Nachhaltig Reisen: So hilfst du sowohl Umwelt als auch Einheimischen

Reisen ist dann nachhaltig, wenn zum einen die Natur intakt bleibt und zum anderen die Menschen vor Ort begünstigt werden. Bisher habe ich mich wenig damit auseinandergesetzt, will dies aber im Rahmen der Artikelserie zum Thema Nachhaltigkeit ändern. Dieser Beitrag zeigt dir, wie du bewusster reist und sowohl Umwelt als auch Einheimischen hilfst.

Nachhaltig reisen hilft Umwelt, Land und Leuten

In der Tourismusindustrie werben Veranstalter mit grünen Reisen und Ökotouren. Ob die Angebote wirklich umweltfreundlicher sind, vermag ich nicht zu sagen. Persönlich halte ich wenig von Öko-Resorts und Dingen wie Carbon Offsets, habe mir aber fest vorgenommen, in Zukunft nachhaltiger zu reisen.

Wenn es nur nach dem Klima gehen würde, dann sollten wir am besten das ganze Jahr über Zuhause bleiben und möglichst wenig Energie nutzen. Nachhaltig wäre dieses Verhalten jedoch nicht, da zum nachhaltigen Reisen noch mehr gehört, als nur der Umweltschutz.

Nachhaltiges Reisen wird von der Welttourismusorganisation (UNWTO) wie folgt definiert:

„Nachhaltiger Tourismus berücksichtigt gegenwärtige und zukünftige wirtschaftliche, soziale und ökologische Auswirkungen, wobei die Bedürfnisse von Urlaubern, der Branche, der Umwelt und der lokalen Bevölkerung angesprochen werden.“

Die UNESCO betont den Respekt gegenüber Reisendem und der lokalen Bevölkerung sowie die Bewahrung des kulturellen Erbes und der Umwelt. Sowohl Reisende auch als Einwohner sollen vom Tourismus profitieren.

Es geht nicht darum, auf Reisen zu verzichten, sondern darum, das Reiseverhalten anzupassen und bewusster unterwegs zu sein. In einem Interview mit dem Spiegel sagte Johannes Reißland vom Forum Anders Reisen:

„Nachhaltig sind Reisen, die ökologisch tragbar, wirtschaftlich fair und sozial verträglich sind. Da Nachhaltigkeit die sozialen und wirtschaftlichen Aspekte gleichberechtigt berücksichtigt, wäre es zu einseitig, nur die Umwelt zu betrachten. Auch der ökonomische Aspekt ist bei Fernreisen besonders wichtig, deshalb raten wir auch nicht prinzipiell von Fernreisen ab.“

Das Umweltprogramm der UN (UNEP) gibt hier die klarsten Richtlinien. Es wird hier von drei Hauptprinzipien des nachhaltigen Reisens gesprochen, zwischen denen eine ausgeglichene Balance herrschen sollte:

  • ökologisch: bestmögliche Ausnutzung natürlicher Ressourcen bei gleichzeitiger Erhaltung ökologischer Prozesse und biologischer Vielfalt
  • sozio-kulturell: das kulturelle Erbe, traditionelle Werte und die Einzigartigkeit von Einheimischen respektieren sowie zu interkulturellem Verständnis und Toleranz beitragen
  • ökonomisch: gerechte Verteilung von langfristigen wirtschaftlichen Vorteilen zwischen allen Beteiligten, inklusive der Bekämpfung von Armut, widrigen Arbeitsbedingungen und Bewahrung von stabiler Beschäftigung und Einkommen vor Ort

Nachhaltiger Tourismus bedeutet, verantwortungsvoll zu reisen. Es bedeutet, lokale Kulturen zu respektieren, umweltschonend zu reisen und faire Preise vor Ort zu bezahlen, die am Ende auch bei den Einheimischen ankommt.

Interessante Fakten zum Reiseverhalten der Deutschen

Die Forschungsgemeinschaft FUR veröffentlicht jährlich eine Reiseanalyse, die ein paar interessante Fakten zu unserem allgemeinen Reiseverhalten enthält. Hier einige der Highlights für das Jahr 2013:

  • 54,8 Millionen Deutsche sind mindestens einmal im Jahr für mehr als 5 Tage verreist
  • Im Schnitt wurden 1,29 Urlaubsreisen unternommen (insgesamt 70,7 Millionen)
  • Durchschnittlich wurden 906 Euro pro Person und Reise ausgegeben
  • Beliebtestes Urlaubsziel ist das Inland (30%), gefolgt von der europäischen Mittelmeerregion (25%), den Alpen (9%), Osteuropa (7%) und dann erst Fernreisen (7%)
  • 45% verreisen mit dem Auto oder Wohnmobil, 37% mit dem Flugzeug und 14% mit Bus und Bahn
  • die durchschnittliche Reisedauer beträgt 12,4 Tage pro Person
  • 42% buchen eine Pauschalreise (48% in 2005), 15% buchen gar nichts im Voraus und der Rest bucht einzeln

Ein weiterer interessanter Punkt aus der Studie ist auch, dass Reisende gerne bereit sind, nachhaltiger zu reisen, aber nicht dazu, höhere Preise in Kauf zu nehmen oder die Urlaubspläne zu ändern. Viele Menschen gaben auch an, dass es einfach zu wenig Information zum Thema gibt.

Warum uns das Thema nachhaltiges Reisen alle etwas angeht

Seit der industriellen Revolution sind die Treibhausgase in der Luft um 40% angestiegen (seit 1958 um 25%) und der Temperaturantieg in den nächsten 90 Jahren wird auf 3 Grad geschätzt. Das Artensterben kann trotz großer Bemühungen von NGOs nicht gestoppt werden. Die weltweit ungleiche Verteilung von durchschnittlichen Einkommen könnte größer kaum sein.

Uns geht es in Deutschland verhältnismäßig gut, weshalb wir selten darüber nachdenken, was außerhalb unserer Komfortzone so vor sich geht. Was interessieren und schon hungernde Kinder in Kambodscha, Delfinjagden in Japan, Vergewaltigungen von Minderjährigen in Indien oder verdreckte Flüsse in China?

Es sollte uns interessieren. Wir hatten das Glück in einem sicheren Umfeld aufzuwachsen, dass uns große finanzielle und soziale Freiheiten gibt. Einem Großteil der Weltbevölkerung stehen diese Freiheiten nicht zu.

Wenn ich in Shanghai durch die Straßen laufe, dann sehe ich funkelnde neue Einkaufcenter und überteuerte Restaurants. Nur wenige Chinesen kommen hier her. Der Großteil wohnt immer noch ohne Strom, fließend Wasser und lebt mit weniger Geld im Jahr, als wir für einen Urlaub ausgeben. Diese Menschen denken nicht an Nachhaltigkeit, sie denken darüber nach, wie sie täglich ihre Familie ernähren. Verständlich, oder?

Das die Auswirkungen von CO2-Emissionen nicht an der deutschen Grenze halt machen, brauche ich dir nicht zu erzählen. Umweltschutz, gerechte Einkommenverteilung und die Bewahrung von Grundrechten geht uns alle etwas an. Besonders auf Reisen können wir einen großen Teil dazu beitragen.

Wenn du nicht schon allein aus Überzeugung nachhaltiger reist, dann zum Schutz unserer natürlichen Ressourcen oder um Reiseziele gastfreundlicher und sicherer zu machen.

Als Reisende haben wir einen direkten Einfluss auf die regionale Wirtschaft, Einkommensgerechtigkeit und die bewusste Nutzung von Ressourcen. Wir können uns für nachhaltige Reisen entscheiden und besonders in Entwicklungsländern als Vorbild fungieren.

So kannst du deinen Teil dazu beitragen

Ich habe mir ganz fest vorgenommen, bei meinen nächsten Reisen ganz bewusst an das Thema Nachhaltigkeit zu denken. Der nächste Trip nach Myanmar steht in ein paar Wochen an und ich werde darüber berichten, inwiefern sich eine nachhaltige Reise in Entwicklungsländern umsetzen lässt.

Im Allgemeinen kannst auch du helfen, indem du alle drei Säulen des nachhaltigen Reisens berücksichtigst:

  1. Auswirkungen auf die Umwelt reduzieren
  2. Kulturelle Werte erhalten und soziale Besonderheiten respektieren
  3. Wirtschaftlichen Nutzen für die lokale Bevölkerung maximieren

Vor der Reise

Wenn du eine Pauschalreise buchst, dann informiere dich über den Fokus des Reiseveranstalters. Suche dir Ziele aus, die nicht schon stark vom Massentourismus belegt sind, um vernachlässigten Regionen zu helfen. Dabei lernst du das Hinterland und die typische Kultur sowieso viel besser kennen.

Versuche in der Nebensaison zu reisen. Das schont nicht nur den Geldbeutel, sondern verteilt die Belastung für das Urlaubsziel auf verschiedene Zeiträume.

Informiere dich über das Reiseland. Lerne etwas über dessen Geschichte, die Kultur, politische Hintergründe und ein paar Floskeln in der Landessprache. Dadurch verstehst du kulturelle Unterschiede besser und machst dein Erlebnis wertvoller.

An- und Abreise

Laut dem Paper „The Future of Tourism“ aus dem Jahr 2010 verursacht die Tourismusbranche ungefähr 5% der weltweiten Treibhausgase. Darunter fallen Flüge (ca. 40%), Autos (ca. 32%), Unterkünfte (21%) und Aktivitäten (ca. 4%).

Durch die stärkeren Auswirkungen von Kohlendioxid in großer Höhe wird davon ausgegangen, dass Flüge realistisch gesehen eher für 75% des gesamten Treibhauseffektes durch Tourismus verantwortlich sind.

Der Transport vom und zum Reiseziel spielt also eine riesige Rolle. Am besten sind natürlich Ziele, die ohne den Flieger erreicht werden können. Ansonsten sollten bevorzugt Direktflüge genommen werden und auf das Verhältnis von Entfernung und Aufenthaltsdauer geachetet werden. Also lieber weniger verreisen, dafür jedoch länger bleiben.

Als Faustregel gilt: keine Flüge unter 700 Kilometer und bei Langstreckenflügen über 2.000 Kilometer mindestens 14 Tage Aufenthalt. Eine Option ist natürlich auch der CO2-Ausgleich von Flügen über Organisationen wie atmosfair (dazu im nächstenBeitrag mehr).

Vor Ort

Viele Veranstalter bieten umweltfreundliche Unterkünfte und Aktivitäten an. Für Individualtouristen gilt hier einfach der gesunde Menschenverstand. Große Resorts und Hotelketten sind in der Regel weniger gut für die Umwelt und beteiligen auch nicht unbedingt die regionale Wirtschaft.

Versuche vor Ort öffentliche Verkehrsmittel statt Mietwagen zu verwenden oder erkunde die neue Umgebung zu Fuß.

Anstatt einen Fallschirmsprung zu machen oder eine Offroad-Tour zu buchen, kannst du klettern oder wandern gehen. Viele Touren und Aktivitäten werden von Einhemischen angeboten, wodurch sichergestellt wird, dass dein Geld vor Ort ankommt.

Jeder Euro, den du auf deiner Reise für Essen, Aktivitäten und Andenken ausgibst, sorgt für Arbeitsplätze vor Ort. In Entwicklungsländern werden einen Monat lang ganz Familien mit unserem Tagesbudget versorgt. Nachhaltig reisen bedeutet vor allem auch, an andere Menschen zu denken.

Du kommst aus einem hochentwickelten Land. Versuche deiner Vorbildfunktion im Ausland gerecht zu werden und spiele dich nicht wie ein König auf, nur weil du mit wenig Geld relativ viel kaufen kannst. Sei ein gutes Beispiel und trenne Abfall, verwende Wasser und andere Ressourcen sparsam und tritt Einheimischen gegenüber respektvoll entgegen.

Nach der Reise

Berichte nach der Reise von deinen Erlebnissen. Erzähle deinen Bekannten von Erfahrungen mit Reiseveranstaltern, Unterkünften und nachhaltigen Aktivitäten. Besser noch, bewerte diese Dinge auf bekannten Portalen, so dass diese Informationen noch mehr Menschen zugute kommen.

All die Ökosiegel und Umweltabzeichen können trügerisch sein. Eine gewisse Anzahl von Erfahrungsberichten zu einem bestimmten Reiseziel, wird andere Reisende in ihrer Entscheidung hinsichtlich Reiseziel, Unterkunft, Transportmittel und Aktivitäten vor Ort schon eher beeinflussen.

Bewusstsein für nachhaltiges Reisen alleine reicht nicht aus

All die aufgeführten Punkte klingen in der Theorie ganz nett und auch einleuchtend. Es wird sicher kaum jemand wiedersprechen und die meisten von euch werden sich über die Wichtigkeit von nachhaltigem Reisen bewusst sein.

Zwischen diesem Bewusstsein und dem Reiseverhalten gibt es jedoch eine große Lücke. Diese sehe ich bei mir selbst sehr deutlich. Ich weiß, wie schädlich das Fliegen ist, verzichte jedoch ungern darauf, neue Länder zu bereisen. Was also tun?

Die ökologische Säule meines Reiseverhaltens ist ganz sicher nicht nachhaltig. Selbst wenn ich meine Reise neben dem Flug so umweltfreundlich wie möglich gestalte, bleiben die verursachten Emsissionen. Um die drei Säulen zumindest wieder etwas ins Gleichgewicht zu bringen, versuche ich also die ökonomischen und sozio-kulturellen Aspekte besonders stark zu beachten.

Das bedeutet für mich, dass ich mein Geld bei regionalen Anbietern ausgebe. Ich übernachte nicht in 5-Sterne-Ressorts oder bei internationalen Hotelketten. Mein Essen kaufe ich größtenteils bei Straßenverkäufern und auch andere Kleinigkeiten werden nicht im Carrefour oder Walmart besorgt.

Ein weiterer Punkt, der für mich stark im Vordergrund steht, ist der respektvolle Umgang mit Einheimischen. Ich benehme mich wie ein guter Gast, handele nicht um Centbeträge und passe mich den lokalen Gegebenheiten an. Damit mache ich die Arbeit für die Menschen vor Ort nicht nur angenehmer, sondern leiste auch meinen kleinen Beitrag dazu, inerkulturelle Grenzen abzubauen.

Was bedeutet nachhaltiges Reisen für dich? Bist du bereit, bei deiner Reise auf Dinge zu verzichten?


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