Er triumphierte über den Rassenhass: Nelson Mandela. Seine Lebensgeschichte ist die Geschichte vom Freiheitskampf der schwarzen Südafrikaner. Mandelas ursprünglicher Name ist Programm: Rolihlahla bedeutet so viel wie Querulant - und tatsächlich: schon der junge Mandela will sich nicht mit der unsäglichen Trennung von Weißen und Schwarzen (Apartheit) abfinden. Seine einflussreiche südafrikanische Familie aus dem Volk der Xhosa ermöglicht ihrem Sprössling nicht nur eine unbeschwerte Kindheit und Jugend, sondern auch ein Studium. Diese Chance lässt Mandela nicht ungenutzt. Englisch studiert er, um die Kultur der westlichen Demokratien zu verstehen und die Sprache Europas und Amerikas zu sprechen. In Politikvorlesungen setzt er sich, um zu lernen, wie Staaten- und Völkerlenker ticken: Die Eingeborenenverwaltung schließlich begreift er als praktische Vorbereitung auf eine Karriere in der südafrikanischen Ministerialbürokratie. Aber dann kommt alles anders.
Obwohl sich Mandela wie Martin Luther King auf Mahatma Gandhis Prinzip des gewaltlosen Protests gegen die Rassentrennung festgelegt hat, schließt er sich dann doch dem bewaffneten Widerstand an. Das macht ihn zum Staatsfeind. Zwar endet ein erster Prozess in den 1950er Jahren mit Freispruch, aber das währt nicht lange. 1964 wird er wegen der Vorbereitung des bewaffneten Kampfes zu lebenslanger Haft verurteilt.
Mandelas Zelle auf Robben Island (Paul Mannix)
Mandela wird hoch erhobenen Hauptes abgeführt. Ähnlich wie Fidel Castro hat er in seinem Prozess die Vorwürfe gegen sich gar nicht erst bestritten, im Gegenteil. Er hat den bewaffneten Widerstand als notwendig verteidigt, da die Regierung den gewaltlosen Protest nicht ernst genommen hat. Noch nach einem Vierteljahrhundert als namenloser Häftling mit der Nummer 46664 ist sein Wille ungebrochen. Ein Begnadigungsangebot, das daran geknüpft ist, dem bewaffneten Widerstand zu entsagen, lehnt er entschieden ab. Diese persönliche Prinzipientreue mag streitbar sein - Gewalt ist schließlich auch keine Lösung - aber sie wächst sich nur wenige Jahre später zu wahrhaft historischer Größe aus: Als nämlich Südafrikas Staatspräsdident Frederik de Klerk Mandela 1990 ohne Bedingungen freilässt, da verzichtet Mandela nicht nur auf Waffengewalt, sondern er ruft zu Vergebung und Versöhnung auf.
Versöhner Südafrikas: Frederik de Klerk und Nelson Südafrikas (World Economic Forum)Alle - auch die ehemaligen Anhänger der Apartheit - mögen doch bitte gemeinsam an einem demokratischen Südafrika arbeiten. Das imponiert nicht nur einem gewissen Komittee in Oslo, das Mandela und de Klerk 1993 mit dem Friedensnobelpreis auszeichnet. Auch die Südafrikaner sind begeistert. Ein Jahr darauf wählen sie Mandela zu ihrem Präsidenten. Der frischgewählte Staatenlenker erneuert sein Versprechen: "Wir werden eine Gesellschaft errichten, in der alle Südafrikaner, Schwarze und Weiße, aufrecht gehen können, ohne Angst in ihren Herzen, in der Gewissheit ihres unveräußerlichen Rechtes der Menschenwürde – eine Regenbogennation im Frieden mit sich selbst und mit der ganzen Welt." Nelson Mandela hat mehr als den Grundstein zu dieser Gesellschaft gelegt. Nach langer Krankheit ist er gestern im Alter von 95 Jahren gestorben.