Nadav Kander und Robert Polidori in der Galerie Camera Work

Von Thomas_robbin

In der Berliner Galerie Camera Work wird am 22. Januar 2011 eine beachtenswerte Doppelausstellung eröffnet: Fotos von Nadav Kander zeigen den enormen strukturellen Wandel entlang des chinesischen Flusses Jangtse, Bilder von Robert Polidori dokumentieren 25 Jahre nach der Katastrophe das Gebiet um den Kernreaktor von Tschernobyl.

Ausstellungsankündigung

Die Berliner Galerie Camera Work zeigt vom 22. Januar bis 12. März zwei Ausstellungen der Fotografen Nadav Kander und Robert Polidori. Beide beschäftigen sich mit den Auswirkungen menschlicher Eingriffe in Umwelt und Natur. Zu sehen sind die Reportagen “Yangtze - The Long River” von Kander sowie “Pripyat and Chernobyl” von Polidori.

Nadav Kanders im Jahr 2009 mit dem renommierten Prix Pictet ausgezeichnete Fotostrecke dokumentiert den strukturellen Wandel entlang des chinesischen Flusses Jangtse. Dazu ist im vergangenen Jahr im Hatje Cantz Verlag auch ein Buch erschienen, das nun als Katalog die Ausstellung begleitet.

Robert Polidori gehörte zu den ersten Fotografen, die im Jahr 2001 Zugang in die Sperrzone der ukrainischen Arbeiterstadt Pripjat und dem angrenzenden Kernkraftwerk Tschernobyl erhielten. Am 26. April 2011 jährte sich der nukleare Unfall im Kraftwerk zum 25. Mal. Eindrucksvoll dokumentieren Polidoris Fotografien die Auswirkungen der sicherlich größten industriellen Katastrophe der Nachkriegszeit.

Nadav Kanders sonnenarme, in weißen Dunst und Nebel getauchte Fotografien spiegeln die epochalen Veränderung Chinas wieder. Der Jangtse, die Lebensader Chinas und der drittgrößte Fluss der Erde, ist dabei zu einem Symbol der sich unaufhaltsam wandelnden Nation geworden. Über drei Jahre, von 2005 bis 2007, ist Kander immer wieder an den Fluss zurückgekehrt, um das Leben in den über 186 Städten und unzähligen Siedlungen von der Mündung bis zu der Quelle im Himalaja zu dokumentieren. Gigantische Brücken, unter denen beschaulich gepicknickt wird, kolossale Betonburgen für Tausende von Menschen oder Berge aus Schutt und Schlamm, zwischen denen eine Frau ihr Geschirr spült, stehen im harten Kontrast zu den letzten Spuren der ursprünglichen Natur, die mancher Orts nur noch zu erahnen ist.

Fünfzehn Jahre nach der fatalen Kernschmelze im Atomkraftwerk Tschernobyl näherte sich Robert Polidori im Jahr 2001 mit seiner Großformatkamera nüchtern und distanziert dem Ort des Schreckens. Polidori gehörte zu den ausgewählten Personen, denen sogar Zutritt in den Kontrollraum des explodierten Blocks IV gewährt wurde. Lediglich für fünf Minuten durfte der Fotograf den lebensbedrohlichen Raum mit Schutzanzug und Gasmaske betreten. Polidori ermöglicht dem Betrachter einen schauderhaften Blick in einen mittlerweile extraterrestisch anmutenden Ort, an dem eine fatale Kette an menschlichen Fehlentscheidungen zu einer unvergleichbaren Katastrophe geführt hat.

Polidoris in der Arbeiterstadt Pripjat entstandenen Fotografien zeigen wiederum eindrucksvoll auf, wie fluchartig die Bewohner ihr Leben hinter sich lassen mussten. Diverse Plünderungen im gefährlichen Sperrgebiet haben mittlerweile das ursprüngliche Bild zerstört, jedoch spürte der Fotograf noch Spuren des gesellschaftlichen Lebens auf. Die blutrote noch beschriftete Tafel in einem Klassenzimmer, die unheilvoll über dem Boden verstreuten Gasmasken oder die Überreste eines Operationssaals sind allgegenwärtige Indizien, die den Betrachter erahnen lassen, welche panischen Szenen sich damals abgespielt haben müssen.

Nadav Kander fotografiert für unterschiedliche Magazine wie Another Man, Dazed & Confused, The Rolling Stone, The Sunday Times Magazine, The New York Times. Seine Werke befinden sich unter anderem in den Sammlungen des Victoria and Albert Museum (London) und der National Portrait Gallery (London) und werden darüber hinaus in der Royal Photographic Society (Bath), dem Tate Museum (London) und dem Palais de Tokyo (Paris) ausgestellt. Nadav Kander ist in Israel geboren, in Südafrika aufgewachsen und lebt in London.

Robert Polidori wurde im Jahr 1951 im kanadischen Montreal geboren und lebt derzeit in New York und Paris. Umfangreiche Fotoreportagen in Zeitschriften wie The New Yorker - deren Redaktionsfotograf er neben Martin Schoeller ist - Architectural Digest, Geo oder Vanity Fair begründeten Polidoris internationalen Erfolg, der durch Preise wie den Deutschen Fotobuchpreis oder den Alfred-Eisenstaedt-Award offiziell gewürdigt wurde. Internationale Museumsaustellungen wie im Metropolitan Museum (New York), im Martin-Gropius-Bau (Berlin) oder im Musée d’Art Contemporain de Montréal (Montreal) ergänzen seine zahlreichen Galerienausstellungen. Neben Aufnahmen aus den Palästen der Welt wie Versailles oder dem Kreml dokumentiert Robert Polidori die oftmals verheerenden Auswirkungen des menschlichen Eingriffs in seine Umwelt. Exemplarisch sei neben seiner Serie zur Reaktorkatastrophe in Tschernobyl die Dokumentation zu den Auswirkungen des Hurrikans Katrina im Jahr 2005 genannt. Im Steidl Verlag erschienen der Band “Sperrzonen: Pripyat und Chernobyl”.

Quelle: Red Box

- Galerie Camera Work
- Website des Fotografen Nadav Kander
- Website des Fotografen Robert Polidori

Buchveröffentlichungen

Nadav Kander
Yangtze – The Long River
Verlag Hatje Cantz
Format: 34,8 x 27,7 cm
188 Seiten, 77 farbige Abbildungen
Text in Englisch und Deutsch
58,– €

Robert Polidori
Zones of Exclusion: Pripyat and Chernobyl
Verlag Steidl & Partners
Mit einem Vorwort von Robert Polidori
Format: 38,5 x 30 cm
112 Seiten, 190 farbige Abbildungen
60,– €

Ausstellung

Galerie Camera Work
Kantstraße 149
10623 Berlin
22. Januar – 12. März 2011