Lehren und daraus folgende Praktiken einzugreifen, wenn diese nicht offensichtlich gegen Menschenrechte verstoßen.
Ich mag mal ein anderes Zitat dagegenstellen:
Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.
Das ist das Grundgesetz. Artikel 2; Absatz 2. Ich halte diesen Passus des GG sehr wohl für eine Menschenrechtsbestimmung. Und das im Absatz 4 definierte Recht auf freie Religionsausübung kann nicht den Artikel 2 verletzen.
Es mag Navid Kermani nicht vorzuwerfen sein, dass er so denkt wie er denkt. Er ist so, wie er ist, weil er wurde, wie er ist. Er ist nicht frei in seinem Willen und nicht in der Lage, eine objektive Sichtweise zu entwickeln. Er muss sich irren. Denn Jeder verteidigt, was ihm als Kind eingetrichtert wurde. Die einen die Taufe, die anderen halt die Beschneidung.
Ich bin ein wenig erschüttert darüber, dass sich einer von denen, denen ich zugestanden habe, einen eher aufgeklärten Islam zu vertreten, dann doch scheuklappenblind zeigt.
Nic
(1.) Alle Zitate von Kermani aus: http://www.fr-online.de/politik/navid-kermani–aufs-diesseits-fixierte-weltsicht-,1472596,16542516.html