Nanu Nano

Ich bin erstmals nach Jahren der Niederlassung mit einem Verschwörungstheoretiker zum Thema Impfen konfrontiert worden. Wenn man durchs Netz streift, bekommt man zuweilen den Eindruck, 9/10 aller Seiten, die sich mit dem Impfen beschäftigen, sind impfkritische Seiten, und die Hälfte von diesen bauen auf hysterischen Thesen der Weltverschwörung auf (Ausrottung der Menschheit, Abzocke der Pharmaindustrie zum Aufbau einer globalen Herrschaft etc.).

Das wiederum impliziert unwissenden und verunsicherten Eltern, 9/10 der Eltern würden nicht impfen oder jedenfalls “nur das Nötigste” (was bei den sehr kritischen allenfalls Tetanus bedeutet – vermutlich das geringste Risiko einer Infektion, wenn auch unausrottbar, weil nicht von Mensch zu Mensch übertragbar… ich drifte ab). Das ist mitnichten so. Viele Studien und (hier: nicht repräsentative) Umfragen hergeben, dass die Zahlen sich genau anders verhalten: Die meisten Eltern lassen ganz normal impfen.

Vater: “Das Impfen, das lassen wir aber, nicht wahr?”
Ich: “Oh, was macht Ihnen Sorgen, kann ich die irgendwie zerstreuen?”
Vater: “Sie ganz sicher nicht. Da habe ich mich schon genug belesen.”
Ich: “Was macht Sie denn konkret so kritisch?”
Vater: “Wir lassen unserem Sohn nicht mit Nanopartikeln zur Überwachung vollpumpen… Können Sie nachlesen.”
Ich: “Aha …. und was genau ist mein Part bei der Sache?”
Vater: “Das brauche ich Ihnen wohl nicht zu erklären.”
Ich: “Doch, das würde mich jetzt schon interessieren.”
Vater: “Ich sage nur: Pharmaindustrie, Lobbyismus, Politiker, Geld, Überwachung … NSA?”

Er wirkte richtig gelangweilt bei der Aufzählung, so wie wenn man einem Kind zum hundertsten Mal sagen muß, dass es um 20 Uhr ins Bett geht, und dem geduldigen Wiederholen irgendwann die Resignation im Erklären folgt.

Lange habe ich nicht diskutiert. Das mache ich auch bei meinen Kindern nicht. Ich blieb höflich freundlich, habe mich mit einem Handschlag verabschiedet und dem Säugling – wie ich das immer tue – viel Gesundheit gewünscht. Der Mutter gab ich den freundlichen Hinweis, sich eine andere Arztpraxis zu suchen, während der Vater weiter im Hintergrund seine Theorien ins Publikum lamentierte. Er redete noch weiter, als ich schon längst den Raum verlassen hatte. Ab einem bestimmten Punkt hatte alle Empathie ein Ende.


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