Aller Reife geht das Spiel voran. Das kleine Mädchen spielt sich von der Puppenstube her zur Mutter, der Knabe vom Aquarium her zum Forscher hin oder, wie das Kind Goethe, vom spielerischen Aufbau eines aus den Welten-Elementen Stein, Pflanze, Tier und Feuer gefügten Altares zur Rolle des bevollmächtigten priesterlichen Verkünders der Geheimnisse. So tobt denn im Aprilwetter die Jugend des Jahres, zwischen Graupelschauer, Sonnenschein, erstem Gewitter und plötzlichem Rückfall in Eis und Reif wie ein Böcklein hin und her springend, ihr wildes Verspieltsein in des Kosmos Chronik. Das Schüttelnde, Rüttelnde, nirgends solide und dennoch so funkelnd mit Reichtümern Prunkende des April ist einem Kursus in der großen Abhärtung gleichzusetzen, der die Kreaturen nunmehr preisgegeben werden. Die leisen Lenzverkündigungen des März, rosa Pestwurzblüten am Grabenrand, gelbe Sönnchen des Huflattichs den Weg entlang, Veilchen im Gras, Seidelbast am Waldessaum und überall die flimmernden Kätzchen der Weiden - es ist all dies auch im April noch da, doch eine kräftigere Küche kocht inzwischen ihre Säfte und Gewürze in den herben Tag. Es wird Zeit, die Frühlingskräuter zu ernten und in Suppen- oder Salatform auf den Tisch zu bringen.
Ob der Abend kühl ist oder lau, die Amseln sitzen auf den Giebeln und im Obstbaum, der gegen Ende des Monats zu erblühen beginnt, und ihre Strophe betet weltenalte Gebete, die Wiedergeburt des Jahres zu verehren. Im Westen versinkt der Orion, der Weihnachtskünder, dessen riesiges Sternbild in den Septembernächten aus den östlichen Räumen emporzuklimmen beginnt. Die Erde, die tief im Winter den Atem in sich zurückstaute wie ein indischer Yogi, wenn er den Zustand der Vereinigung des höheren Selbst mit der Gottheit, wenn er Samadhi erreichen will, beginnt nun immer stärker auszuatmen: ihre Ätherfülle, die sich weit flutend in die Räume ergießt, tritt gleichsam in den lebendigen Verkehr mit der Welt der Gestirne - und je lebhafter und reicher von Monat zu Monat dieser Austausch zwischen Erdenstern und Himmelsternen vonstatten geht, desto zahlreicher sprossen, als irdische Antwort auf die kosmische Befruchtung, die Blütensterne auf, die Abbilder der Himmelslichter, die schuldlosen Organe der Liebe im Pflanzenreich.
Alles Lebendige hat seine drei irdischen Formen der Selbstentfaltung: Sal, Mercurius und Sulphur, so lehrte es Paracelsus von Hohenheim, der eigenwüchsige Erneuerer des Einweihungswissens zur Zeit der Renaissance. Sal, das Salz, steht mit seinen stofflich-harten Kubusformen der Kristalle für irdische Verfestigung, Merkurius, das Quecksilber, quecksilbert flüssig, vermittelnd und nach Art des Götterboten Merkur als Bote zwischen Niederem und Höherem hin und her, Sulphur, der Schwefel, endlich deutet auf die geheimnisvolle Existenz des Flammenden, Feurigen, sich Verflüchtigenden hin, auf die Sublimation ins Überweltliche.
Wer unter Kaskaden von Faulbaumblüten durch einen April-Park schreitet, sei des Feuers der Schöpfung eingedenk, wie es in den Düften lebt und wie es immer nur ein und dasselbe meint und minnt: die Liebe.
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