nairobi ist für uns ein brennpunkt mit folgen.

Von Bernhard Jenny @bernhardjenny

wir haben eine reise hinter uns. eine für uns selbst überraschend eingetretene. morgen vor zwei wochen erreichte uns ein hilferuf aus vorarlberg.

eine heute 37 jährige somalische frau, die mit 4 jahren in das grösste flüchtlingslager der welt, dadaab in kenia, gekommen war – nachdem sie ihre gesamte familie verloren hatte – und dort aufgewachsen ist und mutter von sechs kinder wurde, ist nach einer einjährigen flucht über libyen – mit allen schrecken, die eine solche flucht für eine frau bedeuten – 2017 nach vorarlberg gekommen. sie wird dort vom verein vindex betreut und arbeitet bereits in sozialen einrichtungen.

vor einiger zeit hat sie einen positiven bescheid und aufenthalt bekommen und seither versuchte sie verzweifelt, ihre sechs kinder und ihren mann im rahmen der familienzusammenführung nach österreich zu holen. das war alles andere als einfach, die fremdenbehörde schenkte den vorgelegten unhcr-geburtsurkunden und der heiratsurkunde keinen glauben. nun konnte die mutterschaft für die sechs kinder über DNA-tests eindeutig belegt werden, daher dürfen die kinder (im alter von 12 bis 4) nun nach österreich kommen, der ehemann und ziehvater der kinder aber vorerst nicht, da die heirat angezweifelt wird.

die mutter konnte ihre kinder nicht selbst abholen. daher hat der betreuende verein vindex dringend als begleitung gesucht, der/die bereit ist mit 6 kindern von nairobi nach frankfurt zu fliegen.

cristina und ich sind also vor mehr als einer woche nach nach nairobi geflogen, haben dort mit ali wajid 5 unvergessliche tage verbringen dürfen und dabei auch den kontakt zu den 6 kindern aufgebaut, damit sie uns schon kennen, wenn sie das erste mal in ihrem leben in ein flugzeug steigen.

was uns im zuge dieser reise begegnet ist, welche erlebnisse wir hatten und was das alles in uns auslöst, das würde hier den rahmen des artikels sprengen. in den kommenden tagen und wochen werden wir versuchen, einzelne aspekte zu beleuchten.

soviel sei aber jetzt schon klar gestellt:

ali wajid
das wiedersehen mit ali, die vielen gespräche und unternehmungen, diese fünf tage gemeinsam in nairobi waren ein ganz besonderes geschenk. ali wajid bereitet sich intensiv auf seine rückkehr nach salzburg vor und in der österreichischen botschaft haben wir die notwendigen schritte dorthin definieren können. das alles müssen wir nun step by step erledigen. während der restlichen zeit in kenia, aber auch danach in österreich wird ali weiterhin auf intensive unterstützung von uns allen angewiesen sein!

panairobi
das von der salzburgerin susi kerschbaumer gegründete strassenkinderprojekt panairobi leistet wertvolle arbeit in einem der grössten slums nairobis, in mathare. über dieses projekt berichten wir auch noch genauer in den nächsten tagen und wochen.

die sechs somalischen kinder
als die mutter am frankfurter flughafen ihre kinder nach drei jahren endlich wieder in ihre arme schliessen konnte, waren wir alle von diesem einmaligen moment überwältigt. eva fahlbusch vom verein vindex und ihre helferin wussten in diesem moment wie auch cristina und ich: es ist geglückt, die kinder wieder mit ihrer mutter zu vereinen. die seligen blicke, die strahlenden gesichter werden wir niemals vergessen.

die eine welt
stärkere kontraste als jene, die wir in der vergangenen woche in nairobi gesehen haben, sind kaum vorstellbar: idyllisch schöne landschaften und grosszügige weite in faszinierender natur in den vorstadtvierteln, pulsierende grosstadt mit einem unpackbaren – aber auch faszinierendem – verkehrschaos, das taxiffahrer zur anweisung an ausländische fahrgäste „don´t look the traffic“ veranlasst und eine erschütternde armut in den slums, in welchen mehr als 60% der bevölkerung leben. dass das alles mit uns zu tun hat, wollen wir verdrängen, ist aber spätestens dann, wenn du mitten in dem drama stehst, nicht mehr übersehbar.

wir sind erst am sortieren unserer gefühle. und ja, es treibt uns manchmal die tränen in die augen, wenn wir uns an so manche szene nackter armut in den slums erinnern. wir sind dankbar für die gelegenheit, bei der familienzusammenführung von sechs kindern und ihrer mutter einen beitrag geleistet zu haben. und wir sind froh, ali eine woche lang als feinfühligen begleiter erleben zu dürfen.

diese reise verändert uns.
wie, das wissen wir noch nicht.
aber wir haben noch viel aufzuarbeiten.

nairobi ist für uns ein brennpunkt mit folgen.

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fotos: cristina colombo, austin waziru (1)
cc by nc

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