Manchmal bin ich über mich selbst genervt, dass ich beim Auflegen mehr auf das Display meiner CD-Player achte, als auf das tanzende Volk.
Meine Vinyl- und CD-Sammlung kenne ich auswendig und weiß genau wo welches Lied steht. Bei MP3-Dateien fange ich mit der Sortierung von Musik wieder von vorne an.
Dabei habe ich nahezu alle Möglichkeiten ausprobiert, um meine Musik zu sortieren. Um es gleich vorweg zu nehmen, es gibt kein optimales System. Eine perfekte Sortierung gab es auch nie für Plattenbags oder CD-Koffer.
Jeder DJ wird ein eigenes System entwickeln müssen, um in Sekundenbruchteilen zu wissen, welches Lied wo steckt.
Qualität statt Quantität
Als Anfänger dachte ich, je mehr Musiktitel ich zu einer Veranstaltung mitnehme, desto flexibler bin ich am Abend. Doch damit beginnt ein Teufelskreislauf, weil dich die Menge an Liedern überwältigen wird.
Im MP3-Zeitalter ist es keine Seltenheit mehr, dass jemand 5.000 Songs auf der Festplatte hat. Damit stehst du vor einem gigantischen Berg an Möglichkeiten.
Diese Auswahl und vermeintliche Flexibilität verkehrt sich nun ins Gegenteil. Wie gelähmt blickst du auf eine endlose Liste an Musik. Je mehr Möglichkeiten du für den nächsten Song hast, desto schwieriger kann es werden eine Auswahl zu treffen.
Jeder, der mehr als 50 Schallplatten oder CDs besitzt steht vor dem gleichen Problem: Wie wird die Musik am besten sortiert? Dieses Massenproblem hatten früher jedoch nur DJs.
Im Endeffekt geht es darum auswendig zu lernen wo sich ein Lied in deiner Musiksammlung befindet. Auswendig lernen funktioniert jedoch nur, wenn du die Struktur gleich lässt.
Gleich und Gleich gesellt sich gerne
Bei allen Musiksortierungen die ich für Schallplatten, CDs und MP3-Dateien ausprobiert habe, entdeckte ich eine Gemeinsamkeit. Ähnliche Musik gruppiere ich zueinander.
Bestimmt hast du Lieder, die du gerne zusammen spielst. Dann würde ich damit beginnen diese Lieder hintereinander in die Plattenkiste zu stecken. In digitalen Playlisten funktioniert das über die Postion oder die Sortierreihenfolge.
In meinem Plattenkoffer sieht das zum Beispiel so aus:
- Gloria Estefan & Miami Sound Machine - Conga
- dahinter steckt Santa Esmeralda - Don't Let Me Be Misunderstood (12″)
- davor steckt Gibson Brothers - Cuba
Hinter Santa Esmeralda folgen einige Reggae-Platten, wie:
- 10CC - Dreadlock Holiday
- Bob Marley & The Wailers - Could You Be Loved
Diese zwei Lieder spiele ich meist erst viel später am Abend. Trotzdem bilden diese Schallplatten eine thematische Mini-Sammlung aus Latino- und Reggae-Musik.
Wenn ich also bei einem aktuellen Chart- und House-Set bin, kann ich diesen ganzen Bereich meines Plattenkoffers gedanklich ausblenden.
In einem Plattenbag oder einem CD-Koffer funktioniert das offensichtlich besser als mit einer digitalen Playliste. Auf keinen Fall soll diese Sortierung bedeuten, dass du diese Lieder in Zukunft immer in der exakt gleichen Reihenfolge spielst.
Wie organisiere ich am besten meine Musik?
Jetzt kommen wir zum schwierigen Teil. Woran machst du Gemeinsamkeiten fest, um Musik zu sortieren?
Ein Lied ist mehr als sein Genre, die Geschwindigkeit in BPM,
der Name der Interpretin oder das Erscheinungsjahr.
Zwar beschreiben diese Variablen einzelne Aspekte der Musik. Doch nicht einmal die Summe aller Variablen verrät was ein Lied wirklich auszeichnet.
Damit du weißt, wovon ich genau spreche, beschreibe ich zunächst alle Möglichkeiten, die mir einfallen, um Musik zu sortieren.
Mögliche Variablen, um Musik zu sortieren:
- Interpret, alphabetische Sortierung
- nach Titelname
- nach Musikrichtung, Genre, Musik-Stil
- nach Geschwindigkeit in Beats per Minute (BPM)
- Haupttonart, Key nach Camelot-System
- Eigenes Nummern-System
- nach Kaufdatum
- Einsatzzeitpunkt: Vorprogramm, Prime-Time oder am Ende einer Party
- Publikums-Reaktion
- eigene Bewertungskriterien wie Sterne-System
- nach Veröffentlichungsdatum
- Chart-Faktor/Neuigkeitsfaktor
- Energy-Level
- Stimmung, die das Lied verbreitet
- Plattenlabel
- Katalognummer des Plattenlabels
- ...
Diese Liste kannst du beliebig fortsetzen, um immer neue Möglichkeiten zu finden, nach denen sich Musik sortieren lässt.
Allerdings fallen mir zu jedem Sortierkriterium mehr negative Punkte ein, warum sie sich nicht eignen, um Ordnung in deine Musiksammlung zu bekommen. Verwende diese Sortiervorschläge bitte eher als Anregung.
Der schwierige Teil ist, dass sich die Gewichtung einzelner Variablen im Lauf einer Party ändert. Der Chart-Faktor ist zur Prime-Time wichtiger, dagegen vertraue ich zu Beginn und am Ende einer Party eher darauf die Publikums-Reaktion genau zu kennen.
Mein Gehirn schafft aus der Erfahrung heraus, die Lieder nach veränderlichen Variablen zu verwalten. Dagegen konnte ich keine DJ-Software finden, die diese Anforderung im Laptop abbilden kann.
Laptop-DJs wird es einfach gemacht, weil Musikprogramme wie Traktor, Serato und Co. eine Suchfunktion haben. Ich kenne viele DJs die super damit zurecht kommen.
Welche Sortierungen funktionieren nicht?
Eine Playliste, die nach BPMs, Genre oder alphabetisch sortiert ist, hilft mir nicht den nächsten Song auszuwählen. Deshalb ist ein Laptop auch kein Hilfsmittel, weil ich mich an die Stimmung eines Songs erinnern muss.
1. Namen des Interpreten alphabetisch sortieren
Als ich ungefähr 50 CDs besaß, habe ich meine Maxi-CDs alphabetisch sortiert. Und ganz schnell gemerkt, dass diese Methode keine Zukunft hat.
Zu seiner CD-Sammlung erzählte mir mein Onkel eine passende Anekdote:
„Kurz nachdem er mit meiner Tante zusammengezogen war, kam er eines Abends nach Hause. Meine Tante hatte seine CD-Sammlung in der Zwischenzeit alphabetisch in den CD-Ständer einsortiert.
Als ich die Geschichte bis hierhin gehört hatte, war mir sofort klar, dass es keine funktionierende Sortierung für eine Plattensammlung ist. Diese Sortierung hatten wir beide vergeblich ausprobiert.
Somit war die Geschichte wenigstens einen guten Lacher wert."
2. Eigenes Nummernsystem
Nach meinem Versuch mit der alphabetischen Sortierung versuchte ich mein Glück mit Nummern. Jede neue CD bekam eine aufsteigende Nummer verpasst.
Diese Nummern trug ich in eine Musik-Datenbank ein, die ich für den C64 programmiert hatte. Darin konnte ich sogar Mixvorschläge abspeichern, also weitere Lieder, die sich am besten dazu mixen lassen.
Aus der Datenbank druckte ich ich kleine Song-Zettel aus, die ich in die Maxis eingeklebt habe. Und die CD-Nummer klebte ich mit Tesafilm auf die Stirnseite.
Irgendwo bei Nummer 739 war mir klar, dass es ebenfalls eine Sackgasse ist.
Nach den Gigs konnte ich die CDs zwar schnell wieder in die richtige Reihenfolge bringen. Doch je mehr CDs ich kaufte, desto länger war ich damit beschäftigt die Daten in meiner Musik-Datenbank zu erfassen, Zettel und Nummern auszudrucken.
Bei den Massen an Musik, die ich nach Hause schleppte, hätte ich eine Daten-Stenotypisten halbtags beschäftigen können. Und dann war da noch das Problem, dass ich damals auf Vinyl umstieg.
3. Nach Geschwindigkeit in BPM sortiert
Gelegentlich spiele ich zusammen mit anderen DJs. Das ist eine Gelegenheit DJ-Kollegen über die Schulter zu gucken, wie sie ihre Musiksammlung organisieren.
An einen Kollegen erinnere ich mich nach zehn Jahren:
Seine top Hip-Hop-Tracks spielte er stur von 92 BPM bis 119 BPM hoch. Dafür kam er mit zwei identischen MP3-CDs aus und mixte im Ping-Pong-Verfahren einen Track nach dem anderen. Er wusste, dass jeder Song beim Publikum ankommt und hat die Geschwindigkeit immer weiter gesteigert.
Die Lieder aufsteigend nach BPMs zu sortieren, wäre also eine funktionierende Sortiermethode. Ich halte sie trotzdem nicht für besonders brauchbar.
Mir kommt es eher darauf an, mit dem nächsten Song eine bestimmte Wirkung auf der Tanzfläche zu erzielen. Die Geschwindigkeit spielt dabei eine untergeordnete Rolle, weil es schlichtweg egal ist, ob ein Lied 126 BPM oder 128 BPM hat.
4. Haupttonart und Energy-Level
Als alleiniges Sortierkriterium ist die Haupttonart nicht geeignet, darüber schrieb ich ausführlich im Blogpost „ Harmonisches Mixen nach dem Quintenzirkel „.
Die Tonart benutze ich, um Blöcke mit ähnlicher Musik in meiner CD-Mappe zu bilden. Wie im Beispiel der Minisammlung zur Latinomusik von weiter oben, kann die passende Tonart den Ausschlag geben, dass ich „Snap! - Rhythm Is A Dancer" neben „Culture Beat - Mr. Vain" einsortiere, weil sich beide Lieder harmonisch mixen lassen.
In der aktuellen Versionen schlägt die Software „Mixed In Key" einen Energy-Level als zusätzliche Variable vor. Dabei beschreibt ein Wert zwischen 1 bis 10 die Energie, den ein Lied auf die Tanzfläche bringt.
Für mich hat dieser Energy-Level keinerlei Bedeutung, weil ich weiß, dass Mr. Vain mehr Energie verbreitet als Rhythm Is A Dancer.
Eselsbrücken oder welchen Lernstil bevorzugst du?
Musik merke ich mir am besten über das Plattencover einer Vinyl oder einer CD.
Die Stimmung eines Songs kann ich mir sehr gut an der Farbe des Covers merken. Anhand der Farbe, dem Bild, dem Logo und sogar der Schmutzflecken sowie der Form der abgewetzten Ecken mache ich Art und Stimmung der Musik fest.
Diese Eselsbrücken helfen mir, mich daran zu erinnern, wie gut ein Lied bei einer ganz bestimmten Party funktioniert hat - auch nach zehn Jahren.
Mit einer Liste auf einem Computer-Bildschirm oder dem Display meiner CD-Player klappt das nicht. Deshalb muss ich viel länger durch diese Listen scrollen.
Sortierst du CDs anders als MP3s oder Vinyl-Maxis?
Bevor wir zu dem Teil kommen, in dem ich versuche mein Chaos-System zu beschreiben, ist mir noch etwas aufgefallen. Je nach Tonträger verwende ich leicht unterschiedliche Sortierungen, die eine Gemeinsamkeit haben.
Vinyl und einzelne Maxi-CDs ordnen
Für Schallplatten verzichtete ich von Anfang an auf ein strukturiertes Sortiersystem. Sondern ich stellte jeweils die Vinyls zusammen, die zusammen passten. Ähnliche Musik steht nebeneinander.
Die Songs ließen sich entweder perfekt ineinander mixen, bauten aufeinander auf oder waren vom gleichen Interpreten. So kamen Blöcke mit zehn oder 20 Vinyls zusammen.
Diese Mini-Sammlung steckte ich nacheinander in die Plattenkoffer. Je nach Gig und Zielpublikum sortiere ich einige Scheiben aus oder fügte andere hinzu.
Die Grundstruktur blieb jedoch immer gleich. Lieder die ich erst später spielen will, wandern weiter nach hinten. Damit war meine Gigplanung für den Abend abgeschlossen.
Im Laufe der Zeit prägte ich mir genau ein, wo welche Platte steckte. Den Suchindex für die Musik habe ich im Kopf.
Anhand der Struktur der einsortierten Vinyls, wusste ich genau, dass ich einen Houseklassiker nur im hinteren Viertel des zweiten Plattenkoffers suchen musst.
Erster Plattenkoffer
- Lieder gegen Durchhänger früh am Morgen, Spät in der Nacht
- Hauptprogramm (softer)
- Hauptprogramm (Latino, Piano)
- Hauptprogramm (elektronischer, härter)
- Top-Aktuell: Must Play Prime Time
Zweiter Plattenkoffer
- Allerletztes Lied
- House Classics
- Vorprogramm (Latino, Piano)
- Vorprogramm (Disco)
- Vorprogramm (soft, Einstieg)
- Top-Aktuell: Must-Play Vorprogramm
Dritter Plattenkoffer mit 80er Jahre Musik
- Allerletztes Lied
- Hip-Hop
- Party und Rock
- Latino
- Wave (Must Play)
- Wave (später Abend, früher Morgen)
- Funk
- Disco (Top-Hits)
- Italo Disco
- Vorprogramm (Disco)
Maxi-CDs im CD-Koffer schnell finden
Ein typischer CD-Koffer aus dem Baumarkt lässt sich in drei Spalten einteilen, die ich so nutze:
Ganz zu Beginn dieser Beschreibung bin ich über den Punkt hinweg gerauscht, dass es darum geht auswendig zu lernen, wo sich ein Lied in deiner Sammlung befindet.
Wenn ich „How Gee" spielen will, dann weiß ich, dass sich diese CD in der mittleren Reihe meines CD-Koffers befindet, relativ weit hinten. Es muss eine der letzten 10 Maxi-CDs sein. Das Cover ist schwarz-weiß.
Wenn ich ein 90er Hip-Hop Lied mit ca. 100 BPM spielen möchte, um mein Publikum so richtig zu rocken, dann muss ich im linken Fach des CD-Koffers relativ weit vorne suchen.
Für die besten Rockklassiker suche ich entweder den vierten oder fünften Track meiner selbst gebrannten Sampler-CDs oder ich suche in der rechten Spalte meines CD-Koffers, ungefähr in der Mitte.
Davor befinden sich übrigens die größten House-Klassiker, die rein gar nichts mit Rock zu tun haben. Das Cover von Insomnia leuchtet in der Farbe Orange und das Logo-Männchen des Plattenlabels ist in schwarz aufgedruckt.
CD-Mappen mit eigenen Sampler-CDs
Für ein paar Jahre schwörte ich auf CD-Mappen, in die ich selbst gebrannte Sampler-CDs einsortierte. Bei Musiksamplern wie Fetenhits oder Pop & Wave habe ich das Problem, dass ich manche Lieder nicht nacheinander spielen kann, weil sie sich auf der gleichen CD befinden.
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Deshalb teilte ich die Lieder in die groben Genres Disco, Pop, Rock, HipHop, House, NDW, Soul, Schlager, Oldies und Pop&Wave ein. Und daraus leitete ich 20 Kategorien ab, die sich nebeneinander auf zwei CD brennen ließen:
MP3-Playlisten wachsen, bis sie unbrauchbar werden
Nach den CD-Mappen wechselte ich zu USB-Sticks. Anfangs fand ich es toll Musik direkt vom USB-Stick abzuspielen. Mit der Pioneer-Software Rekordbox kann ich Cues und Loops abspeichern. Dann kopiere ich die vorbereiteten Songs auf einen USB-Stick und bin fertig!
Je nach Gig stellte ich unterschiedliche Playlisten zusammen, die immer größer wurden. Und für kurze Zeit fand ich die Tagliste der Pioneer-CD-Player hilfreich. Diese Taglisten funktionieren so ähnlich wie Platten diagonal in die Plattenkiste zu stecken. Eine Art Lesezeichen und schnelle Orientierungshilfe.
Nach einem halben Jahr fiel mir auf, dass ich 70 bis 120 Songs auf dem Stick gespeichert hatte.
Mit dem Playlisten-Sortiersystem stoße ich zurzeit an eine Grenze. Ich kenne nicht mehr alle Songs auf dem Stick auswendig. Das Minicover ist selten eine Hilfe.
Viel schlimmer finde ich, dass ich zurzeit mehr auf das Display der CD-Player starre als das Publikum zu beobachten.
...
Dieser Artikel ist noch nicht ganz fertig. In den kommenden zwei Wochen werde ich weiter daran schreiben. Unter anderem möchte ich meine Multivariate Chaos Sortierung erklären, den DJ als Bibliothekar und Kurator beschreiben und das Thema auswendig Lernen ausführlicher behandeln.
Hast du weitere Anregungen, um Musik besser zu sortieren? Schreibe deinen Tipp und deine Frage bitte als Kommentar, weiter unten auf dieser Seite.