Die erste Veränderung, die mir aufgefallen ist: Es gibt jetzt plötzlich Digitalkameras. Als ich von 2007 bis Januar 2009 hier war, habe ich zwar eine ganze Reihe recht betagter Kameras gesehen, aber selbst Fotografen, die bei Festen gegen Bezahlung Fotos machten, hatten nur analoge Kameras. Zur Abiturfeier 2009 allerdings fiel mir auf, dass einige der Abiturientinnen Digitalkameras geschenkt bekamen. Jetzt dagegen sieht man bei Feiern ein Gedränge von Fotografen, die alle ihre digitalen Spielzeuge einsetzen wollen (Beide Fotos stammen von der Abifeier in diesem Jahr). Immerhin gibt es noch Kinder, die unbedingt fotografiert werden wollen, und auch noch solche, die voller Faszination schauen, wenn man ihnen ihr Bild auf dem Display zeigt.
Auch die nächste Veränderung hat etwas mit dem digitalen Zeitalter zu tun: Es gibt hier endlich “richtiges” Internet. Vor drei Jahren kam das Internet über Satellit zu uns; die Abtei der Mönche, das Kloster der Schwestern und das Krankenhaus teilten sich die horrenden Kosten des Satellitenzugangs und die 64 kBit pro Sekunde, die durch die Verbindung tröpfelten. Einige Pfarrer der Umgebung wählten sich über die Telefonleitung bei uns ein, um über uns ins Internet zu kommen. An meinem Schreibtisch las ich die Tagesschau im Internet, indem ich auf der Startseite drei oder vier Artikel anklickte, die mich interessierten, dann etwas anderes tat, und die Artikel las, sobald sie nach langer Wartezeit angekommen waren. Zweimal fiel das Internet für jeweils zwei Tage aus, weil ein deutscher Bruder seinen Rundbrief mit Fotos per E-Mail an mehrere 100 Empfänger verschickte, was die Verbindung schlichtweg überfordert hatte. Jetzt hat die Abtei eine VDSL-Breitband-Verbindung. Aber die Betriebe, die etwas weiter entfernt liegen, sind nicht an das Hausnetz angeschlossen. Neulich bekam ich einen Schock, als Br.Kizito mir sein Funk-Modem zeigte: Er geht über die Mobiltelefongesellschaft Airtel ins Internet, 400 MByte pro Monat hat er gebucht. Ich ahnte, dass das unbezahlbar wäre, und sah uns schon am Rand der Pleite. Mein Schock legte sich, als er mir den Preis verriet: 2500 Schilling, wenig mehr als ein Euro im Monat ! Auch das Telefonieren mit dem Handy ist billig, selbst nach Deutschland funktioniert die Verbindung und ist bezahlbar. Handys gab es auch vor drei Jahren schon, aber weniger, und die Preise lagen höher.
Und dann ist die Zahl der Motorräder gewachsen. Vor dem Krankenhaus und an anderen Orten stehen junge Männer mit ihren Motorrädern, mit Helm und einer orangen Weste mit einer Registrierungsnummer darauf: Taxifahrer, die auf Kunden warten, die sie für 1000 Schilling ins Dorf fahren können oder für einige Schilling mehr in die Stadt Songea.
Der Fortschritt ist also deutlich sichtbar, und das ist erst einmal schön. Allerdings gibt es zwei Probleme: Zum einen ist der Fortschritt zum großen Teil ausländischem Geld zu verdanken. Entwicklungshilfe, die den tansanischen Staatshaushalt zur Hälfte finanziert, fließt in die Gehälter der Beamten, Lehrer, Ärzte, Krankenschwestern und erzeugt so Kaufkraft im Land. Gekauft werden von dem Geld vor allem ausländische Waren, und so fließt das Geld wieder aus dem Land heraus. Nur ein kleiner Teil des Geldes fließt in Investitionen, die dauerhaften, nachhaltigen Nutzen bringen, wie Schulen oder Verkehrsinfrastruktur zum Beispiel. Immerhin: Die Kommunikationsinfrastruktur hat sich stark verbessert.
Das andere Problem ist, dass nicht alle von dem Geld profitieren, so scheint die Entwicklung von “alle ganz arm” (bis in die 1980er Jahre) über “alle arm” (bis vor kurzem) in Richtung “einige reich, viele arm” zu verlaufen.