My Brightest Diamond: Die Alleskönnerin

My Brightest Diamond: Die AlleskönnerinMy Brightest Diamond
„This Is My Hand“
(Asthmatic Kitty)
Gerade noch mal auf den Kalender geschaut – Herbstanfang, na klar. Zeit, dem Sonnenlicht lebewohl zu sagen, Zeit, sich mit der Dunkelheit am späten Morgen und am frühen Abend anzufreunden (die uns der Polarnacht ein kleines Stückchen näher bringt), Zeit für Kopfhörerplatten also. Shara Worden ist prädestiniert für Sachen, die von innen wärmen sollen, ihr letztes Album „All Things Will Unwind“ verband großartige Songs mit kunstvoller Kammermusik, Namen wie Antony Hegarty und Sufjan Stevens tauchten nicht zu Unrecht in ihrer Phalanx auf und viele hatten in My Brightest Diamond, so ihr schillerndes Pseudonym, schnell die ersehnte Wiedergängerin von Kate Bush erkennen wollen. Nun, Kate Bush spielt seit einiger Zeit selbst wieder Konzerte, es bedarf dieser Vergleiche also gar nicht, zumal Worden sich für die neue Platte eher den Sound ihrer beiden ersten Werke zum Vorbild genommen hat – mehr Elektronik, Beats, Loops, gebremster Funk, es wird wieder etwas lebendiger.
Schon das Eröffnungsstück „Pressure“ legt mit Trommelwirbel und Bläserblech einen erfrischend forschen Start hin, zu diesem und dem ähnlich angelegten „Before The Words“ fällt einem eher St. Vincent ein, die Wordens Vorliebe für Modern Brass teilt und diesen ebenso gern mit griffigen Gitarrenhooks akzentuiert. Doch ehe mit „Love Killer“ genau jene Mixtur zur Perfektion gelangt (und tatsächlich dem „Psycho Killer“ von David Byrne und seinen Talking Heads die urheberrechtliche Ehre erweist), läßt My Brightest Diamond für den Titelsong ihre zweite, ebenso großartige Begabung aufleuchten: Die zarte Schlichtheit, mit der Worden in „This Is My Hand“ dem Zuhörer ihr Selbst seziert, nimmt einen fast den Atem, sehr viele Stücke mit solcher Anmut und Intensität sind einem in den letzten Jahren nicht untergekommen. Vielleicht lassen sich ja die Parallelen eher bei Laurie Anderson suchen, die Lautmalerei, ausgefallene Instrumentierung und eine fast jenseitige Körperlosigkeit in manchen ihrer Songs zelebrierte.
In der Folge wechseln die Stile und Facetten munter durch, dem majästetisch getragenen „Looking At The Sun“ folgt das sorgsam hingetupfte „Shape“, an dessen Ende sich ein paar schön knarzende Riffs versammeln. Die zweite Hälfte des Albums präsentiert sich nicht mehr ganz so eingängig, bleibt aber in dem Spannungsfeld aus wandlungsfähiger Stimme und reichhaltig verzierten Arrangements stets reizvoll. Ganz sicher hat Wordens ausgeprägte Neugier die Vielschichtigkeit ihrer Arbeiten befördert – neben einer klassischen Gesangsausbildung beschäftigt sie sich auf der einen Seite mit musiktheoretischer Literatur, läßt sich aber auch von aktuellen Strömungen und Trends beeinflussen. Wer mag, kann also aus den gut vierzig Minuten sowohl Philip Glass, Skrillex und sogar Lady Gaga heraushören – von letzterer hat sie sich, so gibt sie selbst ungeniert zu, bei „Applause“ die Rhythmik für „Pressure“ geborgt. Eine Platte also, die vieles kann. Wenn anfangs vom Kopfhörer die Rede war, sollte man darauf achten, ein kabelloses Exemplar zu wählen, damit man beim Tanzen nicht ins Stolpern gerät… http://www.mybrightestdiamond.com/
21.10.  Hamburg, Knust
22.10.  Berlin, Postbahnhof

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