Mozart und Papierflieger gegen Pegida in München – Gastartikel

Das war wirklich lustig heute: ich war mit meiner Freundin in der Stadt, um einen Silberbecher zu kaufen. Wir gingen über den Marienplatz, wo für 14.30 Uhr eine Demo der Dresdner Pegida angesagt war. Die entsprechende Münchner Gruppierung fuhr angeblich im Austausch nach Dresden. Am Max-Josephs-Platz vor der Oper war eine Gegendemo angesagt.

Um 13.30 Uhr gingen wir zum ersten Mal über den Marienplatz. Dort war um den Fischbrunnen herum ein ca. 400 qm großes Areal abgesperrt, in deren Mitte ein total verrosteter T4-VW Bus mit Fürther Kennzeichen stand. Aus dem Fenster hingen 5 Deutschland-Fahnen an schwarzen Stöcken. Davor stand ein großer weißer Transporter, stark verrostet ebenfalls, kein Fahrer, und der ganze abgesperrte Platz leer. Ich sagte zu meiner Freundin: wir gehen später noch vorbei, ich will mal einen Rechten sehen. Hinten am VW Bus werkelten drei Männer: zwei ältere, die Angstvoll auf die Gaffer wie uns starrten und ein dritter junger Mann, der gute Laune zu verbreiten suchte. Ein Podest oder sonstige technische Vorbereitungen waren nicht zu sehen.

Kurz danach kaufte ich in einem Stehimbiss im Rathaus zwei Semmeln und sah im gewöhnlich leeren Bereich hinten im Laden, eine verschreckte Gruppe beim Essen. Es war sehr voll da drin und alle guckten sehr ängstlich, wer da so reinkommt. Ich hatte den Eindruck, dass sich hier ein paar Dresdner Demonstranten hinter ihren Semmeln versteckten. Sie kamen auch später nicht heraus.

Um 14.50 gingen wir nochmal über den Platz. Nun sollte die Pegida Demo ja längst laufen. Die Absperrung war wie eine Kuhwiese auf dem Marienplatz, nur ohne Kühe, aber auch ohne Rechte, sogenannte „Pegidas“. Die drei zuvor gesehenen Leute hatten sich im Wagen versteckt und spielten vorbereitete Klänge vom Band ab. Der ganze Platz war weiterhin leer. Mindestens 2000 Leute aber, zum Großteil vom Max-Josephs-Platz gekommen, standen drumherum und riefen: „Wir wollen keine Rassisten“, „München ist Bunt“ und dergleichen. Einige versprengte Europa-Fahnen waren dabei, drei Fahnen der Partei „Die Linken“ und einige Fahnen „München ist bunt“ oder einfach verschiedene Textilien in allen Regenbogenfarben.

Viele Leute machten Photos, die Stimmung war sehr fröhlich.

Nun kam das Beste: die Pegidas, nach wie vor in den Wagen versteckt,  ließen den Gefangenenchor aus Verdis Oper Nabucco hören. Das erzeugte sofort ein irre lautes Pfeif- und Schreikonzert von außen, man hörte nur noch sehr leise die an sich sehr laute Musik. Und für mich das Schönste: ein junges fröhliches Paar, Mieter in einem höheren Stockwerk am Marienplatz, hatten zwei große Boxen ins Fenster gestellt. Sie haben brav gewartet, bis der Chor zu Ende war. Dann spielten sie ein Klavierkonzert von Mozart über den Marienplatz, das man sehr gut überall hören konnte. Dazu warf die Frau selbst gefaltete Flieger aus dem Fenster – geschickt durchs Taubennetz hindurch – und lachte fröhlich. Viele Leute blieben stehen, denn ihre Unterhaltungen wurden nun von Mozart übertönt. Ich habe einen Flieger aufgesammelt und mitgenommen: es war sehr schön die Friedenstaube aufgezeichnet. Ich finde, treffender als mit Mozart kann man diesen selbsternannten Europa-Kultur-Verteidigern nicht antworten.

Mozart und Papierflieger gegen Pegida in München – Gastartikel


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