Von Stefan Sasse
Zum Thema: SZ - Ist Hollande wirklich so gefährlich?
Bildnachweise:
Hollande - Matthieu Riegler (gemeinfrei)
Sarkozy - Aleph (CC-BY-SA 2.5)
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UMP - Logo der Partei
Francois Hollande
In den letzten Wochen führte Francois Hollande, der Präsidentschaftskandidat der französischen Sozialdemokraten, mit komfortablem zweistelligem Vorsprung vor Präsident Nicolas Sarkozy. Mittlerweile ist dieser Umfragenvorsprung jedoch deutlich zusammengeschmolzen. Zurückgeführt wird das gerne auf die langweilige Person Hollandes, der den Charme eines durchschnittlichen Schalterbeamten versprüht, aber mindestens genauso wichtig sind institutionelle Hilfen. Sarkozy verfügt, Berlusconi darin nicht unähnlich, über ein ganzes Mediennetzwerk, das ihm sehr gewogen ist und Hollande und der sozialistischen Partei sehr feindlich gegenübersteht. Welchen Effekt die ungewöhnlich massive Parteinahme Angela Merkels auf den französischen Wahlkampf bisher hatte, ist nicht ganz klar, aber spätestens seit vergangenem Freitag kann sie nicht mehr geleugnet werden: Angela Merkel sieht einen Sieg von Francois Hollande offensichtlich als eine große Gefahr für ihre Europapolitik. Angesichts von Hollandes Äußerungen, den mühselig ausgearbeiteten Fiskalpakt für die Gewährung weiterer Kredite und Garantien für Griechenland erneut verhandeln zu wollen, ist diese Furcht durchaus verständlich. Sollte Frankreich tatsächlich nach einem Wahlsieg Hollandes die bisherige Euro-Politik zur Disposition stellen, stünde Merkel vor einem Scherbenhaufen.Nicolas Sarkozy
Dies führte zu dem in der EU wohl bislang einzigartigen Schritt am Freitag: Merkel schloss ein Bündnis mit anderen konservativen Staatschefs - Großbritanniens Premier Cameron, Italiens Premier Mario Monti und Spaniens Präsident Mariano Rajoy. Die vier vereinbarten, Hollande keinesfalls in ihren Ländern zu empfangen. Unausgesprochen bleibt natürlich der andere Part: man wird Sarkozy eine Bühne bieten, um sich ganz präsidial präsentieren zu können und Frankreich mit Glanz und Glorie im Ausland zu vertreten. Obwohl Einmischungen dieser Art nicht vollständig neu sind - Präferenzen für einen Kandidaten wurden schon vorher sichtbar -, so ist das Ausmaß doch ein Novum. Die Strategie ist auch nicht ohne Risiko. Denn genau der Grund, der Merkel zu diesem radikalen Schritt treibt, würde im Falle eines Wahlsiegs Hollandes zum Problem werden: ohne Frankreich geht in der EU nichts. Wenn Paris in eine Opposition zu Berlin geht, wird die EU effektiv handlungsunfähig werden. Und sollte Hollande doch gewählt werden, so wird er Merkel mit Sicherheit nicht überragend freundlich gegenüberstehen.Logo der PS
Der Wahlkampf in Frankreich ist aber auch aus anderen Gründen interessant. Den wenig präsentablen Spitzenkandidaten etwa haben SPD und PS (Parti Socialiste) gemeinsam, ganz egal wen die SPD am Ende aufstellt. Der muss auch in Frankreich kein Hinderungsgrund sein, wenn man an das Debakel von 2007 zurückdenkt, als Ségolène Royale glaubte, nur mit Sex und Glamour gegen Sarkozy bestehen zu können. Die Strategie von SPD und PS aber unterscheiden sich radikal, was wohl neben dem innenpolitischen Kuschelkurs zwischen SPD und CDU ein weiterer Grund für die Isolierung Hollandes in Deutschland ist: während die SPD ganz auf staatsmännisch und pragmatsich macht und sich konservativer als die CDU gebärdet, setzt die PS auf die Pointierung und das dedizierte Herausstellen eines linken, populistischen Profils. Der letztliche Erfolg dieser Strategie dürfte einige Rückschlüsse auf das Vorgehen der SPD zulassen. Programmatische Forderungen der PS wie die Einführung eines neuen Spitzensteuersatzes von 75% haben hohe Symbolwirkung. Seine tatsächliche Wirkung wäre gleich null, da er progressiv erhoben würde, aber eine solche Forderung polarisiert wie kaum eine andere. Auch die Ankündigung, den ungeliebten Fiskalpakt neu zu verhandeln ist eine klare Kampfansage.Logo der UMP
Man kann über Sinn und Unsinn dieser Maßnahmen streiten, und ob sie tatsächlich umgesetzt werden (sollten) ist eine ganz andere Frage. Es ist aber deutlich zu sehen, dass die PS sich entschlossen hat, die Wahl zu einer Richtungsentscheidung zu machen. Während hierzulande SPD und CDU besonders in Fragen der EU-Politik kaum abweichende Positionen vertreten, stehen PS und UMP (Union pourun movement populaire) in Frankreich disparat auseinander. Die PS scheint die EU eher in eine progressivere Richtung bewegen zu wollen, in eine Gegenposition zu den Finanzmärkten, und auf eine eher klassisch starke, keynesianisch angehauchte Rolle des Staates zu pochen. So oder so wird damit eine Polarisierung und Alternativstellung aufgebaut, die es in Deutschland 2013 aller Voraussicht nach nicht geben wird. Es wird spannend sein zu sehen, welchen Erfolg die Taktik der PS hat, und welche Folgen sich daraus für Frankreich, für Deutschland und für Europa ergeben.Zum Thema: SZ - Ist Hollande wirklich so gefährlich?
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Sarkozy - Aleph (CC-BY-SA 2.5)
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