Die Mudgirls sind eine Gruppe von Frauen, die ökologische Lehmhäuser auf Bestellung bauen. Was vor über zehn Jahren aus der Not heraus begann, ist heute ein feministisches Kollektiv, dem es um weit mehr geht als um ökologisches Bauen. Es geht um Selbstermächtigung, Unabhängigkeit und Unterstützung.
Ökologische Lehmhäuser gegen die Immobilienkrise
Die ersten Mudgirls fanden sich 2007 zusammen, eigentlich aus der Not heraus. Wegen der damaligen Immobilienkrise waren sie auf der Suche nach Alternativen. Die ersten Mudgirls beschlossen, sich ihre Häuser einfach selbst zu bauen – und zwar aus Lehm, einem traditionellen und umweltfreundlichen Baumaterial, das im Überfluss vorhanden ist. Im Laufe der Zeit wuchs das Netzwerk, indem die ersten Mudgirls ihr Wissen und ihre Erfahrung an andere Frauen weitergaben.
Heute gibt es etwa 15 Mudgirls, die alle in Canada in der Provinz British Columbia leben. Sie sind auf ökologische Lehmhäuser und auf das Renovieren mit Naturmaterialien spezialisiert. Sie nutzen neben lokalem Lehm, Stroh und Holz auch recycelte Materialien. Die fertigen Häuser haben oft etwas Märchenhaftes. Sie erinnern an Hobbithöhlen und Hexenhäuser und könnten zum Teil auch gut in Mittelerde stehen.
Die Philosophie der Mudgirls
Doch den Mudgirls geht es um mehr, sie sehen sich als Aktivistinnen. Als reines Frauennetzwerk unterstützen sie sich gegenseitig mit Wissen, Erfahrung und Zeit. Jede kann ein Mudgirl werden, indem sie einen Workshop besucht und alles über das Bauen mit Lehm lernt. Das kostet nichts, stattdessen tauschen die neuen Mudgirls Wissen gegen Zeit, indem sie ihre Arbeitszeit dafür geben und ihre neu erworbenen Skills direkt anwenden. Die Mudgirls stehen für eine Zusammenarbeit, die frei ist von Hierarchien, kapitalistischen und patriarchalen Strukturen. Dazu gehört auch, dass bei sämtlichen Events oder Bauprojekten immer für eine Kinderbetreuung gesorgt wird.
Wie die Mudgirls ihre Kunden unterstützen, ist sehr verschieden. Sie übernehmen auf Wunsch das gesamte Bauprojekt oder unterstützen nur teilweise. Am liebsten bauen die Mudgirls gemeinsam mit ihren Auftraggebern, denn die sollen wissen, wie sie ihr neues Zuhause selbst pflegen und erhalten können. Oder sie geben einen Workshop und bringen den künftigen Hausbesitzern bei, wie sie selbst mit natürlichen Materialien bauen können. Die Mudgirls verlangen weder für ihre Arbeit noch für ihre Workshops viel Geld, sondern arbeiten so günstig wie es geht bzw. auf Tauschbasis, damit sich auch Menschen mit niedrigem Einkommen ihr eigenes Lehmhaus leisten können.
Mehr über ihre Geschichte und Philosophie, aber auch viel über das Bauen mit Lehm erzählen die Mudgirls selbst in ihrem Buch „Mudgirls Manifesto: Handbuilt Homes, Handcrafted Lives“, das 2018 erschienen ist.