Roberto Morbioli
Nun ja, meine alte Heimatstadt Aachen war noch nie ein El Dorado für Bluesfans. Leider. Und an einem Karnevalssonntag sind die meisten Leute beim Feiern oder auf der Flucht vor dem Trubel.20:15 Uhr, Jakobshof in der Stromgasse, backstage. Roberto Morbioli, Daniele Scala, Stefano Dallaporta und Diego Pozzan, kurz Morblus, ihre Managerin Carolin Wobben und meine Wenigkeit harren der Dinge die kommen.„Schreibst du wieder etwas über das Konzert?“, fragt mich Carolin. „Hm, nicht viel. Vielleicht zwei Zeilen.“, feixe ich. „Wieso?“ – „Pro Zuschauer eine Zeile.“ Der Witz will gar nicht zünden. Vor der Bühne befindet sich zu dieser Zeit noch niemand.
Mit weiter tickender Uhr sinkt die Laune bei den Musikern. „Kommt, wir packen ein, fahren ins Hotel und machen uns einen schönen Abend.“, brummt Roberto, dem die Lust, überhaupt am heutigen Abend noch zu spielen völlig abhanden gekommen scheint. Verständlich: Schließlich ist die ganze Truppe heute eigens knapp 400 Kilometer von Hannover angereist, wo sie gestern in der Blues Garage einen fulminanten Auftritt hatte. Und morgen geht es wieder Richtung Norden nach Osnabrück. Life on the road. Ich linse durch die Tür in den kleinen Saal, vier Leute machen es sich gerade an einem Tisch rechts vor der Bühne gemütlich, eine fünfte Peron steht noch etwas unschlüssig herum. „Wir haben so etwas früher immer öffentliche Probe genannt.“ Auch dieser mein Versuch, die Stimmung etwas zu heben, wird nur mit einem müden Lachen quittiert. Umziehen für die Bühne oder nicht. Da gab es doch das ungeschriebene Gesetz, das besagt, dass, solange mehr Leute auf der Bühne stehen, als davor, nicht gespielt werden muss. Carolin spricht ein paar eindinglich motivierende Worte. Einer nach dem anderen verzieht sich in die Garderobe und kommt bühnenfein wieder zurück. „Ok, dann spielen wir eben ein paar Titel, das sind wir dem Publikum auch schuldig.“ In der Tat: Die eben oben erwähnten Vier sind über 300 Kilometer aus den Niederlanden angereist. Solchen Leute möchte man nicht vor den Kopf stoßen. Jetzt heißt es, professionell zu handeln. Und genau das tut das Quartett von nun an auf der Bühne. Keine Spur von Frust oder Unlust fließt ins Spiel. Im Gegenteil. Man groovt sich so richtig in gute Laune hinein. Aus ein paar angedachten Titeln werden insgesamt knapp 2 Stunden Performance. Und die ist so gut wie immer und rechtfertigt und unterstreicht wieder einmal meine Behauptung, dass Morblus absolut zu den besten Bluesbands auf dem Alten Kontinent gehört. Das Echo bei den wenigen Anwesenden auf das auch in meinem Empfinden gelungene „Privatkonzert“ ist mehr als gut. Nach meiner eigenen Aussage hätte ich bei diesem Bericht jetzt nach 10 Zeilen aufhören müssen. Denn mehr zahlendes Publikum findet sich heute nicht mehr ein. Aber ich tue es der Band gleich und beweise Professionalität, indem ich doch die selbst gesetzte Grenze sprenge. Ich kann nur wiederholend sagen: Leute, geht in die Konzerte im Allgemeinen und zu denen von Morblus im Besonderen. Ton- und Bildkonserven sind schön und gut, können jedoch niemals ein Live- Konzert ersetzen. Die Eintrittspreise sind hier äußerst moderat. Sie haben nichts mit der Gigantomanie mancher Veranstaltungen zu tun, bei denen man unter 70 bis 80 Euro keine Karte mehr bekommt. Die Atmosphäre bei diesen kleinen Clubkonzerten ist um einiges dichter und persönlicher als es in den Arenen und Stadien überhaupt der Fall sein kann. Ich habe jedenfalls den Weg zu diesem Gig nicht versäumt und bin um eine tolle Konzerterfahrung reicher. Genau diesen Reichtum werde ich noch vermehren, indem ich am kommenden Freitag (11.03.2011) ein weiteres Morblus- Konzert im Leverkusener Topos besuchen werde. Vielleicht sieht man sich ja. Text und Fotos (c)2011 Tony Mentzel |