Muho und Brad ...

... hatten einen kleinen Disput. Dabei wurden interessante Fragen aufgeworfen. Brad Warner meint, in einer offiziellen Zen-Linie authorisiert zu sein sei wichtig, wenn auch keine Garantie für Qualität (und verweist auf das Beispiel Genpo Merzel). Muho hält es in seiner Rubrik "Lotus in the fire" für wesentlich, dass ein Übender lange in einer Gemeinschaft sich an anderen reibt und seine Ecken und Kanten womöglich abschleift. Ich kann beide Einstellungen verstehen, und doch regte sich sofort Widerspruch. Zum einen kommt es mir so vor, als sei es auch gut möglich, sich außerhalb eines Klosters an anderen Menschen zu reiben und sich ggf. mit ihnen zusammenzutun. In unserer modernen Gesellschaft ist es jedoch ein Leichtes, einen Lebensstil als Single zu pflegen, so dass sich die Übung, die manch einer z.B. in Form einer Wohngemeinschaft auf sich nimmt, als beinahe überflüssig erweist. Desweiteren kann mich kein Zen-Kloster wirklich auf das ernüchternde Nebeneinander mit Muslimen vorbereiten, vor allem wenn diese sich z.B. den gemeinschaftlichen Verpflichtungen (wie der Hausordnung) entziehen.   Zum anderen könnte ich - und das juckt mich nun ungemein - durch die Herstellung von Videos im Stile von Brad den Beleg erbringen, dass man überhaupt keine Dharma-Übertragung nachweisen muss, um zu wissen, dass man sogar dann ein Buddhist ist, wenn man nicht die Gebote (jukai) [an]nimmt (was Brad für wesentlich hält, ich für ein überflüssiges Ritual). Das Witzige ist, dass hier der Unterschied nur graduell ist: Brad beharrt auf einer gewissen "Linientreue" unter Bemühung von Formalkriterien, ohne den Dachverband der Soto-shu zu benötigen und unterstellt Muho, der könne die Soto-shu für wichtig halten (obwohl Muho dort eher aus formalen Gründen firmieren dürfte). Gewiss unterscheiden sich die beiden durch das Ausmaß ihres Zazen (in Antaiji ca. 1.800 Stunden pro Jahr), die "Dimension", wie es Muho nennt.    Am Ende seines Beitrages räumt Muho den Verdacht aus, er würde sich für einen perfekten Bodhisattva halten. Er sagt jedoch auch, er würde gar nicht behaupten, ein Bodhisattva zu sein. Das hat mich zunächst ein wenig überrascht. 
   Ein Bodhisattva ist ein "Erleuchtungswesen", dass mittels Erkenntnis und Tugendhaftigkeit die Buddhaschaft anstrebt. Ausschlagebend ist der Wille, der Erleuchtungsgeist, bodhicitta. Ich habe kein Problem damit, mich als Bodhisattva zu bezeichnen, weil das keineswegs Fehlerfreiheit meint, sondern nur einen Weg beschreibt (dessen Ziel unerreichbar ist - um es im Zen-Jargon zu sagen, weil es bereits erreicht/verwirklicht ist). Aus diesem Grund ist auch keine formelle Bestätigung meiner selbst nötig. Ich halte dieses Verständnis für grundlegend in der Auseinandersetzung mit Lehrern. Wie in anderen Lebensbereichen kann man natürlich von den Erfahrungen anderer lernen. Letztlich bestätigt man sich jedoch selbst.
   In einer email klärte Muho seinen Satz dann auf: "Was ich meinte ist: Ich BIN kein Bodhisattva, ich bin nur auf dem Weg. Natürlich könnte man jetzt auch sagen, dass gerade der, der auf dem Weg ist, ein Bodhisattva ist. Aber dann geht es so wie mit Satori, Loslassen, Zufriedenheit etc. Wenn Du sagst: „Das ist es!“ – dann ist es das nicht mehr.  Deshalb heißt es fuer mich von Anfang an: „Ich bin es nicht, aber ich richte mein Leben danach!“

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