Die Jugend an der Wien probt “Figaro Royal”. Quirlig, lebendig und mit viel Spaß wird gesungen, getanzt und gespielt. Wir waren mitten drin.
„Deine bunten Socken sieht man gar nicht!“ „Wenn ich den blauen Schirm nehmen soll, dann muss er auch dort am Platz liegen wo ich dann bin; sonst geht sich das nicht aus!“ „Wie bespringt man eigentlich einen Mann?“
Lautes Lachen, hektische Gespräche zwischen den Regieverantwortlichen, ein stoischer Korrepetitor hinter dem Klavier, Geschnatter rundherum. Ich komme mir vor wie in einem Bienenschwarm, der sich aufs Ausfliegen vorbereitet. Und im übertragenen Sinne tun sie das auch. Die Jugendlichen, die in wenigen Tagen auf der großen Bühne des Theaters an der Wien stehen werden. In den Requisiten des derzeitigen „Figaro“ aber mit einer eigenen Inszenierung. Wär sonst ja auch ein wenig zu fad.
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„Figaro Royal“ nennt sich „ihr“ Stück. Und das „ihr“ darf man ruhig wörtlich nehmen. Denn, mit wem auch immer ich spreche, einhellig erzählen alle, dass dafür die Ideen der Mädchen und Burschen herangezogen wurden. Ausganspunkt war Mozarts „Le nozze di Figaro“, was herauskam, ist eine bunte Mischung aus Musik von Wolfgang Amadeus Mozart, die dramaturgisch mit einem roten Faden verbunden wurde. Nicht alles, was musikalisch erklingt, ist auch tatsächlich aus der titelgebenden Oper entnommen. „Um den Chor öfter einsetzen zu können, habe ich drei Notturni herausgesucht, die gut zum Stückverlauf passen. Es sind eigentlich Stücke für drei Stimmen, aber wir haben sie für den Chor adaptiert“. Raphael Schlüsselberg ist der musikalische Leiter der Jugendproduktionen, der auch hinter dem Dirigentenpult stehen wird. „Wer zu uns kommt, interessiert sich schon einmal für die Oper. Und wer hier mitmacht, muss einfach zumindest bei den Chorstücken mitsingen.“ Das ist eine klare Aussage. Und so singen sie alle. Die insgesamt 23 jungen Opernbegeisterten, denen man die Ungeduld, bald auf der Bühne stehen zu können, anmerkt. Geprobt wird bereits seit Oktober wöchentlich. Jetzt, kurz vor der Premiere, kommen sie täglich ins Theater. Ein enormer Aufwand, den alle neben der Schule auf sich nehmen. „Das macht so viel Spaß“, die spontane Aussage eines der Mädchen erklärt wohl, warum. „Unser Grundkonzept ist: Wir passen immer das Stück an die Leute an und nicht umgekehrt. Das Originalstück ist eine Fundgrube, aus der wir heraussuchen was passt. Klar muss man die Oper sehr gut kennen, um dann die richtigen Ergänzungen dazuzufinden. Aber eigentlich geht das ganz flott. Florian Reithner, der Mann am Klavier, ist mein Assistent und verantwortlich nicht nur für die Korrepetition, sondern auch für Chorproben, Transkriptionen oder auch Adaptionen einzelner Stücke für die jeweiligen Stimmen.“ Bei dieser Probe fehlt noch eines: Das Orchester. Das Jugendorchester und Unterstufen Kammerorchester des Musikgymnasiums Wien kommt zu den Proben im großen Saal. Da wird´s erst richtig spannend. Alles, was vorher Mozart-light war, bekommt dann erst den großen, unvergleichlichen Klang.
„Ich schimpfe, weil meine Mutter ständig das gleiche kocht“. Auch diese Aussage hängt mit der Aufführung zusammen. Daniel, dessen Muttersprache Kantonesisch ist, hat einen Soloauftritt. Dabei fegt er mit einem Bündel von Regenschirmen über die Bühne und schimpft wie ein Rohrspatz. Seine Mutter würde noch nicht genau wissen, worum es dabei eigentlich geht. „Wirst du sie im Publikum suchen, während der Aufführung?“ „Ja, ich glaub schon!“. Offenbar will Daniel auf Nummer sicher gehen, und die Reaktion abchecken. So ihm das in der Situation überhaupt möglich sein wird.
Das bunte-Socken-Problem wurde an diesem Nachmittag noch nicht gelöst. Die Aufteilung der Schirme sehr wohl. Und wie die Gräfin aus der Parterre-Wohngemeinschaft am besten in die Arme ihres Angebeteten springt, das erfordert noch ein paar Proben mehr. Eins steht aber fest: Mozart hätte einen Riesenspaß gehabt!
Termine: 19.04 17:00 Uhr & 20.04.2015 12:00 Theater an der Wien