The Weeknd – “Trilogy”
VÖ: 09.11.2012 – Republic / Universal
Abel Tesfaye, besser bekannt unter seinem Künstlernamen The Weeknd, ist ein sehr guter Soundtrackkandidat für nächtliche Streifzüge über lichtreflektierende nasse Strassen. Denn die Lieder seiner drei, zwischen März und Dezember 2011 kostenlos über seine Homepage veröffentlichten, Mixtapes bewegen sich allesamt auf der Grenze zwischen depressiver Introspektive, kitschigen, trotzdem reduzierten Synthiesounds und expliziten Texten, eben so einfach wie klassisch zwischen Hell und Dunkel. Damit war er einer der R&B-Vertreter, die das Genre aus seiner Beischlaf/Kuschelpop-Musik-Ecke mit düsteren Post-Dubstep Anleihen und genreübergreifenden Samples zurück in die musikalische Relevanz und Gegenwart katapultiert hatten. Gestern erschienen die drei Mixtapes nun auch gebündelt und remastered unter dem Namen “Trilogy” als haptischer Tonträger, jeweils erweitert um einen neuen Song. Ob das jetzt Geldmache ist oder der verdiente Lohn für einen produktiven, jungen Künstler kann letztendlich jeder selbst entscheiden. The Weeknd, ebenso wie A$AP Rocky oder Azealia Banks, ist dennoch ein gutes Beispiel für die Marketingrelevanz und hohe Qualität von Mixtapes von Künstlern der digital natives Generation. Dass auch diese Musiker um von ihrer Kunst leben zu können letztlich wieder auf das klassische Vertriebssystem zurückgreifen ist dabei mehr als nur eine Randnotiz.
Im Zuge der Wiederveröffentlichung spendiert das Label The Weeknd jedenfalls ein paar Musikvideos. Und nach “Wicked Games” bekommt nun auch “The Zone” ein visuelles Echo, für das Tesfaye selbst verantwortlich ist. Das Video spiegelt prototypisch die Stimmung sämtlicher The Weeknd Songs. Der leidende, reflektierende Künstler steht im Dunklen, zwischen Beton und kalten Ziegelsteinwänden, über die bunte Videoerinnerungsbilder laufen. Dazwischen werden farbige, aber nicht weniger minimalistische Bilder der Vergangenheit geschnitten. Eine Frau sitzt in weißer Unterwäsche mit Champagner auf einer weißen Couch in einem weißen Zimmer voller Ballons. In diese Szenerie bricht das Dunkle ein und verwandelt den Erinnerungsraum in einen lynch-schen Albtraum. Wie “Trilogy” ist das ein ebenso sehr gut produziertes wie inhaltlich schlichtes (und “wahres”?) Zwielichtsynthwerk für Nachtwandler.
Autor: Johannes Hertwig