Morretes & Marumbi Nationalpark: Ein kleines Stück vom Paradies im Süden Brasiliens

Morretes & Marumbi Nationalpark: Ein kleines Stück vom Paradies im Süden Brasiliens

Immer wieder treffe ich im Laufe meiner Reisen auf besondere Orte. Orte, die ich am liebsten auf Kleinformat schrumpfen und in meine Tasche stecken möchte, weil sie so schön, so anders, so erfüllend sind. Gemütlich und unaufgeregt. Einer dieser Orte befindet sich zwischen Curitiba und Paranagua inmitten der Berge des atlantischen Regenwaldes. Morretes.

Das Signalhorn des Serra Verde Express ertönt das letzte mal an diesem Tag. Die Schmalspurbahn hat sich die letzten drei aufregenden Stunden durch den Dschungel mit seinen üppig bewachsenen Bergen gekämpft. Nun endlich die wohlverdiente Pause für die Lok und für mich ein neues Kapitel meiner Reise durch den Süden Brasiliens. Bemvindo a Morretes. Willkommen in Morretes.

Mein Plan ist es, direkt am Abend wieder Richtung Curitiba aufzubrechen. Doch vorher möchte ich der kleinen Stadt die Chance geben, sich vorzustellen. Ich verlasse den winzigen Bahnhof, an dem Tag für Tag unendlich scheinende Güterzüge mit Fracht aller Art Richtung Küste vorbeidampfen. Und eben der kleine Touristenexpress Serra Verde. Der Zwerg im Zugkabinett.

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Portugiesisches Kolonialerbe

Ich betrete einen kleinen, mit Palmen gesäumten Platz. Schon die ersten Schritte zeigen das koloniale Erbe des geschichtsträchtigen Ortes im Regenwald. Morretes ist das Zentrum der Serra da Graciosa. Die Stadt wurde 1721 am Ufer des Rio Nhundiaquara gegründet. Ihr Aufstieg begann im 18. Jahrhundert mit dem Anbau von Zuckerrohr, Bananen, Ingwer und der Produktion des berühmten Cachaça (Zuckerrohrschnaps). Diese Waren wurden von hier ins ferne Portugal verschifft und verhalfen dem Städtchen zu einigem Wohlstand.

Und dieser Wohlstand von damals ist bis heute in Form der kolonialen Architektur spürbar. Ich schlendere durch die Gassen des historischen Stadtkerns. Prunkvolle, pastellfarbene Stadtvillen mit barocken Elementen. Kleine, bunte Häuser mit Rundbogenfenstern und typisch portugiesischen Azulejos, kunstvoller Kacheldekoration. Der Baustil hier ist unverkennbar mit dem Mutterland verbunden und wäre der Regenwald nicht, könnte man meinen, durch eine portugiesische Kleinstadt zu laufen. Ich bin verliebt.

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Entspanntes Leben am Fluss

Ich erreiche den Fluß, den Rio Nhundiaquara. Lebensader von Morretes und ein wunderbarer Fleckchen Erde, um innezuhalten und sich der Schönheit dieses Ortes bewusst zu werden. Das Ufer ziert eine zartgelbe Ufermauer, Kinder planschen im hüfthohen Wasser und eine Handvoll stoischer Angler sitzt unter den Schatten spendenden Palmen.

Hier befinden sich einige kuschelige Cafés und Restaurants mit südeuropäischem Flair. Ich esse ein typisches Gericht aus dieser Gegend in der Villa Morretes. Die Barreado ist ein kräftiger Eintopf, bestehend aus Rindfleisch, Zwiebeln, Tomaten, Essig und Knoblauch. Serviert wird das Gericht traditionell mit einem Brei aus Farinha de Mandioca (Maniokmehl), süßen Bananen, Orangenscheiben und Reis. Auf den ersten Blick gewöhnungsbedürftig, aber richtig lecker.

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Hier will ich bleiben!

Frisch gestärkt ziehe ich weiter durch die Stadt. Ich fühle mich so wohl, das ich entscheide, einige Tage länger hier zu verbringen. Das ist für mich ein wichtiger Aspekt auf Reisen. Zu bleiben, wo es mir gefällt, als von einem Ort zum anderen zu hetzen. Ich mache mich auf die Suche nach einem Hostel. Morretes ist aufgrund seiner Lage etwas teurer als der brasilianische Durchschnitt, aber ich finde mit dem Pousada e Hostel Vovó Idalina eine nette, preiswerte Unterkunft in einem Randbezirk.

Ich bekomme einige Tipps für die Umgebung von Diego, dem das Hostel gehört. Ich interessiere mich besonders für den Marumbi Nationalpark. Was sich anhört wie ein afrikanischer Safaripark, ist in Wahrheit ein Naturparadies inmitten des atlantischen Regenwaldes nahe Morretes. Überzogen mit grünen Bergen, tiefen Schluchten (Hier befindet sich der fünfttiefste Canyon der Welt) und einigen beeindruckenden Wasserfällen. Da möchte ich unbedingt hin.

Aufbruch in den Parque Estadual Pico do Marumbi

Am nächsten Morgen geht es früh los. Die Sonne geht gerade hinter den Berggipfeln auf, die sich noch in undurchsichtige Nebel hüllen. Morretes liegt verschlafen da. Nur vereinzelt sind Menschen unterwegs. Ich begebe mich zur Plaza, um auf mein Taxi zu warten. Den Nationalpark selbst erreicht man nur mit dem Auto. Ich habe vorgesorgt und den Abend zuvor mit einem Taxifahrer aus dem Ort die Fahrt vereinbart. Und siehe da, zwar 10 Minuten zu spät, aber er kommt. Nach kurzer Preisverhandlung (50 Reales = 15 Euro) geht es los in Richtung Marumbi.

Der Parkeingang liegt etwa 10 Kilometer ausserhalb der Stadt. Auf der Fahrt sieht man den Pico Marumbi, den mächtigen grün bewachsenen Berg. Über eine unbefestigte Straße mit etlichen Schlaglöchern, für die ein Fahrzeug mit Allrad Antrieb wesentlich nützlicher wäre, hüpft das Taxi Stück für Stück über Stock und Stein. Wir erreichen ein kleines Besucherzentrum, dem Startpunkt meiner Wanderung. Hier empfängt mich ein junger Mitarbeiter, der mir einiges über den Park und den Weg zu den Wasserfällen verrät.

Ich entscheide mich für ein Teilstück des Caminho do Itupava, einem 16,5 Kilometer langen, alten Indianerpfad, der quer durch den Park bis an den Rand der Großstadt Curitiba führt.

Die Natur im Park beeindruckt mich sofort. Ich wandere unter einem Dach aus Blättern vorbei an LKW-Reifen großen Farngewächsen und mit leuchtenden Blumen, Moos & Lianen bewachsenenen Urwaldriesen. Prachtvolle Schmetterlinge in allen erdenklichen Farben flattern über, neben und hinter mir.

Immer wieder bleibe ich stehen, um die fleißigsten Urwaldbewohner, die Ameisen, zu beobachten. Ich halte dabei aber respektvoll Sicherheitsabstand, denn hier leben die tropischen Riesenameisen, auch 24-Stunden Ameisen genannt. Diese kleinen Tierchen können durch ihren Stachel den grössten bekannten (24 Stunden andauernden) Schmerz bei Menschen hervorufen.

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Feel like Indiana Jones!

Die Hitze und Luftfeuchtigkeit wird von Minute zu Minute drückender. Mein Kopf glüht und der Schweiß läuft mir in Strömen ins Gesicht. Zum Glück ist ein kleiner Bach nicht weit und ich gieße mir eine ordentliche Portion Wasser über. Kurzzeitige Abkühlung. Ein betagtes Schild macht mich auf den Caminho do Itupava aufmerksam. Rechts lang. Ich erklimme eine alte, knirschende Holztreppe. Während der Weg zuvor breit und staubig war, ist dieser hier eng, feucht, und matschig.

Wenig Licht dringt durch die Baumkronen. Spinnennetze von beachtlichem Ausmaß versperren mir immer wieder den Weg. Manche spürt man erst, wenn man sie im Gesicht hat. Es reicht. Eine Waffe muss her. An einer kleinen Lichtung schnappe ich mir einen kräftigen Ast. Mit diesem bahne ich mir den Weg durch den Dschungel, sende nach jedem zerstörten Netz eine Entschuldigung in Richtung der achtfüßigen Baumeister.

Es geht bergauf. Ich höre nur noch meinen keuchenden Atem und die Geräusche des Regenwaldes. Knarzende Bäume, raschelnde Rankpflanzen, das Surren der Moskitos, die Schreie der Brüllaffen und das unentwegte, laute Zirpen der Zikaden.

Ich überquere Hängebrücken, hangel mich über am Boden liegende Baumskelette und springe über moskitoversuchte Wasserlöcher. Apropos Moskitos - denke bei einer Wanderung im Dschungel auf jeden Fall an ordentlichen Mückenschutz. Die lästigen Biester sind überall.

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Ziel erreicht - Am Salto dos Macacos

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Der Pfad führt über eine verlassene, fensterlose Bahnstation in Richtung der Wasserfälle. Nach wenigen Kilometern gesellt sich zu den mittlerweile vertrauten Geräuschen ein Rauschen, welches Schritt für Schritt lauter wird. So klingt nur ein Wasserfall. Ich beschleunige meinen Schritt und erreiche den Salto dos Macacos. Affen sind leider keine zu sehen, aber dafür der 30 Meter hohe Wasserfall, der sich in kleine graue Steinbecken ergießt. Ich reiße mir meine klebenden Klamotten vom Körper und nehme ein erfrischendes Bad. Der perfekte Abschluß einer faszinierenden Wanderung.

Infos Morretes & Marumbi Nationalpark:

Anreise Morretes

Nach Morretes gibt es täglich mehrere Busverbindungen aus Curitiba oder Paranagua. Die schönste Art, die Stadt zu erreichen, ist jedoch mit dem Serra Verde Express. Diese spektakuläre Zugfahrt führt durch den atlantischen Regenwald und zählt zu den schönsten in Südamerika.

Tour zum Marumbi Nationalpark

Verschiedene Touren in den Marumbi Park und zu den Wasserfällen bietet Calango Expedicoes. Das Büro findest du im historischen Stadtkern von Morretes (Rua Gal. Carneiro, 06)

Günstiger ist es, sich an der Plaza ein Taxi zu nehmen und den Park auf eigene Faust zu erkunden. Du solltest aber über eine gute Orientierung verfügen, denn die Wege sind teilweise verwildert und man kann sich schnell verirren.

Unterkunft

Morretes ist ingesamt recht teuer bei Übernachtungen. Ich kann dir das kleine Hostel Pousada e Hostel Vovó Idalina empfehlen. Einfach, aber günstig und sauber (ab 15€).

Wenn du im Süden von Brasilien unterwegs bist, statte Morretes einen Besuch ab. Du wirst es hoffentlich genauso lieben wie ich. Hat dir dieser Beitrag gefallen? Dann hinterlasse mir doch einen Kommentar.


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