Muammar Al-Quadhafi: das Dorf, die Stadt und der Selbstmord des Astronauten

Muammar Al-Quadhafi: das Dorf, die Stadt und der Selbstmord des Astronautenherzlichen Dank an Aisha!

ein kleiner Auszug aus der Gedankenwelt eines “Diktators”:

von Muammar Al-Quadhafi

aus: Das Dorf, die Erde und der Selbstmord des Astronauten

…Die kleinen Kinder sind in der Stadt noch elender dran als die Erwachsenen. Sie kommen von einer Finsternis in die nächste und von der dritten in die vierte. Die Behausungen in der Stadt sind keine Wohnungen, sondern Löcher und Höhlen, die eingerahmt sind von den gegenläufigen Strömen des Verkehrs. Und die Menschen darin sind ganz wie die Muscheln, die in ihren Schalen Schutz suchen vor dem Druck der Strömungen und den Wellen des Meeres, denn die Stadt ist ein Meer mit Strömungen, Wellen, Bohrrohren, Schmutz, Seegras und Gischt. Die Muscheln sind jene und ihre armen Kinder, gegen die alles drückt, was in der Stadt ist. Die Kinder werden von ihren Angehörigen ins Innere der Muschel gedrückt aus Furcht vor der dahinströmenden Straße, die zu überqueren nichts bringt, denn dort auf der anderen Seite der Straße sind nur weitere Muscheln, weitere Höhlen und weitere versteinerte Muschelschalen.

»Wohin geht ihr, ihr unschuldigen Kinder? Das sind Wohnungen von Leuten, die ihr nicht kennt. Die dort waren, sind ausgezogen, und die, die jetzt dort leben, sind neu. Und außerdem gehört die Straße nicht euch allein. Sie gehört den Passanten. Die Straße, meine Kinder, ist nicht zum Spielen.« In dieser Weise lastet die Straße auf ihnen. Ein kleines Kind wurde gestern auf der Straße überfahren, weil es dort spielen wollte. Und im vergangenen Jahr wurde ein kleines Mädchen, als es die Straße überquerte, von schnellen Rädern überrollt und sein Körper zerfetzt. Stück für Stück sammelte man es im Kleid seiner Mutter zusammen. Die Leiche eines anderen Mädchens wurde von Professionellen geraubt, die sie eine Weile verbargen, bevor sie sie wieder vor der Wohnung ihrer Familie ablegten, nachdem sie ihr eine ihrer Nieren gestohlen hatten. Ein anderes kleines Kind wurde von seinen Gefährten in einen Karton gesteckt und von einem Auto zermalmt, ohne dass der Fahrer wusste, dass darin ein armes Kind steckte. Geht wieder hinein, ins Dunkel, in die kühlen finsteren und die heißen schmutzigen Zimmer.

Es ist Gottes Wille. Die Stadt ist voll von Schmutz. Hütet euch vor dem Versuch, an den Straßenrändern zu spielen. Dort liegen nur Dreck und Abfall. Wenn den Kindern alle Wege verschlossen sind und dies durch Furcht erregende Bilder – Tod durch Überfahren, Tod durch Zerstückeln, Raub abgetrennter Gliedmaßen — , dann sind für sie Warnungen vor Schmutz und Dreck noch das Angenehmste, angenehmer noch, als eingesperrt zu sein, von Kummer gequält zu werden und im Dunkel der Häuser zu leben. Das Ergebnis ist ein Tod auf andere Weise. Ja, das Meer der Stadt ist wie jedes Meer mit seinen Gefahren, Strudeln und giftigen Fischen. Wie ist es für Kinder möglich, dort zu leben? Aber sie sind ja bereits dort. Was ist die Lösung? Die Lösung ist, Druck auf die Kinder auszuüben, sie zu schlagen, sie zu zwingen, sich wie eine Muschel zu verhalten, sich zurückzuziehen und sich seelisch zerbrechen zu lassen, ihren Freiheitsdrang zu bändigen und ihnen Licht und Luft zu nehmen. Dies ist das Leben der Stadt. Eine Schlange, ein Auto. »Öffne!« »Schließe!« Solange die anderen draußen vor der Tür bleiben, sind sie liebe Leute. Der Garten ist eine Schlange aus Formalitäten, Verpflichtungen. Die Schule ebenso, das Krankenhaus, der Markt. Überall heißt es: »Öffne!«, »Drücke!«, »Schließe!«, »Anstellen!«, »Beeilen!«

Das Stadtkind wächst biologisch auf, aber psychisch ist es ein Behälter für diese Verbote, Bändigungen, Behinderungen und Einschränkungen. Es wird zum Muster eines Menschen mit seelischen Problemen und Krankheiten, introvertiert und verängstigt. Dies ist das Geheimnis des Dahinschwindens der humanen Werte, der gesellschaftlichen Bindungen und des mangelnden Mitgefühls für andere, des Verlustes von Herzlichkeit und Respekt und ebenso des Ehrgefühls.

Das Dorf und das Land sind eine andere Welt für sich, die sich im Äußeren wie auch im innersten Wesen unterscheidet. Dort besteht absolut keine Notwendigkeit zu Unterdrückung, Zwang und Gegendruck. Dort herrschen Ermutigung und Lob für den Freiheitsdrang und das Streben zum Licht. Dort ahmt man die Vögel und Blumen und ihr Streben nach Freiheit und Aufgeschlossenheit nach. Keine Straßen, kein Dreck, keine unbekannten Menschen. Alle Leute im Dorf, auf dem Land oder im Weiler sind für immer miteinander verbunden durch alle ihre materiellen und geistigen Bande. Dort leben fröhliche und gesellige Kinder, Kinder der Sonne und des Mondes, Kinder des linden Lufthauchs und der stürmischen Winde, ohne Furcht vor dem Freiheitsdrang. Dort gibt es keine Ideologien, kein Öffnen, kein Schließen. Alles ist offen in der Natur. Keine Notwendigkeit besteht in der Natur, etwas zu verschließen, dort, wo die natürliche Umwelt, in der das Kind wie die Pflanzen heranwächst, ohne Zwang auskommt.

So entsteht dann ein Mensch, der nicht problembeladen ist. Ihr Einsichtigen, ihr Barmherzigen, ihr Humanen, habt Mitleid mit den Kindern! Betrügt sie nicht in der Stadt um ihr Leben! Nehmt es nicht hin, dass sich eure Kinder zu Ratten entwickeln, die von Höhle zu Höhle, von Loch zu Loch und von Bordstein zu Bordstein ziehen. Die Städter belügen ihre Kinder und sich selbst, wenn sie ihnen Liebe vorspielen, während sie zur selben Zeit die Schlingen und Käfige schaffen, um die geliebte Stimme ihrer Kinder von sich fern zu halten, um sich selbst von ihren eigenen Kindern und diese von ihren Eltern zu trennen. Da die Eltern dieser Kinder in der Stadt leben, zwingt sie dieses Leben, sich von ihren Herzen zu lösen und ihre Kinder zu täuschen. Um dem städtischen Leben, diesem Alptraum standhalten zu können, sind sie ständig auf der Suche nach Ablenkungen oder schaffen sie sich selbst und verschwenden Geld dafür, Ablenkungen, die wertlos sind und keinen Hunger stillen. Fingierte Beziehungen, gekünstelte Abendgesellschaften, verlogene Freundschaften. Kinder sind dabei ihren Eltern im Wege, die versuchen, sich diesem Höllenleben anzupassen, es zu meistern und zu befolgen, dieses Leben, zu dem die Stadt ihre gepeinigten Bewohner zwingt. Kinderkrippen, Kinderheime und Kindergärten, ja sogar die Schulen sind nur ein Betrug an jenen unschuldigen Geschöpfen, um sie loszuwerden, sie auf moderne Art lebendig zu begraben.

Wer sich für den ganzen – derzeit nicht verlegten/erhältlichen Text interessiert:

das Dorf, die Erde und der Selbstmord des Astronauten

 


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