WEIMAR. (fgw) Wolfgang Amadeus Mozart ist einer der bekanntesten und meist gespielten Komponisten unserer Zeit. Zu Lebzeiten galt er erst als Wunderkind, später mußte er sich mehr schlecht und recht als einer der ersten freischaffenden Musiker durchs Leben schlagen. Er starb jung und hinterließ seiner Witwe neben zahlreichen Manuskripten einen enormen Schuldenberg.
von Ilka Lohmann
Der Dramatiker Sir. Peter Shaffer verdächtigte seinerzeit Antonio Salieri, und Milos Forman setzte dessen Theaterstück in seinem grandiosen und achtfach Oscar-gekrönten Spielfilm „Amadeus” ein filmisches Denkmal.
Auch Matt Beynon Rees nimmt sich in seinem Roman „Mozarts letzte Arie” dieses Stoffes an. Er dichtet um Mozarts Ableben eine Verschwörung, die zwischen Freimaurerei, Revolutionsgebaren, Staatsstreich und Hochverrat hin und her schwankt. Er zieht also alle Register. Allerdings wird er sich auf einer Verfilmung durch Milos Forman eine Weile warten müssen.
Kurz zur Handlung: Die Geschichte beginnt im Jahre 1792 – eine Woche nach Mozarts Tod. Maria Anna Walburga Igantia Berchthold von Sonneburg, geb. Mozart und genannt „Nannerl” erhält einen Brief ihre Schwägerin Constanze, der sie über das Hinscheiden ihres Bruders Wolfgang informiert. Nannerl ist entsetzt. Der Brief ist wirr und ein wenig überdramatisch. Constanze schreibt von finsteren Ahnungen, die die letzten Lebenstage ihres Ehemannes umwoben hätten. Sogar von einem Mord durch Gift ist die Rede. Nannerl faßt einen schnellen Entschluß: Natürlich muß sie sofort nach Wien reisen, um der Sache auf den Grund zu gehen. Grund ist ihr schlechtes Gewissen. Seit dem Tod ihres Vaters Leopold, der sie zur Alleinerbin und zu einer wohlhabenden Frau gemacht hat, hat sie mit ihrem Bruder kein Wort mehr gewechselt. Und nun ist er nicht mehr.
In Wien angekommen, absolviert sie zunächst den Antrittsbesuch bei ihrer Schwägerin, und dann trifft sie alles, was Rang und Namen hat. Als sie bei Emmanuel Schikaneder zu Mittag ist, trifft sie auf den verwirrten Schauspieler Franz Gieseke, der etwas von Freimaurerei schwafelt. Nannerl hat da bereits herausgefunden, daß ihr Bruder eine eigene Loge – „Die Grotte” – gründen wollte. Sie trifft später auf Magdalena Hofdemel, die am Tag von Mozarts Beisetzung von ihrem Mann verstümmelt wurde, bevor dieser sich mit einem Rasiermesser selbst die Halsschlagader durchtrennte. Nach einem Treffen mit dem charismatischen Baron von Swieten, der noch ein ganz anderes Interesse an Nannerls Person hat, wird die Heldin beinahe zum Opfer eines Unfalls. Bei einer Aufführung der „Zauberflöte”, um die sich viele der Geheimnisse ranken, wird Gieseke ermordet, nachdem er vor Nannerl und van Swieten bekannte, daß er Mozarts Mörder kenne.
Natürlich wird der Mörder entlarvt. Dazu spielen Nannerl und van Swieten, nachdem sie einander sehr nahe gekommen sind, eine kleine Scharade vor dem Kaiser. Nannerl verkleidet sich als ihr Bruder, und man inszeniert eine Szene aus Don Giovanni – den Besuch des steinernen Gastes.
Wenn man das Buch nach beendeter Lektüre weglegt, befällt einen das unangenehme Gefühl, daß dies doch ein wenig zu viel des Guten war. Alle möglichen Verschwörungstheorien werden zitiert. Mozarts mysteriöse Reise nach Berlin. Der Preußen-König als Freimaurer, der die österreichische Monarchie unterwandern will. Polizei und Zensur. Auftritte in der Unterwelt. Nannerl, die noch immer die große und unübertreffliche Pianistin ist und gleich am Tag nach ihrer Ankunft ihn Wien vor erlesenstem Publikum konzertiert. Sogar Maestro Salieri darf sich eines Gastauftrittes erfreuen.
Aber das Ende bleibt dunkel. Und dem Leser werden die Antworten, die er erhofft, vorenthalten.
Natürlich. Rees schreibt keine historischen Tatsachen. Die historischen Figuren sind ihm nur Schablonen. Spielfiguren, aus denen er seine eigene Geschichte zusammenfasst. Nannerl war nie in Wien, und sie hat auch nie ihren Ehemann Johann Berchthold von Sonnenburg mit Baron van Swieten betrogen. Mozart kam nicht mehr dazu, seine Loge „Die Grotte” zu gründen, deren Besonderheit nach Rees’ Auffassung darin bestand, daß auch Frauen der Zutritt gewährt werden sollte. Zeuge ist für ihn die Prinzessin Pamina.
Aber sei es drum.
Der Kriminal-Roman „Mozarts letzte Arie” ist eine seichte und unterhaltsame Lektüre. Obwohl Milos Forman die Zeitreise in Mozarts Wien besser gelungen ist.
Literarisch hat der Roman nichts zu bieten, was ihn zu etwas Besonderen machen würde. Und mit 17,95 Euro ist der Preis für ein Taschenbuch unangemessen hoch. Aber wer weiß…. Vielleicht kommt ja ein Sammler von Mozart-Devotionalien auf seine Kosten.
Matt Beyon Rees: Mozarts letzte Arie. Ein Kriminalroman. Aus dem Englischen von Klaus Modicke. 318 S. Broschur. Verlag C.H. Beck. München 2012. 17,95 Euro. ISBN 978-3-406-62994-5
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]