"Mord – Sir John greift ein" ist eng mit der Bühne verbunden. An einer Stelle soll der geflüchtete Kriminelle und Theaterschauspieler ("Halbblut": Esme Percy) per Skript überführt werden, das den genauen Tathergang und dessen Umstände zum Thema hat. Den Mord spart die Vorlage aus – Fane (Percy) hält abrupt inne, als er merkt, dass er seine Rolle über die nun weißen Blätter hinaus, bis zum Geständnis, spielen soll. Eine, zugegeben, mehr als hintergründige, verqueere Hitchcock-Sequenz. Ob die herauszulesende Kunstallegorie der Handlung des Films unbedingt mit der erstmalig im Hitchcock-Kosmos umschmeichelten Whodunit-Attitüde (dargestellt von einem eitlen, vollständig langweiligen Sherlock-Holmes-Verschnitt) zu vereinbarten ist, steht im Zweifel: Während die symbolisch plumpen Parallelen zu Shakespeare jene verdünnte Psychologie ersetzt, die Hitchcock bis ins Spätwerk hinein demonstrativ betonte, ist "Mord – Sir John greift ein" für einen Whodunit zu konventionell konstruiert.
Ein krudes Konglomerat aus homosexuellen Untertönen führt zu einem (immerhin filmisch pittoresk eingeleiteten) Erklärbär-Twist, der aber letztlich nur in Gedanken längst ausformulierte Mutmaßungen bekräftigt. Weitgehend dialogisch redundant rattert Hitchcock ohne visuelle Vertiefungen die Wendungen herunter. Der Whodunit, zu einem, der die Zwischenspannung liebt und sie vor allem bildnerisch forciert, scheint er nicht zu passen, ist er uninteressant, ja die regelrecht falsche Herangehensweise an einen Nervenkitzelstoff. Was dagegen auffällt, ist, dass der Film die meinungsvielfältigen Jurysitzungen der "zwölf Geschworenen" Sidney Lumets handwerklich haargenau vorwegnimmt und mit dem sich gleichermaßen schattenhaft erhebenden Galgen wie einer Uhr, gleichnishaft für die schnell ablaufende Zeit der unschuldig Eingesperrten (Norah Baring) hinter Gittern stehend, wenigstens formidables Hitchcock-Material in kleineren Dosierungen enthält. Zu vernachlässigen.
4 | 10