Eine Beschreibung beziehungsweise eine Stilzuordnung ist wohl das, was in vielen Fällen Hörern wie Kritikern schwer fällt. So ist es nicht verwunderlich, dass dies bei komplexeren Künstlern nahezu unmöglich scheint. Ein solcher Fall liegt wohl bei Cult of Youth vor, der Band, die im Wesentlichen durch den New Yorker Musiker und Künstler Sean Ragon geprägt ist. Mit Love will Prevail legt die Band innerhalb kürzester Zeit ein neues Album vor.
Nun reichen die Umschreibungen von Post-Punk zu Indie, von Neo-Folk nach Experimental…Doch letzterndes bleibt neben einer diffusen Neugier glücklicherweise nur die Möglichkeit des Hörens übrig. Fünfunddreißig Minuten sagt die Anzeige des Abspielgerätes… Ein kurzes Vergnügen?
Auf jeden Fall, soviel sei vorweggenommen, ist es ein Intensives. Auch wenn der ruhige, fast träumerische Start von Man and Man’s Ruin etwas anderes vermuten lässt. Recht schnell wird deutlich, dass das musikalische Fundament vorrangig aus Schlagzeug und diversen Spielarten der Gitarre gebildet wird. Dadurch entsteht auch in den folgenden Stücken wie Golden Age undPrince of Peace eine jeweils einzigartige Stimmung. Rhythmen sind es, unter welche sich alles andere unterordnet. So gibt es kaum wirklich prägnante Melodielinien oder gar Riffs und Soli. Auch die Stimme tritt nur selten aus der “Wall of Sound” hervor. Vielmehr scheinen alle Instrumente mehr oder weniger gleichberechtigt und formen so den typischen Klang des Albums. Auch wenn das auf den ersten Blick womöglich ungewöhnlich oder gar langweilig erscheint, so ist es das keineswegs. Vielmehr ist es die Stärke dieser Band. Man hat an keiner stelle das Gefühl, dass durch den Einsatz von Highlights nach Aufmerksamkeit gerungen werden muss.
Das Ganze verschafft dem Album einen sehr dynamischen Charakter, der je nach Song(text) durch Ragons Stimme in eine traumwandlerische oder kritisch-aggressive Stimmung bewegt wird. Den Höhepunkt bezüglich ausdrucksstarker Performance bildet wohl der Song Garden of Delight. Das Lied kämpft, brütet und wabert ziemlich dicht und aggressiv vor sich hin während Sean Ragon sich mit seinen Gedanken förmlich dagegenstemmt. Der gesellschaftskritische beziehungsweise hinterfragende Text fasst das Grundthema des Albums, ein kritischer Blick auf Kultur und Gesellschaft und der Rolle von einzelnen Personen (gern auch dem eigenen Verhalten) gegenüber der Gesellschaft hervorragend zusammen und verknüpft das Ganze noch mit einem experimentellen musikalischen Untergrund. (Obwohl Untergrund nicht das richtige Wort ist, da wie schon erwähnt Musik und Wort eigentlich gleichberechtigt sind.)
Wie schon in den ersten Stücken deutlich wird, hat man es mit einem Album zu tun, was stets Bewegung suggeriert, in seinen Texten hinterfragend und anklagend wirkt sowie durch die geschickte Melange aus Schlagzeug-Gitarren- und teilweise Synthesizer- und Sample-Mustern stets eine unverwechselbare Stimmung erzeugt. Gute Beispiele hierfür sind die Titel Path of Total Freedom und The Gateway.
Cult of Youth vermeiden es durch das Auslassen beliebter Stilmittel wie Soli, Riffs oder gar hymnenartiger Textstellen vorhersehbare Eingängigkeit zu simulieren. Die Band spielt mit Ausdruck, viel Kreativität sowie Aggressivität aber ohne dabei ein übertriebenes Pathos an den Tag zu legen. Damit schaffen sie aus meiner Sicht eines der interessantesten Alben des Jahres, das sicher nicht nur auf Platte funktioniert sondern auch noch ein unglaubliches Livepotential hat.
Und sind wir mal ehrlich: Ist es im Angesicht eines solchen Albums schlimm, wenn man den Stil dieser Band nur schwer fassen oder gar nicht in bekannte Kategorien schieben kann??? Letztenendes ist diese Undefiniertheit doch nur ein Ausdruck für die Einzigartigkeit und Unabhängigkeit der Musik von Cult of Youth.
Wer Lust auf eine Liveshow der Band hat, sollte einen der beiden Deutschlandtermine nicht verpassen:
27.09. – Hamburg – Hafenklang w/ Gallon Drunk
28.09. – Berlin – Naherholung Sternchen w/ Mueran Humanos