Nach den Anthropologischen Tagen

Das olympische Feuer zu London ist ausgeblasen. Der zurückgelassene Medaillenspiegel ist hierbei Abklatsch der europäischen Wirklichkeit; einer chauvinistischen Wirklichkeit, einer stammtischigen Wirklichkeit, wie wir sie als öffentliche Meinung kennen. In der ist es das arbeitsscheue Südeuropa, das nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sportlich hintendran ist. Der Chauvinismus, dieses gallige Nebenprodukt einer nordisch-kühlen Politik und ihrer Presseorgane, er schaut nun bestätigt in sein ehrenvolles Spiegelbild, in dieses Medaillenspiegelbild und glaubt sich als Wahrheit. Der Schnorrersüden - Griechenland, Spanien, Italien und Portugal - hat gerade mal 48 Medaillen um den Hals gehängt bekommen. Die Lega Nord jedoch, das sind Deutschland, Frankreich und England, sage und schreibe 142 - hundertzweiundvierzig und die Last der vernünftigen Umstrukturierung Europas zum Schutz vor den unedlen Wilden aus dem Süden; und natürlich baumeln auch Milliardenpakete wie Mühlsteine um den Hals.
St. Louis 1904

Der Chauvinist findet es schon ziemlich treffend, dass diese urwüchsigen, diese bequemen und trägen Völker, denen der moderne Mensch des Nordens ständig finanziell aushelfen muß... findet es als Bestätigung seiner Weltanschauung, dass diese primitiven Ethnien, die sich in Modernität geübt haben, doch darin kläglich scheiterten, so mies gegenüber dem rationalen und nützlichen Mensch des europäischen Nordens abschnitt. Gegen den Menschen der Lega Nord sind die schwächelnden Geblüte des Südens chancenlos. Man sollte ihn aus der Wertung nehmen, diese erfolglosen Menschentypus, ihn nur noch untereinander stümpern lassen. Es braucht für die Reinheit des hohen Sportes vielleicht eine Sezession, eine Abspaltung von den Südstaaten, um der Sklaverei zu entkommen, die sie für den Norden bedeuten - wie nutzlos sie sind, zeigt ja doch auch der Medaillenspiegel. Und wenn sie weiter mit der leistungsstarken Zucht aus dem Norden wettbewerben, dann ist auf Dauer keine Leistungssteigerung, kein Leistungswachstum denkbar. Die Fitten brauchen Fitte, damit sie Höchstleistungen erzielen können, dass sie sich zu neuen Rekorden treiben - messen sie sich mit denen, die zu schwächlich sind auf der Brust, so gewinnen sie zwar, bringen dabei aber nicht die beste Leistung. Das hat Darwin schon so ungefähr erklärt - und de Coubertin, Vater der modernen olympischen Spiele, war ein Knabe von neunzehn Jahren als der in Downe starb.
In den ehemaligen Südstaaten wurde einst, damals 1904 war das, gerade mal 22 Jahre nach Darwins Ableben, noch richtiges, noch seriöses Olympia zelebriert; in St. Louis war die Welt noch anständig konzipiert, denn da durften Moros, Patagonier, Cherokee, Sioux, Ainu und Pygmäen noch gesondert auflaufen. Die wurden seinerzeit zwangsolympisiert, was man dann unter dem aufgeklärten Titel "Anthropologische Tage" aufführte. De Coubertin  machte sich Sorgen, er warnte, dass der schwarze Mann bald den weißen Mann überholen werde - wohl ein Horrorszenario für den Herrenmenschen. Und das ist wirklich so eingetreten, zuletzt eben mit Bolt, der das schöne Konzept vom nordischen Menschen wieder mal zerstörte; ein Konzept, das schon 1936 von Owens in Grund und Boden gerannt wurde. Mittlerweile habe wir uns daran gewöhnt, wir wissen auch, dass eine Disziplin alleine, die allumfassende Überlegenheit der nordischen Bewegung, des Nordic Walking quasi, nicht ausmacht. Man muß alles sehen, einen Blick auf Tabellen oder Medaillenspiegel wagen. Bolt veranschlagte man kürzlich im Ersten übrigens optisch zwischen Strauß, Kamel und Leopard; unter all diese Wesen stand zu lesen, wie schnell sie die 100 Meter laufen - der schwarze Mann zwischen Getier: das war schön kalkuliert unglücklich gewählt. Und man ist froh, dass Bolt kein legendärer Hochspringer ist, sonst wäre er im Ersten unmittelbar neben allerlei Affentypen fotomontiert worden. Jeder hat halt so seine Stellung in der Welt...
Das wird man ja wohl noch mal sagen dürfen
Der Nordeuropäer ist zwar langsamer als der Schwarze, aber er ist im Teamsport so viel besser. Der Nordmensch ist ein Teamplayer, ein soziales Wesen, kann sich unterordnen, dienen, mitreißen und delegieren. Das kann der Schwarze nicht. Der Nordeuropäer ist zwar langsamer als der Schwarze, aber er ist so viel besser als der Südeuropäer. Und so hat sich der Schwarze auch unseren Respekt verdient, er kann ja was. Aber was können die Südeuropäer schon? Sie können nicht wirtschaften, können nicht richtig sporteln, können nur wimmern und schimpfen und von unserem Geld leben! Das muß auf Genetik zurückzuführen sein; dieser Ex-Senator hat das doch schon mal festgestellt in seinem Buch. Dieses südliche Unvermögen gehört vielleicht nicht bestraft, denn dafür kann Südeuropa nichts - aber es gehört doch abgesondert. Raus aus dem Euro - raus aus Europa - raus aus dem Medaillenspiegel und in eine eigene Kategorie rein, in eines wo Faulheit und Jammerei gefragt sind. Das wird man doch noch mal sagen dürfen! Schauen Sie sich doch nur an, was das für Menschen sind. Bekommen den Arsch nicht hoch und reißen ihn sich auf der Aschebahn auch nicht auf. Das zeigt doch, welchen schädlichen Charakter man am Mittelmeer antrifft. Das mediterrane Klima ist nicht gesund für den Menschen, es macht ihn träge und verdorben. Im ewigen Eis des Nordens ist der Nordeuropäer erstarkt - die Welteislehre ist also doch nicht völliger Humbug! Ein modernes Europa kann sich rückständige Völker nicht mehr leisten. Wir sollten Olympia boykottieren, wie weiland 1980 - damals, weil die Russen in Afghanistan einmarschierten, künftig, falls Südeuropäer doch weitere Einmärsche in Olympiastadien planen...
Die spalterischen Fliehkräfte, die Europa auseinandertreiben, werden immer stärker. Es ist nicht nur ein neuer Nationalismus, der sich formiert - es finden sich so viele rassistische Untertöne darin. Die Krise des Euro ist für die Öffentlichkeit keine, die sich ökonomisch erklären läßt, die sich aus Außenhandelsdefiziten der einen und -überschüssen der anderen rekrutiert, sondern einfach nur Ausgeburt charakterlichen Mangels und volkseigener Beschränkungen. Die Krise ist keine des Euro, es ist die Krise, die der Euro mit Völkern hat, die geistig nicht reif sind, mit ihm, mit Geld überhaupt umzugehen. Das ist eine esoterisch verbrämte Rassen-Ökonomie. Die eugenischen Taschenspielertricks, die mancher Autor hierzulande schon vor Jahren als Wissenschaft verkaufte, haben ihren Beitrag dazu geleistet, die Welt nicht als soziologisch erklärbares Milieu, sondern als Kampffeld von genetischen Prozessen zu begreifen. Sie förderten eine Sichtweise, wonach die Welt nicht aus Ursachen und Wirkungen und Folgen entsteht, sondern aus inneren und determinierten Abläufen. Eine solche Weltanschauung begrenzt sich selbst und macht den zukünftigen Weg, den Europa zusammen gehen könnte, zu einem begrenzten, grenzwertigen Ereignis...
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