© Twentieth Century Fox of Germany GmbH / Ben Stiller Jonah Hill, Richard Ayoade und Vince Vaughn (v.l.n.r.) bilden die Nachbarschaftswache gegen Aliens
Zumindest in den USA steht die Comedy-Show „Saturday Night Live“ für besten Humor. Nicht umsonst bekommen die Macher der langlebigen Reihe jedweden Hollywoodstar dazu, hier einen begehrten Gastauftritt hinzulegen. Regisseur Akiva Schaffer inszenierte genügend Sketche für das Programm, als das er in der Lage sein sollte auch auf der großen Leinwand lustige Geschichten zu erzählen. 2007 versuchte er dies mit „Hot Rod“, einer durchaus unterschätzen Komödie mit Andy Samberg, ebenfalls aus den Reigen der „SNL“-Crew stammend, in der Hauptrolle. Mit „The Watch“ hat sich Schaffer nun auf eine Sci-Fi-Komödie aus der Feder von Jared Stern, Seth Rogen und Evan Goldberg eingelassen. Leider findet er sich dabei in einer großen Penis-Orgie wieder, nicht aber in der vielversprechenden Story, die Hauptdarsteller und Idee vermuten lassen.
Da wären nämlich Ben Stiller, Vince Vaughn, Jonah Hill und der in England geborene Richard Ayoade, der durch die britische Comedyserie „The IT Crowd“ auch in Übersee von sich reden machen konnte – ähnlich wie IT-Crowd-Kollege Chris O’Dowd. Diese Vier spielen herkömmliche Durchschnittstypen in einer amerikanischen Kleinstadt, wo sie für ihre Nachbarschaft eine nächtliche Bürgerwache gründen, nachdem es in einem Großsupermarkt zu einem brutalen Mord kommt. Aber außer für Evan (Stiller), den Initiator dieser Idee, scheint die Nachbarschaftswache zunächst nur als willkommene Entschuldigung für die Männer herhalten zu dürfen, an einem Abend in der Woche ihren Alltagstrott zu entfliehen. Dann entdecken sie jedoch zufällig, dass die gesamte Stadt sich in fremden Händen befindet. Eine Alien-Invasion kündigt sich an und die vier selbsternannten Weltenretter treten den Außerirdischen mehr oder weniger tapfer gegenüber.
Ben Stiller und Jonah Hill verhören einen ungezogenen Teenager
Ebenso tapfer war wohl auch Richard Ayoade, als er den Schritt über den Teich wagte. Als Belohnung muss „The Watch“ derweil allerdings nicht angesehen werden. Hat Ayoade zuletzt noch selbst die zynisch-britische Komödie „Submarine“ inszeniert, muss er sich hier nun mit dem amerikanischen Witz unter der Gürtellinie abspeisen lassen, wird im Vorspann noch nicht einmal zu den „großen“ Vier gezählt, die den Film eigentlich gleichwertig bestreiten sollten. Aber da drängen sich Stiller, Vaughn und Hill gänzlich zu Unrecht in den Vordergrund. Weder das aufmüpfige Getue Hills, noch das Zusammenspiel von Stiller und Vaughn, welches vor allem in „Dodgeball“ noch so hervorragend harmoniert hat, können wirklich überzeugen. Und noch viel schlimmer ist die Erkenntnis, dass die Penis-Witzeleien, das Pinkeln im Auto, das Lutschen von Hoden und anderen vorpubertäre Fantasien einen größeren Stellenwert einnehmen als die gar nicht so uninteressante Alien-Invasion.
Endlich sind die Aliens einmal schlau genug ihr Lager in einem Supermarkt aufzuschlagen, wo sie alle nötigen Versorgungsmöglichkeiten an einem Fleck haben. Ebenso wie die Body Snatchers in „Die Körperfresser kommen“ nehmen die Außerirdischen das äußerliche Aussehen der Stadtbewohner an, wandeln dementsprechend schon seit einiger Zeit unter den menschlichen Lebewesen, wenn man deren Vertreter – Ben Stillers Evan, Vince Vaughns Bob und Jonah Hills Franklin – als solche bezeichnen möchte. Evan flüchtet sich vor heimischen Problematiken mit seiner Frau, denn ausgerechnet seine Spermien sind nicht zeugungsfähig, obwohl sich seine geliebte Abby (Rosemarie DeWitt) doch so sehr über Nachwuchs freuen würde. Bob hat derweil mit seiner aufmüpfigen Tochter zu kämpfen, die nichts anderes im Sinn hat als sich mit dem nervigsten Jungen der Gegend zu paaren und Franklin, der vom örtlichen Polizeichef für den Dienst an der Waffe abgelehnt wurde, lebt seine ganz eigenen Rachegelüste gegenüber dem Gesetz und der Ordnung aus. Gemeinsam mit Ayoades Jamarcus ereilt einen doch schon bald das Gefühl, dass diese Figuren selbst Aliens innerhalb ihrer eigenen Rasse sind, so sehr werden sie von der Gesellschaft für verrückt erklärt, ausgelacht und mit Eiern beworfen, wenn sie als Nachbarschaftswache umher ziehen.
Richard Ayoade
Leider kommen das gute Zusammenspiel der Figuren sowie das Aufeinandertreffen der Komödie mit den Science-Fiction-Elementen erst in den letzten Minuten von „The Watch“ zur Geltung. Zuvor verschwendet der Film zu viel Zeit mit der Kennlernphase der Protagonisten, die gemeinschaftlich diverse Penis-Anzüglichkeiten vom Stapel lassen. Da gerät selbst die Alien-Invasion ins Hintertreffen, wenn stattdessen lieber ein Strafzettel für im Auto urinieren einkassiert wird. Nach dem altbewährten Schema F wird die neugefundene Gruppierung sich auch wieder zerteilen, nur um am Ende gemeinsam in die finale Schlacht zu ziehen, die dann das ganze Potential entfaltet, welches man von einem Film wie „The Watch“ erwartet hätte. Der Supermarkt wird zum Schlachtfeld, Aliens bekommen mehr Bleikugeln verpasst als nötig und die Helden dürfen in Slow-Motion mit ihren Widersachern ins Gericht gehen. Doch auch hier wird wieder der Penis heraus geholt, wenn genau dieser bei den Aliens als ungeahnte Schwachstelle identifiziert wird.
Hätte E.T. damals so viel Wirbel um das männliche Geschlechtsorgan gemacht, wäre Steven Spielberg sicherlich nicht als der familienfreundliche Regisseur in die Filmgeschichte eingegangen, als der er heute gilt. Wo Spielberg das Potential seiner Alien-Geschichte erkannt hat, hat sich Akiva Schaffer leider auf den Holzweg begeben. Für Stiller, Vaughn und Hill wird dies wenig an ihren jeweiligen Karrieren kratzen, nur für Richard Ayoade muss man nun hoffen, dass er vom amerikanischen Filmbusiness nicht auf solche Rollen festgelegt wird, sondern auch in Zukunft wieder der verschrobene Kauz sein darf, der sich mit liebevollen Nerd-Witzen erfolgreich oberhalb der Gürtellinie eingefunden hat.
Denis Sasse
“The Watch – Nachbarn der 3. Art“