Der niederländische Künstler Elmo Vermijs liebt seine Heimat an der Küste der Insel Terschelling. Von Polder und Wattenmeer umgeben, ist die Landschaft einzigartig. In seiner aus Naturmaterialien bestehenden Ausstellung Grounded möchte er den Besucher sensibilisieren für die Zukunft der Insel. Denn diese wird zunehmend bedroht: vom Klimawandel, Touristenströmen und aktuell vom Containermüll nach der Havarie des Containerschiffs „MSC Zoe“. Diese Faktoren stellen Terschelling vor große Herausforderungen.
Terschelling ist eine von fünf bewohnten westfriesischen Inseln und liegt etwa 15 km entfernt von der Nordseeküste. Das Besondere an der Insel sind die Polder: Bodenflächen, die aus dem Meer entstehen und zu landwirtschaftlichen Nutzflächen umgewandelt werden. Sie sind von Deichen umgeben und liegen meistens tiefer als der sie umgebende Meeresspiegel.
Elmo Vermijs Ausstellung Grounded entstand im Rahmen des Oerol Festivals, sie besteht aus zwei Teilen – einer Installation unter freiem Himmel sowie einer Rauminstallation und Ausstellung in einer Scheune. Der junge Niederländer stellte sein Kunstwerk aus Naturmaterialien her. Er möchte die Besucher sensibilisieren, damit sie ihr eigenes Handeln kritisch reflektieren. Bisher besuchten 7500 Menschen die Ausstellung.
Zum Lauschen gemacht – Soundmirror
Am Beispiel des Schnepfenvogels (niederländisch: Grutto) zeigt der Künstler die enge Verflechtung von Mensch und Natur. In der Vergangenheit wurde der einheimische Singvogel von Touristen gestört und am Brüten gehindert, er war vom Aussterben bedroht. Um die Besucher auf die Tiere aufmerksam zu machen, fängt die Installation die Geräusche der Vögel ein, reflektiert und verstärkt sie. Das hilft den Touristen, Abstand zu halten, damit die Tiere in Ruhe brüten können. Mittlerweile steht der Vogel unter Naturschutz.
GROUNDED.ElmoVermijs.Oerol2018 from elmo vermijs on Vimeo.
Um die Vogelgeräusche zu verstärken, hat der Künstler sich das Prinzip eines Hohlspiegelmikrofons zunutze gemacht. Hohlspiegelmikrofone wurden während des 1. Weltkriegs entwickelt. Damals gab es noch keinen Radar und man setzte sie zur Lokalisation von Geräuschen ein. So konnte man die feindlichen Flugzeuge bereits hören, bevor man sie erspäht hatte. Heute setzt man Hohlspiegelmikrofone häufig in Windkanälen ein, und um Geräusche von Fahrzeugen wie Autos oder Flugzeuge zu untersuchen. Kleinere Systeme können von Geheimdiensten für Abhörmaßnahmen verwendet werden.
Perspektive – auf Naturmaterialien durch die Ausstellung
In einer Scheune auf der Insel befindet sich der zweite Teil der Ausstellung. Perspektive ist gleichzeitig Rauminstallation und Ausstellung und zeigt die Vielfältigkeit des Polders. Die Besucher gehen barfuß über Naturmaterialien wie Kompost und Vogelfutter. Dadurch können sie den Blickwinkel von Vögeln einnehmen und sich so in die Tiere hineinversetzen.
Vermijs hat ausschließlich natürliche und lokale Materialien verwendet – zum Beispiel Kompost, getrockneten Stalldung und Lehm. Das Besondere daran ist, dass heimische Singvögel diese Naturmaterialien als Futter und zum Nestbau verwenden. Besucher sollen sich vor allem auch um die Zukunft des 160 Jahre alten Polders in Terschelling Gedanken machen, denn dieser ist durch den Klimawandel stark bedroht.
Trotz Klimawandel optimistisch in die Zukunft
Ein Viertel der Niederlande liegt unter dem Meeresspiegel. Die wohlhabende Industrienation verfügt über jahrhundertelange Erfahrung in der Landgewinnung: Große Teile des Landes hat sie in der Vergangenheit bereits aus dem Meer gewonnen und es zu Farmland umgewandelt. Deswegen blickt sie dem Klimawandel und dem damit verbundenen Anstieg des Meeresspiegels zwar wachsam, aber optimistisch entgegen. Der wissenschaftliche Fortschritt könnte es den Niederländern auch in Zukunft erlauben, ihr Land weiterhin zu bewohnen. Ingenieure setzen darauf, ihre Strategien an die natürlichen Begebenheiten anzupassen: Zum Beispiel, höhere Deiche zu bauen und ursprüngliche Stauräume für Wasser zu entwickeln. Der Klimawandel wird weltweit für Unruhen und zu einer Umstrukturierung von Lebensräumen sorgen. Achtsamkeit im Umgang mit der Natur ist eine gute Voraussetzung dafür, dass die Niederländer auch in Zukunft ihre tief liegende Heimat bewohnen könnten.
Elmo Vermijs jedenfalls kann zumindest teilweise aufatmen, der Schnepfenvogel steht nun unter Naturschutz. Dennoch bleibt die Frage: Was wird die Zukunft bringen für die Polder Terschellings und die Inselbewohner?