Hallo ihr Lieben! 🙂
Letzte Woche bin ich ausnahmsweise von meinen üblichen Verhaltensweisen als Bücherwurm abgewichen. Am Montag erzählte mir meine liebe Kollegin E., die ebenfalls ziemlich buchverrückt ist, dass Dussmann einen Ausverkauf englischer Bücher veranstaltet. Das Kulturkaufhaus Dussmann ist stadtweit einer der größten Händler für Bücher, Musik, Filme und vieles mehr in der Berliner Friedrichstraße. Ich war natürlich sofort Feuer und Flamme. Wir verabredeten uns für den Dienstag nach Feierabend. Ich kenne Dussmann schon lange, wusste bisher jedoch nicht, dass sie nicht nur einfach eine Abteilung für englischsprachige Literatur haben, sondern EINEN. KOMPLETT. EIGENEN. LADEN. Dieser befindet sich zwar im selben Gebäude direkt neben den Hauptverkaufsräumen, aber den Kund_innen wird der Eindruck vermittelt, dass es sich um ein eigenständiges Geschäft handelt, das die größte Auswahl englischer Bücher bietet, die ich je in meiner Stadt gesehen habe. Es war wundervoll.
Wir haben recht schnell festgestellt, dass der Stapel runtergesetzter Exemplare nicht das Gelbe vom Ei war und haben uns auf eine Erkundungstour des normalen Sortiments begeben. Meine Selbstbeherrschung wurde auf eine harte Probe gestellt, die ich mit Bravour bestanden habe. Ich habe lediglich zwei Bücher gekauft: „The God is Not Willing" (Witness #1) von Steven Erikson, über das ich vor Glück beinahe in Tränen ausgebrochen wäre, und „Rules of Civility" von Amor Towles. Für dieses Buch bin ich von meinen Regeln für den Buchkauf abgewichen. Ich hatte noch nie davon gehört und habe mich gar nicht erst um den Klappentext gekümmert. Stattdessen vertraute ich E., die Amor Towles als ihren Lieblingsautor deklarierte. Ich beschloss kurzerhand, ihr zu vertrauen und habe auch sofort mit der Lektüre begonnen. Bisher wurde ich nicht enttäuscht. Das Buch gefällt mir wirklich gut. Manchmal vergesse ich, wie schön literarische Spontankäufe sein können. 🙂
Die heutige Montagsfrage von Antonia von Lauter&Leise beantworte ich daher heute als ausgesprochen glücklicher Bücherwurm. 😉
Diese Frage ist auf den ersten Blick unverständlich, daher eine kurze Erklärung, was Antonia meint: Sie möchte wissen, ob wir glauben, dass das Erscheinen des Buches allein nicht ausreicht, um auf dem Buchmarkt zu bestehen. Sie fragt, ob Bücher ohne Werbemaßnahmen heutzutage nicht mehr erfolgreich sein können. Bevor ich die Beantwortung angehe, möchte ich ausdrücklich darauf hinweisen, dass das heute bloß meine persönliche Meinung ist, die ich nicht auf Validität überprüft habe.
Nein, ich glaube nicht, dass jedes Buch eine aggressive Begleitkampagne braucht, um Erfolge zu feiern und ich glaube auch nicht, dass Verlage so vorgehen, selbst wenn es Antonia so erscheinen mag, als erhielte mittlerweile jede Neuerscheinung ein Maßnahmenpaket. Wir wissen, dass Verlage mit relativ wenigen, sehr erfolgreichen Büchern (Sagen wir zum Beispiel: Der neue Fitzek.) den Rest ihres literarischen Programms teilfinanzieren. Und ja, diese Bücher werden mittlerweile oft mit aggressiven Maßnahmen beworben: In den sozialen Netzwerken, durch Out-of-Home-Formate wie Plakate, durch eigene Websites, Radiowerbespots und natürlich über PR-Auftritte des Autors oder der Autorin. Aber - und da könnt ihr meinem Urteil vertrauen, weil ich in einer Kommunikationsagentur arbeite - diese Maßnahmen sind TEUER. Macht euch da keine Illusionen, wird zum Beispiel ein Instagramkanal für eine fiktive Buchfigur eröffnet, steckt dahinter vermutlich nicht der Verlag und schon gar nicht der_die Autor_in selbst. Der Verlag beauftragt höchstwahrscheinlich eine Agentur damit, eine Kampagne zu konzipieren, die sich aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt. Das heißt, es muss ein externer Dienstleister bezahlt werden, der diesen hypothetischen Instagramkanal aufbaut, befüllt und betreut, Plakate entwirft, die Website launcht und so weiter und so fort. Glaubt mir, das ist nicht billig. Darum können gar nicht alle Veröffentlichungen mit diesem Maß an Öffentlichkeitsarbeit geadelt werden. Es wäre ein Verlustgeschäft für die Verlage.
Demzufolge muss es zwangsläufig viele Neuerscheinungen geben, die lediglich ein Mindestmaß an strategischer Bewerbung bekommen. Trotzdem erleben wir regelmäßig, dass auch diese Bücher erfolgreich werden. Sonst würden wir ja nie über „Überraschungserfolge" sprechen. Einige dieser Bücher surfen auf dem Zeitgeist und profitieren von dem Trubel, den andere Bücher generieren. Einige Bücher sind erfolgreich, weil ihre Autor_innen große Namen haben: Ich denke da zum Beispiel an die Veröffentlichungen von N. K. Jemisin, die sich nicht nur einer stetig wachsenden Leserschaft erfreut, sondern auch regelmäßig alle Awards der spekulativen Fiktion abräumt. Awards, Preise und Auszeichnungen sind für sich genommen ebenfalls ein Faktor, der den Erfolg eines Buches beeinflussen kann. So werden die Werke von Literaturnobelpreisträger_innen nach der Verleihung oft von Verlagen neuaufgelegt, weil mit einem gesteigerten Interesse zu rechnen ist.
Die Fankultur, die Antonia erwähnt, spielt natürlich auch eine Rolle. Manche Bücher werden nur durch die Leser_innen zum Erfolg. „The Martian" von Andy Weir erschien zum Beispiel ursprünglich im Selfpublishing und erhielt erst einen traditionellen Verleger, als die Verkaufszahlen durch die Decke gingen. Tad Williams kehrte nach 30 Jahren nach Osten Ard zurück, weil seine Fans nicht locker ließen. Deshalb stimme ich Antonia durchaus zu, die Fangemeinschaft hat Macht und ist häufig direkt dafür verantwortlich, dass ein Buch erfolgreich wird.
Bei Fällen wie HP ist die Lage etwas komplizierter und scheint oft die Frage nach Henne oder Ei zu rechtfertigen: Was war zuerst da? Der Kult oder die Werbemaßnahmen? Das ist nicht immer eindeutig zu trennen, weil die Verlage mit Vorliebe in eine Werbestrategie investieren, wenn abzusehen ist, dass das entsprechende Buch Gewinne abwirft, die die Werbekampagne refinanzieren. So bedingen sich Fankult und Werbung gegenseitig.
Am Ende sind es meiner Meinung nach nur wenige Bücher, die wirklich ein Rundum-Sorglos-Werbepaket bekommen. Dennoch haben wir einen vielfältigen Buchmarkt, was meiner Meinung nach ein verlässliches Indiz dafür ist, wie viele Bücher ohne großes Tamtam veröffentlicht werden und trotzdem bestehen. Ich muss allerdings zugeben, dass ich die meisten Werbemaßnahmen aus meiner persönlichen Blase heraus nicht wahrnehme. Das mag mit meinen Lese- und Buchkaufgewohnheiten zusammenhängen, ist aber sicher auch eine Folge dessen, dass ich Medien generell nur ausgewählt konsumiere. Das prägt natürlich mein Bild - folglich könnte ich mit meiner Einschätzung auch hart danebenliegen.
Ich freue mich wie immer sehr auf eure Beiträge und Kommentare und wünsche euch allen einen freudigen Start in die neue Woche!
Alles Liebe,
Elli ❤️