Munnar: Tee, Tee, Tee, Tee

Von Walter

Die Reise von Fort Cochi zurück in die Berge hat es in sich: Zunächst gilt es, den Ballungsraum rund um Cochin und Ernakulam hinter uns zu lassen. Einfacher gesagt als getan. Denn es müssen mehrere lange Brücken überquert werden, an denen offenbar ständig Ausbesserungsarbeiten vorgenommen werden. Das führt dann – mitten auf der Brücke – zu Engstellen, etwa wenn die Fugen erneuert werden. Geregelt wird der Verkehr nicht. Vielmehr quetscht man sich auf der einen, passierbaren Strassenseite aneinander vorbei. Auf dem Motorrad – und diese sind in einer mächtigen Überzahl – ist man da deutlich im Vorteil. Doch früher oder später kommt der Augenblick, wo nichts mehr läuft, die Engstelle verstopft ist. So haben wir auf einer Brücke drei Viertel Stunden ausgeharrt … Nach längerer Zeit kommt ein Polizist hergelaufen, vielleicht weil sich der Verkehr bis in die Stadt hinein gestaut hat, und versucht mit Trillerpfeife und dem Anschein von Autorität den Knoten zu lösen.

Zu bedauern sind die Strassenarbeiter, darunter auch Jungs ab vielleicht 15 Jahren. An der prallen Sonne – und diese ist in Cochin gnadenlos – hantieren sie mit heissem Teer, den sie im Schubkarren vom nahen Teerkocher herbeischaffen. Zwischendurch nehmen sie einen Schluck aus einer schmutzigen Flasche abgestandenen Wassers. Und ich will wetten, sie verdienen weit unter dem Durchschnittslohn, der 2009 etwa 3’400 Rupien betrug, also etwas weniger als 50 Euro – monatlich wohlverstanden.

Teeplantagen um Munnar
Die Reise geht weiter in die Berge. Sobald wir etwas höher steigen, beginnt wieder der üppige, immergrüne Primärwald mit Baumriesen und dichten Unterholz. Über weite Strecken sind es aber auch Kautschukplantagen, allerdings nie in grossen zusammenhängenden Flächen. Je mehr Höhe wir gewinnen, umso eindrücklicher wird die Landschaft. Fels und üppiges Grün in allen Schattierungen wechseln sich ab. Für den Kautschuk ist es nun zu hoch. Zwischendurch kleine Wasserläufe und auch -fälle, die sogar Wasser führen. ((Bild))

Und plötzlich nur noch Teesträucher. In der Gegend um Munnar (1’600 m ü.M.) gibt es kaum mehr Primärwald, sondern nur noch Teeplantagen, so weit das Auge reicht, und ab und zu ein Stück Eukalyptuswald, den man mit gleichem Recht als Plantage bezeichnen muss, denn nur zur Gewinnung von Feuerholz für die örtliche Bevölkerung ist der schnell wachsende und Nährstoff zehrende Baum angepflanzt worden. Das sieht dann etwa so aus:

Was sehr pittoresk daherkommt, ist ökologisch eine Katastrophe: Monokultur in reinster Form. Die ganze Region ist von der kommerziellen Nutzung des Tees geprägt. Und alle – wirklich alle! – Plantagen gehören hier der Tata-Gruppe, einem der weltweit grössten Konzerne. Die Einheimischen sind zu Angestellten von Tata Global Beverages Limited geworden, ob sie es wollten oder nicht.

Nach alter Manier der Patrons sorgt sich der Konzern allerdings auch um seine Angestellten. So habe ich eine Schule und eine Werkstätte für Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen besucht, die von Tata Beverages betrieben werden und den Kindern mit Behinderung eine schulische Förderung sowie den erwachsenen Behinderten eine mehr oder weniger sinnvolle Tätigkeit ermöglicht – eine Seltenheit in Indien, wo der Staat die Menschen mit Behinderung weitgehend im Stich lässt.

Doch mehr dazu in einem späteren Beitrag …


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