Ich höre ein kurzes lautes “Blong!” und werde davon wach.
“02:02″ zeigt das Display meines Phones – was ich schnapszahlig finde. Will ich mich zur Seite drehen, um weiter zu schlafen, da höre ich dreimal kurz “Blong!-Blong!-Blong!” in die Stille hinein. Und NICHTS geschieht bis eine Sturmklingel die nächtliche Stille zerschellt.
Irgendwo im Haus wird heftig geläutet. Es folgen das Geräusch des Summers – auch gut zu hören, in einer ansonsten ruhigen Nacht – polternde Schritte im Hausflur und eine kreischende Frauenstimme. Die von einer dunklen Männerstimme immer wieder kurz unterbrochen wird – “Rhabarber-Rhabarber” – um hernach erneut zu kreischen.
“Wie siehst du denn aus?”
Was für eine blöde Frage!
Was soll man darauf antworten – egal wie man aussieht. “Siehste-doch!”, vielleicht?
“Diese Ehe wird nicht lange Bestand haben”, denke ich nun. Weil ich mir gut vorstellen kann, wie das ist: Man(n) hat sich mit den besten Freunden auf ein Bier verabredet, um noch einmal kurz vor dem anstehenden Fest Wirklichwichtiges zu bereden und wird vom Heimgang abgehalten. Weil ein Freund Erfolg hatte, ein anderer Pech. Und rasch gesellen sich weitere Bierchen zum Gespräch. Ein alter Kumpel hat ein Problem gelöst – darauf ein Schnäpschen! – und plötzlich ist man beschwipst. Weiss nicht mehr, wo der Nachtbus hält, verliert Brieftasche und Schlüssel, läuft schwankend bis man endlich-endlich vor der angestrebten Tür steht.
“Wie siehst du denn aus?”
Das Worst-Case-Szenario.
Wenn jemand nüchtern, der mit Betrunkenen Streit sucht, ist das unfair.
Eine Deutsche ist offenbar stets geneigt, jeden auch noch so kleinen Vorteil für sich selbst zu nutzen. Selbst wenn alles andere, die Ehe eingeschlossen, hierfür zusammenbricht. Und: Der Mann wird sich später rächen – sonst wäre er kein Mann. Zwei, drei Monate könnte es dauern – DANN ABER RICHTIG! In Gestalt eines Kommentars, wenn sie einparkt oder lustiger: mit der Frage, nachdem ihr eine Mehltüte aus der Hand glitt.
“Wie siehst du denn aus?”
Man rächt sich anschließend hin und her – bis das Herr Tod sie scheidet.
Eine Ukrainerin ist anders. Als ich das erste Mal unschuldig-verloren und beschwipst vor einer Tür stand, die von Lenchen geöffnet wurde, sah sie mich, ERKANNTE FRAGLOS, WIE ICH AUSSAH und sprach mitfühlend:
“Oh-je, da wird dir morgen aber der Kopf schmerzen! – … – Was für ein Glück, dass wir noch Bier im Kühlschrank haben! – Zur Похмелье!”
Seither liebe ich sie stärker als zuvor.