Nach der Griechenlandkrise

Von Burkhard

"It cannot happen here" ist ein schöner Spruch in der englischen Sprache, um zu zeigen, dass man selber weit erhaben über Probleme anderer ist. 

Aber nach Griechenland´s Quasi-Bankrott und die immer grösseren Finanz- und Wirtschaftsprobleme Portugal, Spaniens und Irlands gerät nun unser Nachbarland
Belgien zunehmend ins spotlight der FinanzanalytikerInnen.


In den letzten sieben Jahren mussten die BelgierInnen sechs Mal wählen und seit vier Monaten wird Belgien überhaupt nicht mehr
regiert. Die Staatsverschuldung nähert sich 100% des BIP und der Risikoaufschlag der belgischen 10-jährigen Anleihen ist im Vergleich mit der deutschen Benchmark heute dreimal so hoch wie zu Beginn dieses Jahres. 

Ist Belgien das nächste Land mit einer existentiellen Schuldenkrise, fragen Susanne Mundschenk, geschäftsführende Direktorin des Eurointelligence ASBL und Raphael Cottin, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Eurointeligence.

Bisher war das Land noch nicht auf dem Problem-Radarschirm der internationalen Investoren. Aber das kann sich ändern, wenn die politische Krise, die nun schon seit mehr als zwei Jahren besteht, nicht behoben wird. Nach den Juni-Wahlen besteht in Belgien eine politische Pattsituation, die das politische Systems  schon seit Monaten lähmt. 
Belgiens wirtschaftliche Zukunft hängt von vier verschiedenen politischen Szenarien ab:


Szenario Eins
Der politische Status quo bleibt. Dann würden die Separatismus-Parteien bei den nächsten Wahlen sicher große Gewinne verbuchen können. 

Szenarion Zwei: 
Ein minimaler Grad der Dezentralisierung wird vereinbart.
Szenario Drei: 
Noch mehr Dezentralisierung als in o.a. Szenario Zwei mit auch entsprechend mehr Geldtransfers in die Regionen als bei Szenario Zwei.
Das große wirtschaftliche Problem bei den o.a. Szenarien Zwei und Drei ist, dass in den Koalitionsverhandlungen zwar erbittert über den dann neuen Finanzschlüssel zwischen Zentralmacht und Regionen diskutiert wird, aber kaum über die Folgen dieser Szenarien für die öffentliche Verschuldung und das gesamtstaatliche Defizit Belgiens. 


Noch schlimmer: Szenario Eins und Zweit sind langfristig wirtschaftlich nicht zukunftsfähig, weil sie in die Zahlungsunfähgkeit sowohl der Zentralregierung als auch der Regionalregierungen führen werden: Belgien wird in beiden Szenarien nicht mehr in der Lage sein, den belgische Schuldendienst aufzubringen und die soziale Sicherheit für seine Bürger zu gewährleisten. 

Szenario Vier: 
Belgien bricht in zwei separate Staaten auseinander. Darüber wird noch nicht offiziell gesprochen, weil es (noch) keine Option ist in der öffentlichen Debatte ist. Aber das politische Klima ist in Belgien hochempfindlich geworden, so dass auch dieses Szenario keinesfalls mehr ausgeschlossen werden kann. 


Ein solches Ende des bisherigen belgischen Staates könnte sicherlich nur mit einer externen politischen Mediation abgewickelt werden. Wird es Belgien dann formell gar nicht mehr geben oder nur noch mit zwei ganz autonomen Regionen für Wallonen und Flamen? 

So oder so wird bei Szenario Vier eine Frage mit höchster Brisanz sein: Wie werden Belgiens Schulden nach seinem Staatsende auf die neuen staatlichen Entitäten verteilt? 


Auf welches der o.a. vier Szenarien Belgien sich hinbewegen wird, ist unklar. Eines aber steht fest: Es wird auf lange Zeit politisch unstabil bleiben. In dieser Zeit werden für Belgien die Fremdkapitalkosten steigen, und die negative Schuldendynamik, geprägt von von steigenden Zinsen und geringem Wirtschaftswachstum, wird zunehmen. 

Welche Dezentralisierung Belgiens auch immer - sie wird mit enormen politischen Kosten und einem großen finanziellen Aufwand einherkommen.