Mythos 23: Vor dem Wettkampf heißt es „Carboloading“

Von Walter Kraus
Pastaparty bis zum Abwinken! Am letzten Tag vor dem Wettkampf ist es besonders wichtig, dass die Speicher noch einmal richtig aufgeladen werden: Nudeln, Kartoffeln, Reis oder Kaiserschmarrn werden deshalb bei vielen Veranstaltungen am Abend vor dem Start angeboten. Oder dient das doch zur Bespaßung der Teilnehmer?
Die Kohlenhydratreserven sind beim Laufen immer das limitierende Substrat. Schon nach weniger als einer Stunde können sie entleert werden. Je länger die Distanz wird, umso wichtiger ist es, bereits mit großen Speichern an den Start zu gehen. Denn was man bis dahin nicht aufgefüllt hat, fehlt auf den entscheidenden Kilometern!

Ja! Glykogen kann man speichern

Die Kohlenhydrate werden im Körper in Form von Glykogen in der Muskulatur und in der Leber gespeichert. Diese Speicher sind jedoch relativ klein und dienen lediglich als „Überbrückung bis zur nächsten Nahrungszufuhr“. Die Speicher von trainierten Läufern werden mit der Zeit sogar größer. Durch spezielle Ernährungsweisen in Kombination mit Training steigt der Gehalt an Glykogen sowohl in der Muskulatur als auch in der Leber.

Nein! Am Tag davor ist es zu spät

Was man bis zum Wettkampf nicht erledigt hat, kann am letzten Tag nicht mehr aufgeholt werden! Kohlenhydrate am letzten Tag vor dem Wettkampf noch aufladen ist nur noch eine Beruhigung des schlechten Gewissens. Wenn die Panik aufkommt, dann klammert sich der Ertrinkende an jeden Strohhalm! Sofern man die zugeführte Mahlzeit überhaupt verträgt. Denn auch ein weiterer Grundsatz der Wettkampfernährung lautet „nichts Neues ausprobieren“
Der Körper kann nicht übermäßig viele Kohlenhydrate auf einmal speichern. Man kann sich kurzfristig nur auf 100% des Möglichen auffüllen. Was für den Wettkampf natürlich wichtig und richtig ist. Übermäßiges Essen von Pasta und Co ist am letzten Tag (und schon gar nicht am Abend davor!) aber nicht nötig und kann nur eine schlaflose Nacht bereiten, im schlimmsten Fall auch Verdauungsprobleme verursachen.

Es kommt drauf an!

Viele Kohlenhydrate alleine können die Glykogenspeicher nicht wirklich erhöhen. Wie schon erwähnt, nur bis zu 100% des Möglichen. Die überschüssigen Kohlenhydrate werden dennoch verwertet, nämlich zu Fett!
Carboloading passiert bereits Wochen und Monate vor dem Wettkampf. Denn die Glykogenspeicher passen sich genauso an, wie der Körper sich auf Training anpasst: Die Belastung ist der Reiz, um sich in der Regenerationszeit davon zu erholen und besser zu werden. Wenn bereits im Laufe des Trainings die Speicher immer wieder entleert und mit einer regenerationsfördernden Ernährungsweise wieder aufgefüllt werden, lagert der Körper von Training zu Training immer etwas mehr Kohlenhydrate ein. Langfristig ergibt das einen deutlich größeren Glykogenspeicher, als alle kurzfristigen Ernährungsweisen es könnten.

Meine Meinung

Die Carboloading-Party am Tag vor dem Wettkampf hat natürlich auch einen gesellschaftlichen Charakter. Am Tag vor dem Wienmarathon zum Beispiel, wenn alle Läufer nervös sind und nur noch an das eine denken, können sie bei dieser Veranstaltung etwas runterkommen und sich mit Gleichgesinnten austauschen. Niemand soll sich das nehmen lassen!
Zum Zweck des Carboloadings sollte dort jedoch niemand sein. Befasse dich in der Wettkampfvorbereitung nicht ausschließlich mit dem Training, sondern auch mit der Ernährung und dir wird das Training selbst nicht nur leichter fallen, sondern auch bessere Wettkampfergebnisse erzielen – GARANTIERT!

 
Tipp des Tages:
Für mich das wichtigste Ernährungsbuch zum Nachlesen. Georg Neumann erklärt einfach und schlüssig die Grundlagen der Sporternährung. Gehört sowohl für Anfänger als auch für Profis ins Regal.
Ernährung im Sport