Meine Mitarbeiterin Elvira Nyika fragt, “Auf welches Konto soll ich die Schulgebühren für Lionel buchen ?” Ich stutze kurz, dann merke ich, dass sie den Namen Rainery so ausgesprochen hat, dass ich “Lionel” verstanden habe – L und R werden in vielen Mundarten hier verwechselt. Ich sage, “Rainery Mwanyika ist doch ein Vetter von dir, oder ?” Sie: “Ich kenn ihn nicht.” Ich: “Der Messdiener, der in Hanga zur Schule geht und sich in den Ferien hier oft um die Hunde kümmert.” Sie: “Ach der, das ist mein Vetter.”
Namen sind hier schwierig, zum einen werden die Vornamen fast immer anders ausgesprochen, als ich das erwarte (“Lionel” statt “Rainer”), dann haben viele in der Taufe einen anderen Vornamen bekommen, als sie ursprünglich hatten. Der Chef unseres Gästehauses z.B. ist auf den Namen Ladislaus getauft worden, vor der Taufe aber hieß er Thomas. Den meisten Gästen stellt er sich als Thomas vor, weil das leichter auszusprechen ist. Ich kannte ihn aber als Ladislaus und brauchte einige Zeit, bis ich merkte, wer gemeint war, wenn die Gäste von “Thomas” sprachen.
Nachnamen sind auch nicht so einfach. Bei Männern steht in unserer Gegend oft ein “Mwa-” vor dem Nachnamen, bei Frauen ein “Sa-”. Aber in offiziellen Urkunden werden diese Vorsilben manchmal weggelassen. Deshalb wird Elvira manchmal “Sanyika”, und manchmal “Nyika” genannt. Ihr Cousin Rainer heißt “Mwanyika”.
Am Sonntag war ich auf unserem Außenposten Yakobi (wie der Name schon verrät, ist der Ort vor über 100 Jahren von deutschen, evangelischen Missionaren gegründet worden) zur Messe. Ich fragte die beiden Messdiener, Schüler der sechsten Klasse, nach ihrem Namen. “Flans Mwanyika”, sagt der eine. Ich frage gleich, ob er mit Elvira verwandt ist. Ja, sie ist seine Cousine. “Dann hast du auch einen Cousin, der in Hanga zur Schule geht”, sage ich, aber er behauptet, niemanden zu kennen, der dort zur Schule geht. Nach der Messe gibt es wie immer Mittagessen beim Katechisten. Eine junge Frau ist auch da, sie stellt sich als Frau Nyika vor. Sie kennt die Familienverhältnisse der Nyika / Mwanyika ziemlich gut, weiß sofort, dass ihr Großvater und Rainers Großvater Brüder waren, dass der junge Flans (natürlich derselbe Name wie Franz) ihr Vetter ist. “Der ist noch jung, der weiß noch nicht, wer alles zur Familie gehört”, sagt sie.
Namen sind Schall und Rauch
Autor des Artikels : rsk6400
Zum Original-ArtikelErlebnisse eines deutschen Mönchs im Alltag auf Kuba.