My Dear Electric Friend

My Dear Electric FriendMatthew Dear „Beams“
(Ghostly International)

Immer noch sehr smart, der Mann. Was ihn von dem Matthew Dear unterscheidet, der noch 2010 mit dem umwerfenden „Black City“ die letzte Richtungskorrektur vollzog? Der hier kann jetzt tanzen. Dem hier scheint’s jetzt richtig gut zu gehen – der singt sogar. In eigenen Worten: “A new band, a new album, a new live show, an overflow of unreleased material, remixes to work on, a new house in the woods, a happy dog, a loving wife, and a wish list of synthesizers. In other words, positive change surrounds me, and it is creatively inspiring” (Dog Day Press).

Das möchte man fast nicht glauben, denn auf der letzten Platte klang Dear noch klaustrophobisch und düster, die Beats noch verhalten und verzwickt – da lag der Vergleich mit Fad Gadget noch sehr nah. Der Postrock ist ihm geblieben, kantig wie im Stück „Earthforms“ ist er noch immer, aber Stücke wie das poppige „Her Fantasy“ am Anfang oder „Up & Out“, obschon noch aus der Aufnahmephase des Vorgängers, wirken doch deutlich aufgehellter, haben keine Angst mehr vor Verspieltheiten und kreuzen schon mal den Disko-Beat.


Überhaupt ist es wirklich erstaunlich, was dieser Junge mit Hilfe programmierter Drumsets und verschiedensten Pedals, Sequenzern und analogen Synthies an Wärme, Glücksgefühl und positiver Spannung erzeugen kann. Beispiel „Overtime“ – wo Gadget nach anfänglichem Gewummer offenen Blickes in Chaos gestürzt wäre, stürzt Dear auf die Tanzfläche. Ebenso: „Get The Rhyme Right“ – nach verzerrtem Beginn entfaltet sich das Ganze mit einer Lässigkeit, die an die kühle Präzision eines MC 900 Ft. Jesus denken läßt.
Immer verquickt er das Schräge mit dem Leichtgängigen, das Schwere mit dem Luftigen – „My heart, it weighs about a ton in flames, pouring down from the sun to the ground in mistakes" („Do The Right Thing“), das klingt nicht nach dem was es meint und ist die große Kunst der Täuschung, die Dear perfekt zu beherrschen scheint. Er nutzt sein Talent verschwenderisch, macht aus einem alten Demo wie „Shake Me“ von 2003 einen träumerischen, verspielten Song, und läßt auch das Schlußstück „Temptation“ noch mal bezaubernd taumeln und hüpfen. Nahe dran an der Platte des Jahres – bis hierhin. (Komplettstream bei SPIN)

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