Schon länger habe ich mich mit dem Thema Critical Mass beschäftigt und wollte unbedingt auch einmal da mitfahren. Für den der es nicht kennt sollte sich HIER DIE ERKLÄRUNG mal anschauen!
Treffpunkt
Bisher hatte es aus terminlichen Gründen nicht geklappt, doch am Freitag war es dann soweit. Bei besten Wetter trafen sich auf den Essener Willy-Brand-Platz zahlreiche Radfahrer mit den unterschiedlichsten Rädern. Alles war vertreten. Vom Fixie, Liege-, Tandem- und Trekkingrad bis zum Mountain- und eBike war dort so ziemlich alles vertreten. Genauso war von Klein bis Groß alles dabei. Ob im Kindersitz oder selber trampelnd auf dem Kinderfahrrad. Toll. Die Stimmung war ausgelassen und man kam direkt mit anderen Leuten ins Gespräch als es kurz nach 19 Uhr dann scheinbar zufällig los ging. Da es ja offiziell keine Veranstaltung ist und auch keine Demo, gelten in Deutschland mindestens 15 Radfahrer als sogenannte „kritische Masse” und als ein einziges Fahrzeug. Wenn der erste zum Beispiel vorne im Verband über eine grüne Ampel fährt, diese dann aber auf rot springt, darf das gesamte „Fahrzeug” über diese rote Ampel fahren. Außerdem darf auch nebeneinander gefahren werden!
Und so fuhr unser Fahrzeug dann los. Der erste vorne bestimmte die Richtung. Ich war ziemlich in der Mitte unterwegs um mir erst einmal einen Überblick zu verschaffen wie so etwas abläuft. Zur Critical Mass gehört auch die Fahrradklingel, die bei überfahren einer Ampel hundertfach erschallt. Genauso wie eine tolle Beleuchtung, die bei so manchem Rad wirklich gelungen war! Ein Spektakel. Autofahrer waren verdutzt was da über die Straße fuhr. Viele waren empört das da anscheinend über rote Ampeln gefahren wurde und hupten aus ihren Blechkisten. Die Reaktion der Masse: man winkt lächelnd den Autofahrern zu! Ganz entspannt.
Um die Autofahrer vor sich selbst zu schützen wird z.B. an gefährlichen Kreuzungen „gekorkt” oder „geblockt”. Da stellen sich dann Radfahrer quer vor Autos, damit diese nicht versuchen irgendwie durch die Masse zu kommen und die anderen Radfahrer gefährden. Das Korken funktioniert beeindruckend gut.
Am Anfang ging es sogar in ein Parkhaus! Bei vielen Radfahrern sah man in den Gesichtern „wie jetzt???”, doch man konnte dort direkt rein und geradewegs wieder herausfahren. Die Gesichter der Autofahrer, die von den oberen Decks des Parkhauses kamen: unbezahlbar!
Kreuz und quer ging es durch die Essener Innenstadt, gemütliches treten in die Pedale. Ein Cargo-Bike hatte eine dermaßen geniale Musikbox auf dem Fahrrad, das die ganze Critical Mass beschallt wurde. Chillige Gute-Laune-Musik ertönte aus den Boxen und man hatte ein richtig geiles „WIR”-Gefühl. In Rüttenscheid saßen die Leute bei dem guten Wetter draußen in den zahlreichen Cafes und waren erstaunt über das Spektakel, welches sie da auf der Straße geboten bekamen. Manche streckten den Daumen in die Höhe, anderen applaudierten. Nur die Autofahrer waren ein wenig unentspannt, obwohl auch da einige freundlich gesinnt hupten!
Dann kam der große Kreisverkehr am Limbecker Platz! Und jetzt stelle man sich diesen Verbund an Radfahrern, dieses „eine” Fahrzeug dort vor! Immer kreisend! Herrlich!
Dann ging es langsam, nach rund 18 Kilometern, wieder zurück zum Ausgangspunkt. Die Leute klatschten. Ein neuer Rekord mit rund 175 Teilnehmern für die Critical Mass war erzielt. Dieses mittlerweile weltweite Phänomen hat in anderen Städten teilweise einige tausend Teilnehmer! Ich fand dies hier schon beeindruckend!
Das wichtigste Anliegen der Critcal Mass ist nicht andere Verkehrsteilnehmer zu provozieren, sondern auf den Radverkehr im allgemeinen aufmerksam zu machen. So heißt das Motto dann auch „Wir sind Verkehr”. Und wie ich finde eine ganz hervorragende Sache. Jeder der Fahrrad fährt, sollte einmal an so einer Critical Mass teilnehmen. Es gibt sie bereits in vielen deutschen Städten!
Ich zumindest bin leicht euphorisch dann nach Hause geradelt. Mit dem Gefühl im Bauch, man kann doch was erreichen wenn man will!