Natürlich sind mir solche Aktionen ganz und gar nicht fremd. Fühlte ich mich in meinen Zimmer nicht mehr wohl, wurde bis spät abends umgestellt, ganz egal, ob andere schlafen wollten. Waren mir meine Möbel verleidet, tauschte ich mit Brüdern und Schwestern, bis jeder wieder eine halbwegs annehmbare Einrichtung hatte. Passte mir die Farbe eines alten Kleiderschranks nicht mehr, durchwühlte ich das ganze Haus, bis ich irgendwo einen halbwegs hübschen Farbrest auftreiben konnte und dann wurde gestrichen. War mir die Tapete verleidet, lag ich meiner Mutter so lange in den Ohren, bis sie mich endlich ins Möbelhaus karrte, wo man damals noch billige, bunte Tapeten bekam. Ich erinnere mich lebhaft daran, wie “Meiner” und ich bis abends um elf die Wände zukleisterten. Ob ich ihm als Gegenleistung dabei half, seine Wände mit lilafarbenen Kreisen zu verzieren, oder ob er das alleine gemacht hat, weiss ich nicht mehr. Auf alle Fälle sahen beide Zimmer danach ganz furchtbar aus.
Wenn nun also Luise, die sich bis jetzt damit zufrieden gegeben hat, alle drei Monate ihre Möbel umzustellen, in einer kopfwehfreien Stunde zum Farbroller greift, um ihre grünen Wände rosarot zu streichen und das Weiss ihrer weissen Wände aufzufrischen, erstaunt mich das keineswegs. Überrascht bin ich jedoch, wie unglaublich belastend solche Aktionen für das mütterliche Nervensystem sind.
Fragt sich nur, ob ich das früher nicht bemerkt habe, weil meine Mutter sich so gut im Griff hatte, oder weil ich mit der gleichen Blindheit für mütterliche Empfindungen geschlagen war wie Luise heute.