Nicht erst seitdem die Preise für Erdöl und andere Rohstoffe seit gut 2 Jahren wieder in die Höhe schnellen, wird nach Alternativen für unsere aktuelle Materialkultur gesucht. Eine der neuen Rohstoffquellen ist die Rohrkolbenpflanze, die die Evolution seit Jahrestausenden überlebte. Grund ist der besondere Aufbau und die wenigen Ansprüche, die die Pflanze an die Natur stellt. Denn Typha (ihr griechischer Name), bezieht die Nährstoffe nahezu vollständig aus dem Wasser des Bodens, in dem sie gedeiht. Sie hat einen vier Mal höheren Ertrag als Holz und kann ohne die Verwendung von Düngemitteln in trocken gelegtem Moorgelände kultiviert werden. Landwirtschaftliche Bodenflächen werden nicht benötigt.
Der Rohrkolben ist aufgebaut aus langen Fasern und weist ein einzigartiges Schwammgewebe auf. Zudem sind in der Struktur natürliche Öle und Wachse enthalten, die die Biomasse geeignet machen für eine Vielzahl von Anwendungen. Die Naporo GmbH aus Österreich hat sich nun aufgemacht, die Potenziale des Naturprodukts zu erschließen. Als druckfestes Dämmmaterial kann es vor allem zur Wärmisolierung von Dachböden oder Fassaden eingesetzt. In Form eines Einblasdämmstoffs ist die Biomasse für die Zwischensparrendämmung geeignet. Bei der Herstellung hochstabiler und gering gewichtiger Plattenkonstruktionen für Leichtbauanwendungen wird der Anfall unerwünschter Nebenprodukte vermieden. Auf dem Markt sind bereits erhältlich: das Typha Q-Lightboard (TLB) mit hoher Druckstabilität, der Dämmstoff Q-Flex, Pressformteile aus dem Fasermaterial der Pflanze sowie der hochtemperaturbeständiger Proteinkleber NatGlue, mit dem sich auch Verbunde mit Aluminium herstellen lassen. Für die Zukunft wäre die Anwendung der Biomasse auch in Arznei- und Nahrungsmitteln denkbar.
Das Unternehmenswachstum der Naporo GmbH wird seit einigen Monaten mit Kapital von 3M New Venture unterstützt und ihm Rahmen der Corpora Venture Aktivitäten von 3M gefördert.
Das Material ist Teil der Ausstellung Materialien einer nachhaltigen Zukunft vom 21. Oktober bis 25. November 2011 im ELEMENTE Materialforum in Berlin-Kreuzberg (Am Tempelhofes Berg 6, 10965 Berlin), in deren Rahmen auch zahlreiche Vorträge gehalten werden. Zu bestaunen gibt es unter anderem Hochleistungspolymere auf Basis von Rizinusöl, Textilien aus Baumrinde, Fahrradrahmen aus Bambus oder Fasern, die durch Bakterien bzw. Proteine erzeugt werden und vieles mehr.
Weiterführende Links:
> www.elemente-material.de