Montagsmahnwachen ja – aber ohne NPD

Seit einigen Wochen stehen sie wieder Montags auf der Straße wie anno 1989 in der Ehemaligen. Damit geraten sie ins Blickfeld unterschiedlicher Organisationen mit unterschiedlichen Zielen

Es gibt keinen Weg zum Frieden. Frieden ist der Weg
Mahatma Gandhi

MontagsmahnwacheKommentar – Den Journalisten Ken Jebsen oder den Veranstalter Lars Mährholz in die rechte Ecke stellen zu wollen, erinnert eher an einen albernen Spaltungsversuch als an eine ernstzunehmende Warnung. Rechtsradikale Friedensverschwörer gibt es ebenso wenig Jutta Ditfurths ‘Neurechte’. Montagsmahnwachen sind darum eine prima Sache. Ganz besonders, wenn die Ziele die richtigen sind. Wie zum Beispiel der Erhalt des Friedens. Aber auch Aufklärung der Allgemeinheit in Form von Redebeiträgen spielt eine wichtige Rolle. Durch das Internet befinden wir uns erneut in einem Zeitalter der Aufklärung. Die Montagskundgebungen verstärken diesen Effekt zusätzlich und mit wachsendem Erfolg. Je mehr diese Mahnwachen jedoch an Einfluss gewinnen, desto eher steigt auch das damit verbundene Risiko, dass antidemokratische Kräfte die Veranstaltungen als Vehikel für ihre eigene Agenda zu missbrauchen versuchen. Um sich quasi auf dem Rücken der Demonstranten von diesen die Treppe hinauftragen zu lassen. Aus diesem Grund bewirbt derzeit die faschistoide NPD die Montagsdemos massiv. Und sei es nur, damit deren V- Leute die Kundgebungen diskreditieren können. Dieser Entwicklung gilt es beizeiten entgegenzutreten, Mittel und Wege gibt es hierfür genügend.

So halte ich es für einen Fehler, sich nicht klar genug gegen Rechts abzugrenzen. Wer behauptet, es gäbe weder Rechts noch Links, das seien alles nur Spaltungsversuche, blendet dabei aus, dass in den letzten 20 Jahren mehrere hundert Menschen fremdländischer Herkunft zu Opfern rassistischer Gewalt wurden. Ich will mich nicht gemein machen mit jenen, die in Mölln und Hoyerswerda bewohnte Häuser angezündet haben. Wir können nicht verhindern, dass derartige Leute sich zu den Besuchern der Montagsmahnwachen hinzu gesellen. Wir können jedoch so klare Kante zeigen – und sollten dies auch tun – dass diesen Personen die Lust am Unterwandern und Trittbrett fahren vergeht. Beispielsweise in dem wir uns offen und eindeutig mit genau jenen Menschen solidarisieren, die den Rechten am quersten und schwersten im Magen liegen. Mit Ausländern und Flüchtlingen hier in Deutschland beispielsweise.

Es genügt aus meiner Sicht nicht, sich auf die Kritik an der FED zu beschränken. Die FED ist nicht die Ursache, sie ist ein Symptom. Ein Symptom des Kapitalismus. Und auch hier öffnet sich eine ideologische Fallgrube. Zu Beginn der 30er Jahren unterschied die damalige NSDAP im Wahlkampf zwischen schaffendem und raffendem Kapital. Das schaffende Kapital war das Warenhandelskapital, das raffende hingegen das jüdische Bankenkapital. Dass die NPD hier Morgenluft wittert, darf an dieser Stelle nicht bagatellisiert werden. Denn Faschismus ist letztlich nichts anderes, als die Verschmelzung von Konzernmacht und Staatsmacht zu einer verbrecherischen Geldverdienmaschine auf Kosten ganzer Nationen. Und dieser verheerende, Menschen verschlingende Moloch überwucherte die Erde stets von Westen her, nie jedoch von Osten.

Abgrenzungsstrategien

Nazis, um es rund heraus zu sagen, haben auf Montagsdemos nicht zu suchen. Die Menschen dort stehen für Freiheit, Meinungsfreiheit, Solidarität mit allen Völkern und Menschlichkeit. Faschismus hingegen ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen. Nirgends wird einem dies gerade deutlicher vor Augen geführt, als in der Ukraine. Dort zieht schon seit Wochen ein widerwärtiger, mordender Mob um die Häuser Kievs und zerstört das Land komplett. Und es kann nicht der geringste Zweifel daran bestehen, dass diese Verbrecherbande von westlichen Eliten finanziert und unterstützt wird. Mit anderen Worten: „Bei uns wohnt die Armut bei den Menschen, der Reichtum hingegen bei den Faschisten.“ Lasst uns das ändern. Jedoch nicht gemeinsam mit der NPD. Für die verlören die Mahnwachen schnell ihren anregenden Geschmack, würden ein paar Punkte in die Agenda der Kundgebungen eingefügt.

So sollte zum Beispiel eine klare Opposition zu Faschismus, Nationalismus und Rassismus kommuniziert werden. Es gilt Flagge zu zeigen für eine plurale, menschenfreundliche und multinationale Gesellschaft in Deutschland. Das ist unsere letzte Gelegenheit, dies zu tun. Das Zeitfenster für Occupy und ähnliche Experimente hat sich bereits wieder geschlossen. Sollten die Montagsdemos nicht zum gewünschten Erfolg führen, dann hindert nichts mehr unser Land und Europa, von einer weichen in eine harte Diktatur abzugleiten. In eine Diktatur der Konzerne, der Industrie und der Banken. Daher ist es umso wichtiger, sich mit allen demokratischen Kräfte zu solidarisieren.

Wir sollten uns öffentlich und lautstark solidarisch erklären mit jenen, die unserer Hilfe bedürfen. Denn genau das unterscheidet uns von den Rechtsnationalen. Die denken nämlich nur in nationalen oder europäischen Grenzen. Hieß es früher noch: „Deutschland den Deutschen. Ausländer raus,“ so heißt es heute: „Europa den Europäern. Nichteuropäer raus.“ Es ist exakt dasselbe Spiel wie im dritten Reich. Sozial ja, aber nur für die Nation. Daher Nationalsozialismus. Heute könnte man hingegen eher vom Kontinentalsozialismus sprechen. Ideologisch ist es das Gleiche. Auch die Finanzströme sind dieselben. Es geht daher vor allem um die Systemfrage an sich.

Mag schon sein, dass ein paar von den NPDlern sich für einen Frieden mit Russland aussprechen. Aber nicht, weil sie die Russen so lieb haben, sondern weil Russland mächtig und zu stark für einen weiteren Überfall ist. Wäre Russland schwach und instabil, so klänge deren Tenor wohl ganz anders. „Nichts wie rein,“ so hieße es dann, „bevor andere sich die Rohstoffe holen.“ Wiegesagt, die scheißen auf alles, bis auf ihren erbärmlichen Nationalismus. Im Dritten Reich galt als Deutscher, wer auf dem Boden des Deutschen Reiches aus dem Schoße einer deutschen Mutter, gezeugt von einem deutschen Vater, zur Welt kam. Franzose hingegen war zu früheren Zeiten ein jeder, der die französische Verfassung und die darin verankerten Menschen- und Bürgerrechte anerkannte. Die Blutsverbindung war den Franzosen egal. So dämlich waren offenbar nur die Deutschen. Mein Wunschzettel wäre dementsprechend folgender:

Wir sind gegen:

  • deutsche, europäische, amerikanische und generell jedwede politische, wirtschaftliche und militärische Dominanz
  • Wir sind gegen Faschismus, Rassismus und Nationalismus
  • Wir sind gegen NPD, NSU, Thüringer Heimatschutz, Ku Klux Klan und weitere rechtsextreme Gruppierungen
  • Wir sind gegen Xenophobie und Fremdenhass
  • Wir sind gegen Extremismus jedweder Couleur
  • Wir sind gegen Strukturelle Gewalt
  • Wir sind gegen Kapitalismus und deren Brut, die FED
  • Wir sind gegen Desinformation und Medienpropaganda
  • Wir sind gegen die Überwachung unverdächtiger Bürger
  • Wir sind gegen staatlich verordnete Parzellisierung der Bürger (Vereinsamung von Menschen durch Auflösung des Familienmodells, Singlehaushalte)
  • Wir sind gegen Obskurantismus, als das Bestreben, Menschen bewusst in Unwissenheit zu halten, ihr selbstständiges Denken zu verhindern und sie an Übernatürliches glauben zu lassen wie z.B. die Al Nusra- Honks in Syrien oder Kreationisten in den USA
  • Wir sind gegen Kinder- und Sklavenarbeit überall in der Welt

Es genügt natürlich nicht, lediglich zu wissen, was man nicht will. Dadurch wird man nicht glaubwürdiger. Man muss also auch positive Intentionen formulieren. Mit anderen Worten:

Wir sind für:

  • Wir sind für Frieden
  • Wir sind für Menschenrechte
  • Wir sind für Solidarität mit Erwerbslosen und Obdachlosen
  • Wir sind für Solidarität mit Flüchtlingen aus aller Welt
  • Wir sind für Solidarität mit allen Menschen mit Wurzeln fremdländischer Herkunft hier in Deutschand und weltweit
  • Wir sind für Solidarität mit behinderten Menschen
  • Wir sind für Solidarität mit alten Menschen
  • Wir sind für Gleichberechtigung unter den Völkern der Welt
  • Wir sind für ein gutes Verhältnis zu Russland und globale Völkerverständigung

Spätestens an dieser Stelle würde es sich die NPD dreimal überlegen, ob sie diese Veranstaltungen auch weiterhin bewirbt oder sich stattdessen aus der Schusslinie bringt, bevor ihre Mitglieder der Parteispitze einen Vogel zeigen. Ein NPD- Vorstand, der flüchtlingsfreundliche und antirassistische Veranstaltungen bewirbt, ist in solchen Kreisen eher unhaltbar.



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