Mythos 11: Barfußlaufen verringert das Verletzungsrisiko

Von Walter Kraus
Schlag eine Laufzeitschrift auf und du wirst mit Sicherheit mindestens einen Bericht über Barfußlaufen und die Begriffe „gesund“, „natürlich“, „schonend“ im direkten Zusammenhang dazu finden. Barfußlaufen revolutioniert momentan regelrecht das herkömmliche Laufen, wobei das Herkömmliche, wie wir es kennen, gibt es erst seit wenigen Jahren. Und die Jahrtausende davor liefen wir mehr oder weniger barfuß. Und die Verletzungen waren tatsächlich weniger?
Kennst du Abebe Bikila? Er gewann den 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio den Marathonlauf – barfuß! Kennst du Dietmar Mücke, der laufende Pumuckl, der bereits unzählige (Ultra)Marathonläufe gelaufen ist – barfuß!? Nur zwei Beispiele, die zeigen, was ohne Laufschuhe möglich ist. Es gibt immer mehr Läufer, die auf Laufschuhe verzichten und behaupten, dass es das einzig Richtige für Läufer ist. Doch wie wir wissen, gibt es nie für alle das eine Generalrezept!

Ja! Beim Barfußlaufen ist man gezwungen „schön“ zu laufen

Niemand ist mit (Lauf)Schuhen auf die Welt gekommen – wir sind für das Barfußlaufen geboren! Logisch, oder? Sobald du keine Laufschuhe mehr trägst und du damit auch keine Dämpfung, keine Stütze und keine Führung hast, muss deine Fußmuskulatur alles selbst kompensieren. Der Laufstil wird sich mit dem ersten Laufschritt verändern, sofern du davor ein Fersenläufer warst. Denn ohne Schuhe ist der Aufprall zu groß und es tut sehr weh. Womit man die erste Selbsterfahrung gemacht hat, dass der „bremsende Fersenlauf“ nicht gerade gut ist.
Außerdem wird beim Barfußlaufen auch die Fußmuskulatur gestärkt, die in den Laufschuhen eher abgebaut als gefordert wird. Langfristig werden die Füße dadurch stabiler, beweglicher und belastbarer!

Nein! Die meisten haben nicht mehr die Voraussetzungen dafür

Das Problem dabei ist aber, dass unsere Fußmuskulatur bereits dermaßen verkümmert ist, dass wir durchs Barfußlaufen sogar ein noch höheres Verletzungsrisiko haben. Wenn wir jahrzehntelang in Schuhen herumgehen bzw. laufen, dann haben sich unsere Füße auch an diesen Lebensstil gewöhnt. Steigst du zu radikal ins Barfußlaufen ein, wirst du eher früher als später Probleme bekommen.

Es kommt drauf an!

Wenn du dir ausreichend Zeit gibst, um dich auf die Belastung des Barfußlaufens zu gewöhnen, ist es durchaus möglich, hohe Umfänge barfuß zu trainieren, ohne dich dabei zu verletzen. Der Körper kommt beinahe mit allen Situationen zurecht, solange man ihm die nötige Anpassungszeit gibt. Dazu braucht es jedoch sehr viel Zeit, die man sich nehmen muss. Sonst wird man erst wieder mit Verletzungen konfrontiert. Ich konnte schon einige angehende Barfußläufer mitverfolgen, die sich in kürzester Zeit nicht nur langwierige Sehnenansatzentzündungen oder Muskelverspannungen zuzogen, sondern auch Ermüdungsbrüche in den Mittelfußknochen erlitten.

Meine Meinung

Ich liebe das Barfußlaufen trotz aller Risiken, denn es ist einer der besten und einfachsten Wege, das richtige Laufen zu erlernen. Barfußlaufen hat für mich aber nicht das Ziel, Wettkämpfe oder große Distanzen durchlaufen zu können, sondern es dient als Methode im Techniktraining.
Barfußlaufen wird dir Spaß machen! Es wird dir das Gefühl geben, dass du schnell läufst, dass du dynamisch läufst und dennoch stabil bist! Und irgendwann möchtest du vielleicht immer so laufen. Zügle dich aber und übertreibe nicht! Streue immer wieder ein paar Minuten Barfußlaufen in dein Training ein, und dein Körper wird sich an diesen Bewegungsablauf gewöhnen und langfristig auch lieben lernen, sodass du auch in deinen Laufschuhen, die sich damit auch verändern werden, einen ökonomischen Laufstil laufen wirst.
Eine Tatsache ist jedenfalls sicher: einen barfußlaufenden Olympiasieger werden wir wohl nicht mehr erleben!
Der September wird interessant – jeden Tag versuche ich, einen Mythos zu zerstören! Möchtest du morgen schon den nächsten Bericht gleich per Mail erhalten, dann hinterlasse mir deine Mailadresse und du bleibst am Laufenden!

 
Tipp des Tages
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