Die Zeit des Jahres, die selbst die blassesten Stubenhocker raus lockt, ist gekommen. Laut Wetterbericht sollen Temperaturen, Stimmung und fehlgeleitete Ambitionen, zusammen mit den dafür angeschafften Sportgeräten, schon zum Wochenende wieder im Keller versinken.
Für mich ist dies regelmäßig die Zeit im Jahr, in der ich mir einbilde zur Tierhaltung geeignet zu sein. Wenn schon um 6 Uhr die Sonne in mein Fenster scheint und abends die Hitze des Tages vom Asphalt auf meine leichtbekleideten Schultern abstrahlt, keimt in mir die Selbstlüge: „Ich wäre eine super Hundehalterin! Wenn ich jetzt einen Hund hätte, könnte ich noch mehr draußen sein! Draußen sein, finde ich ja soooo toll!“ Dann blende ich sogar die Kotbeutelspender aus, die meinen Weg flankieren und mir schon mehrfach so sehr an den Appetit gingen, dass ich meinen Kaffeebecher halbgeleert wegwarf. Als Stadtbewohnerin habe ich aber eigentlich völlig falsche Vorstellung von Natur. Zu meinen liebsten Outdoor-Aktivitäten zählen: Weinschorle im Biergarten schlürfen und meinen Hintern im Außenbereich eines überteuerten Spas auf einer gepolsterten Liege in die Sonne halten.
Meine bessere Hälfte ist von der Heimtieranschaffung ebenfalls nicht zu überzeugen. Er kennt mich besser, als ich mir einrede zu sein und musste erleben, wie selbst die resistentesten Blumen vor meinen Augen vertrockneten, weil meine Begeisterung noch kürzer währt als der deutsche Sommer.
„Du könntest selbst Plastikblumen dazu bringen zu verwelken!“ hat er mir vorgeworfen, woraufhin ich antwortete: „Und das ohne einen Finger zu rühren. Einfach so! Ich bin ein Naturtalent.“
Während er noch den Kopf schüttelt, scrolle ich mich schon wieder durch die Seiten der hiesigen Tierheime und lese Partneranzeigen aus Hunde-Katzen- und Meerschweinchen-Perspektive von armen Lebewesen, die nach Schokoriegeln oder Limonadenmarken benannt wurden. Dann ist da z.B. Katze Blackberry, deren Schicksal ebenso kümmerlich verlief, wie das der Handymarke. Hund Nike beendet jeden zweiten Satz mit einem Smiley. Ironischerweise trägt eine sogenannte „Rassenfälschung“ aus Osteuropa den Namen einer spanischen Modekette, die Laufstegkleidung dank außereuropäischer Produktionsorte günstig nachschneidern lässt.
Dies und die von menschlichen Ghost-Writern verfassten Pseudo-Autobiografien lassen mich merken, dass diese armen Tiere bereits zu viel Leid erfahren mussten und müssen, als dass man sie noch mit mir als Frauchen strafen sollte. So schlendere ich wohl auch in diesem Jahr lieber nur mit einer Kugel Eis durch die Parks von Köln.
Nicht mein Hund, aber die übliche Reaktion, wenn ich mich Tieren nähere: Sie stellen sich sofort tot. Blumen tun dies übrigens auch. Nur Tauben laufen munter weiter auf mich zu, während meine Bremse blockiert…