Die Nachfolge-Inspektion der IAEA in Mühleberg zeigt ein paar Verbesserungen – und fast ebensoviele Probleme, die noch immer nicht vollständig ausgemerzt sind.
Wer Kinder hat, weiss, dass ein mahnend erhobener Zeigefinger bei einem schlechten Zeugnis durchaus positive Auswirkungen haben kann. Allerdings, und das ist aus der Sicht verantwortungsbewusster Eltern das Tragische, nimmt die Wirkung von solchen Ermahnungen mit zunehmendem Alter der Kinder geradezu dramatisch ab.
Dieser Effekt trifft offenbar auch im Fall von alternden Atomkraftwerken auf. Anders lässt sich nicht erklären, was das «Operational Safety Review Team» (Osart) der Internationalen Atomenergieagentur IAEA in der vergangenen Woche im AKW Mühleberg feststellen musste. Bloss 11 von 21 Punkten, die das Osart-Team bei einer Inspektion im Oktober 2012 kritisiert hatte, sind in der Zwischenzeit behoben worden. Bei den übrigen zehn – teilweise durchaus sicherheitsrelevanten – Punkten stellen die Osart-Inspektoren bloss «zufriedenstellende Fortschritte» fest (Die tiefste Stufe – «ungenügender Fortschritt» – mussten die Inspektoren nicht bemühen.)
So kritisierte die Osart-Mission etwa im Oktober 2012, dass das Programm zur Arbeitssicherheit nicht den Branchenstandards entspreche. Die Feststellung der Inspektoren 20 Monate später: «Das KKM benutzt vielfältige Massnahmen, um das Personal in Themen rund um die Arbeitssicherheit zu schulen und zu sensibilisieren. Aufgrund eines Einzelereignisses machen sich die Verbesserungen noch nicht in der statistischen Auswertung bemerkbar. Bei dem Anlagenrundgang wurden einzelne Abweichungen von den Vorgaben festgestellt.»
Auch eine «adäquat qualifizierte Feuerwehr», wie sie die Inspektoren angemahnt hatten, ist nach 20 Monaten noch nicht einsatzbereit. Der «Stichtag für die volle Einsatzbereitschaft», ist der 1. Juli. So werden von der Rüge bis zur Umsetzung volle 614 Tage verstrichen sein. In der Schule gäbe es dafür Strafaufgaben.